Das Urteil
Der Angeklagte, leitender Angestellter eines deutschen Rüstungsunternehmens, war in erster Instanz vom LG München I wegen diverser Steuerdelikte verurteilt worden. Gegen das Rüstungsunternehmen als Nebenbeteiligte wurde eine Geldbuße verhängt. Hintergrund der Verurteilung war ein Rüstungsgeschäft des Unternehmens mit dem griechischen Staat aus dem Jahr 2001, dem eine Bestechungsabrede zwischen der Geschäftsleitung des Unternehmens und dem griechischen Verteidigungsminister zugrunde lag. Der Angeklagte hatte eine Rechnung freigegeben, die der Verschleierung der Bestechungszahlung diente, sowie selbst Provisionszahlungen nicht versteuert.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin hob der BGH u. a. die gegen die Nebenbeteiligte verhängte Geldbuße auf: Das Landgericht habe bei Bemessung der Geldbuße fälschlicherweise ausschließlich auf die Schuld des Angeklagten abgestellt, nicht aber auch den von den involvierten Gesellschafter-Geschäftsführern der Nebenbeteiligten verwirklichten Unrechtsgehalt bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt. Dieser Rechtsfehler wirke sich zum Vorteil der Nebenbeteiligten aus, sodass das Urteil aufzugeben sei. In diesem Zusammenhang wies der BGH für die neue Verhandlung darauf hin, dass bei der Bemessung der Geldbuße auch von Bedeutung sei, „inwieweit die Nebenbeteiligte ihrer Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt und ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss“ (aaO, Rn. 118). Hierbei sollen nach dem BGH ausdrücklich auch solche Handlungen der Nebenbeteiligten eine Rolle spielen, die diese erst in der Folge des staatlichen Ermittlungsverfahrens umgesetzt hat, wie die Optimierung der entsprechenden Regelungen und die Gestaltung der betriebsinternen Abläufe dergestalt, „dass vergleichbare Normverletzungen künftig jedenfalls deutlich erschwert werden“ (aaO, Rn. 118).
Praxishinweise
Mit dem Urteil hat der BGH sich erstmals zu der Streitfrage geäußert, ob und inwieweit die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems (CMS) bei der Bemessung einer Geldbuße nach § 30 OWiG – bußgeldmindernd – berücksichtigt werden kann. Anders als bei einigen ausländische Rechtsordnungen (USA: FCPA; Vereinigtes Königreich: UK Bribery Act) hat diese Möglichkeit in Deutschland keine gesetzliche Normierung erfahren. Im Anschluss an eine bisher schon in der Literatur vertretene Auffassung hat sich der BGH nun für eine Berücksichtigung ausgesprochen. Interessant ist, dass dieses nicht nur für bereits vor der Tat implementierte Compliance-Maßnahmen gelten soll, sondern explizit auch für erst nach Entdeckung der Tat und nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens umgesetzte Maßnahmen.
Für Unternehmen bedeutet dies konkret, dass mit der Aufdeckung eines Compliance-Vorfalls „das Kind nicht bereits in den Brunnen gefallen ist.“ Vor dem Hintergrund des Urteils bieten sich Unternehmen vielmehr eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Ausgang eines Ermittlungs- oder Hauptverfahrens noch zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Um allerdings in den Prozess eingeführt werden und Ermittlungsbehörden wie Gerichte überzeugen zu können, muss die nachträgliche Implementierung von Compliance-Maßnahmen wie auch der Prozess hin zu diesen Maßnahmen vollständig und für Dritte nachvollziehbar dokumentiert werden. Hier helfen wir Ihnen gerne mit folgenden Leistungen:
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