In Kürze
Das BVerwG hat am 03.02.2021 (BVerwG, Urteil vom 03.02.2021 – 2 C 4.19) entschieden, dass eine verbeamtete Professorin, die – neben ihren Aufgaben in Forschung und Lehre – laut ihrer ursprünglich vereinbarten Funktionsbeschreibung Leitungsfunktionen im Bereich der Krankenversorgung der Uniklinik übernommen hatte, nicht von der Wissenschaftsfreiheit davor geschützt wird, dass ihre Funktionsbeschreibung geändert wird. Das gelte jedenfalls solange, so die Richter in Leipzig, wie der Anteil der Betätigung im Bereich der Krankenversorgung erhalten bleibe, der für die Erfüllung der Aufgaben in Forschung und Lehre notwendig sei.
Die im Ausgangsverfahren klagende Professorin hatte 2005 – zunächst befristet – eine Professur angetreten, in deren Rahmen sie laut der Funktionsbeschreibung auch die Leitung eines Fachbereichs am Universitätsklinikum übernahm. Im Februar 2011 war die Entscheidung über die Umwandlung ihrer befristeten Position als Professorin in eine Verbeamtung auf Lebenszeit gefallen (diese wurde im Juli wirksam). Im gleichen Zeitraum (Februar 2011) hatte die mittlerweile privatisierte Klinik eine Umstrukturierung beschlossen, die unter anderem den von der Professorin geleiteten Bereich betraf.
Demnach sollte in Zukunft der klinische Bereich der Hepatologie / Gastroenterologie / Viszeralmedizin des Universitätsklinikums in zwei Schwerpunkte aufgeteilt werden (zum einen die Hepatologie / Gastroenterotologie und zum anderen die Zentrale Interdisziplinäre Viszeralmedizinische Endoskopie [ZIVE]). Die Professorin sollte die Leitung des Bereichs Hepatologie / Gastroenterotologie übernehmen, nicht aber des Schwerpunkts ZIVE, indem die Mehrzahl der endoskopischen Eingriffe durchgeführt werden sollte. Damit verblieb der Professorin, nach ihrer eigenen Auffassung, nur noch eine minimale Leitungsfunktion in der Krankenversorgung, der keinen einer Humanmedizinprofessorin angemessenen Anteil darstelle.
Mit Schreiben vom April 2011 und Verweis auf § 68 Abs. 1 Hessisches Hochschulgesetz (HHG) erklärte der Hochschulpräsident der Professorin, dass ihre Funktionsbeschreibung in Zukunft an die Umstrukturierung der Klinik angepasst sei. Die Professorin wandte sich gegen diese Entscheidung mit einem Widerspruch, den der Hochschulpräsident als unzulässig und unbegründet ablehnte. Es handele sich um eine Beamtenrechtliche Entscheidung über ihre Beschäftigung. Damit liege bereits kein Verwaltungsakt vor und der Hochschulpräsident sei als Dienstvorgesetzter zuständig.
In den Vorinstanzen (zuletzt: VGH Kassel, Urteil vom 21.02.2019 – 1 A 710/17) hatten die Gerichte angenommen, dass es sich bei der Änderung der Funktionsbeschreibung einer Professorin um einen Verwaltungsakt handeln würde, der sie jedenfalls in ihrer Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) betreffe. Diese sei auch verletzt, wenn der, in der Humanmedizin nicht strikt trennbare, Bereich der klinischen Tätigkeit so weit betroffen sei, dass die Professorin ihren Aufgaben in Forschung und Lehre nicht mehr angemessen nachkommen könnte.
Eine weitere Frage war schließlich, wie sich die Umstrukturierung der Uniklinik auf die Tätigkeit (und Funktionsbeschreibung) der Professorin auswirken könnte. Das VGH Kassel befand, dass – lege man die Regelung des § 68 Abs. 1 HHG zu Grunde – einzig die Funktionsbeschreibung (nicht aber die zu Grunde liegenden Verhältnisse) entscheidend für die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses seien. Eine Änderung dieser könne nur nach einer Überprüfung im Sinne von § 68 Abs. 1 S. 2 HHG, also aufgrund der Leistungen der Lehrperson erfolgen. Die Umstrukturierung der Klinik sei damit nicht geeignet die Änderung der Funktionsbeschreibung zu begründen.
Nach Ansicht der Vorinstanz war materiell letztendlich entscheidend, dass es sich bei der Änderung der Funktionsbeschreibung um eine hochschulrechtliche (und nicht beamtenrechtliche) Frage handelte, für die nicht der Hochschulpräsident als Dienstvorgesetzter zuständig gewesen sei, sondern das Hochschulpräsidium. Damit sei der Hochschulpräsident für die entsprechende Anpassung der Funktionsbeschreibung unzuständig gewesen und diese damit formell rechtswidrig erlassen.
Das BVerwG wiedersprach der Einschätzung des VGH Kassel nun in wesentlichen Punkten. Die Wissenschaftsfreiheit reiche nicht so weit, dass die in einer Funktionsbeschreibung festgelegte Tätigkeit einer Professorin an einem Universitätsklinikum nach dessen Umstrukturierung, neben ihren Tätigkeiten in Forschung und Lehre, notwendigerweise eine Leitungsfunktion im Bereich der Krankenversorgung umfasse. Bei dieser Frage müsse insbesondere beachtet werden, dass die Tätigkeit zur Krankenversorgung von Hochschullehrern an einer Universitätsklinik in die Organisationsstruktur der Klinik eingeordnet sei. Ändere sich die Organisationsstruktur der Klinik, könne davon auch eine die Tätigkeit in der Krankenversorgung regelnde Funktionsbeschreibung betroffen sein.
Von der Wissenschaftsfreiheit geschützt sei jedoch unter diesen Umständen der Erhalt eines angemessenen Tätigkeitsbereichs in der Krankenversorgung, der nach Umfang und Inhalt eine hinreichende Grundlage an medizinischen Erkenntnissen dafür biete, dass das Fach in Forschung und Lehre vertreten werden könne.
Formal stelle die Funktionsbeschreibung keinen Verwaltungsakt dar, weshalb die erhobene Klage als Anfechtungsklage schon unzulässig sei. Die Entscheidung wurde an das VGH Kassel zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das VGH muss jetzt insbesondere darüber entscheiden, ob die Funktionsbeschreibung den aufgestellten Mindestanforderungen der Wissenschaftsfreiheit entspricht.
Der bisher veröffentlichten Pressemitteilung ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob das BVerwG damit die Festlegung der Funktionsbeschreibung als eine Beamtenrechtliche (und nicht – wie die Vorinstanzen – als hochschulrechtliche) Frage einschätzt. Hierfür muss Veröffentlichung der Entscheidung abgewartet werden.
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