Suche
Contact
12.07.2018 | KPMG Law Insights

Zurückbehaltungsrecht des Gewerbemieters bei Nichterteilung einer Mietrechnung

Zurückbehaltungsrecht des Gewerbemieters bei Nichterteilung einer Mietrechnung

Der Gewerbemieter kann sich erfolgreich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, wenn der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hat und die Mietrechnung nicht den Anforderungen des § 14 Umsatzsteuergesetz genügt.

Beschluss des OLG Köln vom 17. Oktober 2017, Az. 22 U 60/16

Wir berichten über eine aktuell veröffentlichte Entscheidung, die Anlass gibt, die Gestaltung von Mustermietverträgen unter dem Aspekt umsatzsteuerlicher Anforderungen zu prüfen. Ein Gewerberaummieter könnte ansonsten berechtigt sein, die Mietzahlung zurück zu behalten.

Ausgangsfall

Der Mietvertrag über einen Gewerberaum sah vor, dass entgegen der grundsätzlichen Umsatzsteuerfreiheit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gemäß § 4 Nr. 12 Buchstabe a) Umsatzsteuergesetz (UStG) der Vermieter nach § 9 UStG zur Umsatzsteuer optierte. Die Mieterin wollte die auf die Miete und die Betriebskosten geleistete Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen, wofür sie eine Rechnung entsprechend den Anforderungen des § 14 UStG benötigte. Der Mietvertrag genügte den Anforderungen insoweit nicht, weil weder die Steuernummer noch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer desjenigen Vermieters darin ausgewiesen waren, welcher in den Gewerbemietvertrag als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Vermieters eingetreten war. Dem Verlangen der Mieterin, eine Rechnung entsprechend den Anforderungen des § 14 UStG zu erhalten, kam der Vermieter nicht nach. Daraufhin verweigerte die Mieterin die Mietzahlung und machte ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Die dagegen erhobene Zahlungsklage des Vermieters blieb erstinstanzlich erfolglos, woraufhin dieser Berufung einlegte.

Entscheidung

Der angerufene Senat hat die Berufung zurückgewiesen und erkannt, dass die Mieterin gegen den Vermieter einen Anspruch auf die Erteilung einer Rechnung habe, die den Anforderungen des § 14 UStG entspricht, da die Parteien die Zahlung von Umsatzsteuer vereinbart hatten. Will die Mieterin die auf die Miete und die Betriebskosten geleistete Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen, muss sie hierzu gemäß § 15 Abs. 1 UStG eine Rechnung im Sinne von § 14 UStG vorlegen. Mangels Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Vermieters im Mietvertrag – eine dieser beiden Nummern ist ausreichend – fehlte es an den Mindestangaben gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG, so dass das Verlangen der Mieterin bezüglich der Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung begründet war. Bis zur ordnungsgemäßen Ausstellung der Rechnung kann die Mieterin ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend machen.

Praxishinweise

Zur Vermeidung der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch den Mieter bei Gewerberaummietverhältnissen, bei denen die Parteien die Zahlung von Umsatzsteuer vereinbart haben, ist darauf zu achten, dass eine Rechnung mit den Mindestangaben des § 14 Abs. 4 UStG erstellt wird. Mit dem Beschluss hat das Oberlandesgericht Köln die Angaben, die eine Rechnung im Sinne von § 14 UStG enthalten muss, konkretisierend dargelegt. Als Rechnung kommt jede Urkunde in Betracht, aus welcher der Name und die Anschrift des Vermieters und Mieters, die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Vermieters, die Rechnungsnummer, das Rechnungsdatum, der Steuersatz und der Steuerbetrag ersichtlich sind. Der Steuerbetrag muss dabei gesondert ausgewiesen werden, so dass sowohl das Nettoentgelt als auch der Betrag der Umsatzsteuer zu nennen sind. Soweit aus dem Mietvertrag die erforderlichen Angaben hervorgehen, genügt schon dieser Vertrag als Mietrechnung, welche den Finanzbehörden vorgelegt werden kann. Sind aus dem Mietvertrag nicht alle Angaben ersichtlich (regelmäßig fehlt die Angabe der Rechnungsnummer als fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird) oder bedarf es einer Änderung (wie im Ausgangsfall wegen des Vermieterwechsels), können die fehlenden oder unrichtig gewordenen Angaben durch ein weiteres Dokument ergänzt bzw. korrigiert werden. Insoweit ist darauf zu achten, dass sich die Dokumente aufeinander beziehen und die nach § 14 Abs. 4 UStG nötigen Angaben in den Urkunden jedenfalls insgesamt enthalten sind.

Wir empfehlen Vermietern, in ihren Mustervertragswerken zu kontrollieren, ob die genannten Anforderungen ausreichend berücksichtigt sind oder die Erteilung einer (Dauer-) Mietrechnung geregelt ist. Mietinteressenten sollten im Zuge der Mietvertragsverhandlung sogleich darauf achten, dass die oben dargestellten Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Vorsteuererstattung vom Vermieter beachtet wurden. Entsprechend gilt dies, wenn der Mieter über eine Veräußerung des Mietgegenstandes oder einen sonstigen Vermieterwechsel informiert wird. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts des Mieters gemäß § 273 BGB in Bezug auf die Miete und die Betriebskosten sollte in einem ansonsten funktionierenden Mietverhältnis nur das äußerste Mittel sein, um die berechtigten Mieterinteressen durchzusetzen.

Explore #more

14.05.2025 | KPMG Law Insights

BGH zu Kundenanlagen: Beschluss ordnet richtlinienkonforme Anwendung an

Mit Beschluss vom 13. Mai 2025 hat der BGH die Versorgunginfrastruktur im konkreten Fall einer Wohnanlage in Zwickau als Verteilernetz eingestuft und damit die Beschwerde…

13.05.2025 | In den Medien

KPMG Law Experte im Spiegel zur aktuellen Energiepolitik

In einem aktuellen Beitrag im Spiegel zur Energiepolitik wird Dirk-Henning Meier, Senior Manager im Bereich Energierecht bei KPMG Law, zitiert. Sie finden den Beitrag…

13.05.2025 | In den Medien, Karriere

azur Karriere Magazin – Alles KI oder was?

Künstliche Intelligenz ist längst in Kanzleien und Rechtsabteilungen angekommen. Doch der Umgang mit ihr will gelernt sein. Viele Arbeitgeber erweitern daher ihre Legal-Tech-Ausbildung um KI-Schulungen…

13.05.2025 | KPMG Law Insights

Erste Erfahrungen mit dem Einwegkunststofffondsgesetz: Das sollten Hersteller beachten

Getränkebecher, Folien und Plastikzigarettenfilter verschmutzen Straßen, Parks und Gehwege. Die Reinigungskosten tragen die Kommunen. Das Einwegkunststofffondsgesetz soll sie finanziell entlasten. Die Idee: Die Hersteller bestimmter…

07.05.2025 | KPMG Law Insights

Kündigung von befristeten Mietverträgen bei der „Vermietung vom Reißbrett“

Bei einer „Vermietung vom Reißbrett“ beginnt das Mietverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen, meist dem Übergabetermin. In der Regel gehen die Vertragsparteien in…

06.05.2025 | In den Medien

Wirtschaftswoche zeichnet KPMG Law aus

KPMG Law wurde vom der WirtschaftsWoche als „TOP Kanzlei 2025“ im Bereich M&A ausgezeichnet. Ian Maywald, Partner bei KPMG Law in München, wurde außerdem…

06.05.2025 | KPMG Law Insights

Sozialversicherungspflicht von Lehrkräften – Übergangsregel schafft Klarheit

Lehrkräfte und Dozent:innen werden oft auf selbstständiger Basis engagiert. Diese Praxis lässt die Deutsche Rentenversicherung aufhorchen. Immer öfter überprüft sie den sozialversicherungsrechtlichen Status der Honorarkräfte…

02.05.2025 | In den Medien

KPMG Law Statement im FINANCE Magazin: So können CFOs bis zu 80 Prozent in der Rechtsabteilung einsparen

Der Kostendruck in den Unternehmen steigt – auch in den Rechtsabteilungen. Mittlerweile haben sich zwei Strategien etabliert, um 50 bis 80 Prozent der Kosten einzusparen.…

30.04.2025 | In den Medien

KPMG Law Studie in der Neue Kämmerer: Wie kommt das Sondervermögen in die Kommunen?

Ein Sondervermögen über 500 Milliarden Euro soll in den nächsten zwölf Jahren Investitionen in die Infrastruktur finanzieren. Davon sind 100 Milliarden Euro für die Länder…

29.04.2025 | KPMG Law Insights

Geldwäschebekämpfung und Transparenzregister – was ändert die neue Regierung?

Die künftige Regierung möchte laut Koalitionsvertrag Geldwäsche und Finanzkriminalität „entschieden bekämpfen“. Die Koalitionspartner kündigen an, dass Rechtsgeschäfte juristischer Personen, die den Betrag von 10.000 Euro…

Kontakt

Dr. Rainer Algermissen

Partner
Leiter Bau- und Immobilienrecht

Fuhlentwiete 5
20355 Hamburg

Tel.: +49 40 3609945331
ralgermissen@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll