Mit dem wachsenden Online-Handel floriert auch die Produktpiraterie. Ein großes Problem für Markeninhaber, aber auch eine Herausforderung für Online-Marktplätze und die Gesetzgeber.
Was sind die aktuellen Methoden der Produktfälscher und wie können Markeninhaber reagieren?
Produktpiraten im Online-Bereich zu verfolgen, ist schwierig. Eine der größten Hürden sind die zunehmenden Zurückweisungen (Pushbacks) durch Online-Plattformen von Takedown-Anfragen der Markeninhaber und deren Dienstleistern, selbst bei offensichtlichen Markenrechtsverletzungen. Das erschwert es Unternehmen aktuell immer mehr, ihre Rechte durchzusetzen und gegen Fälschungen vorzugehen. Online-Plattformen scheinen oft einen „fairen“ Ausgleich zwischen den Interessen der Verkäufer und den Rechten der Markeninhaber finden zu wollen. Das geht jedoch in der Praxis immer häufiger zu Lasten der Markeninhaber.
Schon die Aufdeckung von Fälschungen wird immer schwerer: Produktfälscher umgehen automatisierte Erkennungssysteme, indem sie Marken unscharf oder verschwommen darstellen bzw. wegretuschieren. Darüber hinaus nutzen Fälscher immer häufiger kreative Abwandlungen von Marken oder beschreiben Produkte mit Formulierungen wie „…ähnlich wie…“. So nutzen sie die Bekanntheit einer Marke aus, ohne eine direkte Markenverwechslung zu verursachen. Diese subtilen Methoden stellen eine erhebliche Herausforderung für die Rechtsdurchsetzung dar.
Die Verlagerung von Fälschungsverkäufen in soziale Medien und private Gruppen ist ein weiterer besorgniserregender Trend. Social-Media-Plattformen und -Gruppen bieten Fälschern eine relativ sichere Umgebung, da herkömmliche Überwachungsmethoden hier oft an ihre Grenzen stoßen. Plattformübergreifende Betrugsnetzwerke, die mehrere Marktplätze und Social-Media-Kanäle gleichzeitig nutzen, erschweren zusätzlich die Nachverfolgung und Durchsetzung von Markenrechten.
Manche Fälscher täuschen die Verbraucher:innen, indem sie den Markennamen im Shopnamen verwenden. Damit wollen sie den Eindruck erwecken, dass die Produkte vom Originalhersteller stammen. Viele Verbraucher:innen lassen sich dadurch in die Irre führen, was letztlich dem Ruf der Marke erheblich schadet.
Was die Durchsetzung von Markenrechten zusätzlich erschwert: Die Akzeptanz internationaler IR-Marken der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) durch Online-Plattformen sinkt. Immer öfter lehnen diese es trotz der Vorlage von Markenregisterauszügen ab, Fälschungen zu löschen. In manchen Fällen täuschen Produktfälscher die Online-Marktplätze auch, indem sie gefälschte Rechnungen oder Bevollmächtigungen vorlegen, die sie als autorisierte Verkäufer ausgeben. Dies erschwert es Online-Marktplätzen, zwischen echten und gefälschten Angeboten zu unterscheiden.
Es gibt aber auch Rückenwind im Kampf gegen Produktpiraterie – von Seiten des Gesetzgebers. Der Digital Services Act (DSA) der EU und ähnliche Gesetze weltweit erhöhen die Verantwortung von Online-Plattformen, nehmen sie stärker in die Pflicht und zwingen sie zunehmend, gegen Markenrechtsverletzungen vorzugehen. Diese regulatorischen Verschärfungen sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und bieten Markeninhabern neue Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen.
Allerdings führt insbesondere der DSA auch zu regionalen Unterschieden in der Behandlung von Produktfälschungen. Plattformen, die sich beispielsweise auf den asiatischen Markt konzentrieren, wenden bei Produktfälschungen andere Standards an als solche, die auch in der EU tätig sind. Diese Unterschiede können die Durchsetzung von Markenrechten in verschiedenen Märkten erschweren. Markeninhaber brauchen eine differenzierte Strategie.
Markeninhaber sollten eng mit Online-Plattformen zusammenarbeiten. So können sie häufig besser gemeinsame Schutzmaßnahmen entwickeln. Dazu gehören schnellere Reaktionszeiten bei Löschungen und eine engere Abstimmung bei der Identifizierung von Fälschern. Diese Kooperationen sind entscheidend, um die Effektivität der Maßnahmen zur Bekämpfung von Produktpiraterie noch weiter zu erhöhen.
Einige Plattformen bieten Markenschutzprogramme an; auch chinesische Plattformen gehören inzwischen dazu. Die Plattformen stellen Markeninhabern Werkzeuge zur Verfügung, die Fälschungen effizienter blockieren. Die Programme zeigen, dass Plattformen zunehmend bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und aktiv gegen Markenrechtsverletzungen vorzugehen. Markeninhaber sollten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
In China können Unternehmen außerdem Produktaufmachungen schützen lassen („Trade Dress Protection“). Dies ist ein effektiveres Mittel, um gegen Produktangebote mit unscharfen oder verschwommenen Marken vorzugehen. Alternative Schutzrechte können eine wertvolle Ergänzung zum traditionellen Markenschutz darstellen. Durch den Schutz von Produktaufmachungen können Markeninhaber ihre Rechte auch dann durchsetzen, wenn die direkte Markennutzung nicht oder nur schwer nachweisbar ist.
Produktfälscher entwickeln immer raffiniertere Methoden, aber auch die Gesetzgeber und Online-Plattformen beginnen, ihre Strategien anzupassen. Unternehmen sollten diese Entwicklungen genau beobachten und ihre Strategien ggf. ändern, um ihre Rechte effektiv zu schützen.
Die enge Zusammenarbeit mit Plattformen und die Nutzung neuer Schutzmechanismen versprechen momentan am meisten Erfolg im Kampf gegen Produktpiraterie im Online-Bereich. Markeninhaber sollten proaktiv handeln und innovative Ansätze verfolgen, um den Herausforderungen der digitalen Welt gerecht zu werden. Nur durch eine Kombination aus rechtlichen, technologischen und kooperativen Maßnahmen können Markeninhaber ihre Rechte wirksam schützen und die Integrität ihrer Marken in der digitalen Welt bewahren.
Mehr zum Thema: ESG ist ein weiterer Grund für den Kampf gegen Produktpiraterie
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