kurz vor der Europawahl liegt unser Fokus dieses Mal wieder ganz beim EU-Beihilfen- und Fördermittelrecht.
Spannende Zeiten kommen auf die Forschungs- und Entwicklungslandschaft zu: Die EU-Kommission hat einen Mitteilungsentwurf über staatliche Beihilfen, insbesondere für F&E&I-Vorhaben, erlassen. Dieser Entwurf gibt Anlass zur Freude, da die Kommission zahlreiche Begrifflichkeiten und Förderinstrumente aus den verschiedenen EU-Mittelungen nunmehr regelwerksübergreifend bestimmt und konkretisiert und damit eine höhere Rechtssicherheit schafft.
Zudem hat sich der EuGH zur Bindung nationaler Gerichte an Stellungnahmen der EU-Kommission geäußert und klargestellt, dass nationale Gerichte bei der Durchführung von Entscheidungen der EU-Kommission an später ergangene Stellungnahmen der Kommission zwar nicht gebunden sind, diese aber nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zu berücksichtigen haben.
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Ihr Public Sector-Team der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Mathias Oberndörfer Dr. Anke Empting
Erst Ende 2013 entschied das OLG Düsseldorf, dass eine Wertung des Preises mit 95 Prozent unzulässig sei, da ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz vorliege. Nun hat die Vergabekammer des Bundes (VK Bund) in ihrem Beschluss vom 14. Januar 2014 entschieden, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien „Preis“ und „Technischer Wert“ im Verhältnis 90:10 vergaberechtlich zulässig sind.
In dem von der VK Bund zu entscheidenden Fall schrieb der Auftraggeber Bauleistungen europaweit aus. Zuschlagskriterium war das wirtschaftlich günstigste Angebot. Die Bewertungsmatrix sah vor, dass der Preis mit 90 Prozent und der Technische Wert mit 10 Prozent in die Wertung eingehen sollten.
Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens rügte eine Antragstellerin, die Gewichtung des Preises mit 90 Prozent führe dazu, dass alleine der günstigste Preis für den Zuschlag ausschlaggebend sei, dem Kriterium „Technischer Wert“ mit 10 Prozent hingegen bei der Wertung faktisch keine Bedeutung zukomme. Hierbei verwies die Antragstellerin auf die bereits angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27. November 2013.
Die VK Bund wies den Nachprüfungsantrag ab, denn sie sah keinen Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz. Zur Begründung führte die Vergabekammer aus, dass sich der vom OLG Düsseldorf Ende 2013 zu beurteilenden Sachverhalt wesentlich von dem vorliegenden Fall unterscheide. Während dem Wertungskriterium „Preis“ im Verfahren vor dem OLG Düsseldorf eine Gewichtung von 95 Prozent zugesprochen worden sei, ginge es im von der Vergabekammer zu beurteilenden Sachverhalt um eine Gewichtung des Preises mit lediglich 90 Prozent.
Zudem komme – so die Vergabekammer – dem Kriterium „Technischer Wert“, anders als in dem Fall des OLG Düsseldorf, keine bloße „Alibifunktion“ zu. Denn von den Bietern wurden Angaben zum „Bauverfahren“ und zum „Bauablauf“ – jeweils Unterkriterien zum Kriterium „Technischer Wert“ – verlangt, die mit einem differenzierten Punktesystem bewertet und als Grundlage in die Wertung mit einbezogen wurden. Dies habe zur Folge, dass die im Rahmen des Kriteriums „Technischer Wert“ erzielten Punkte die Rangfolge der Bieter beeinflussen können, eine bloße „Alibifunktion“ dieses Kriteriums neben dem Preis mithin ausgeschlossen sei.
Darüber hinaus stellte die Vergabekammer fest, dass es im Einzelfall auch sachlich gerechtfertigt sein könne, dem Preis eine wesentlich größere Bedeutung als anderen Kriterien zukommen zu lassen. Denn wenn die zu erbringenden Leistungen – wie in dem vorliegenden Fall – in den Vergabeunterlagen sehr detailliert vorgegeben wurden, sei für die „eigenschöpferischen“ Leistungen der Bieter im Rahmen der Angebotserstellung kein Raum. Werde die Leistung durch den Auftraggeber weitestgehend vorgegeben, finde der Wettbewerb vornehmlich auf der Ebene der Preisgestaltung statt, nicht aber auf der Ebene der Qualität, was eine wesentliche Gewichtung des Preises rechtfertige.
Geschäftsführer
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