I. Hintergrund
Am 01. Juli 2020 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die „Staatenaustauschliste 2020“ für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (AIA). In dieser zwischenzeitlich auf 100 Länder angewachsenen Liste findet sich erstmals auch die Türkei. Das bedeutet, dass auch türkische Finanzinstitute (Banken und Versicherungen) verpflichtet sind, Informationen zu Konten, deren Inhabern, Kontosalden und Erträgen wie Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne an die türkischen Steuerbehörden zu melden. Diese leiten diese Meldungen dann an die deutschen Steuerbehörden weiter. Im Gegenzug meldet Deutschland Entsprechendes an die Türkei. Die jeweiligen Steuerbehörden prüfen dann, ob die ausländischen Einkünfte steuerlich deklariert wurden. Ist dies nicht der Fall, steht der Vorwurf einer Steuerhinterziehung im Raum.
Grundsätzlich erfolgt der Informationsaustausch innerhalb der Länder zum 30. September eines Folgejahres. Für das Jahr 2019 würde die Meldung somit am 30. September 2020 erfolgen. Wegen der COVID-19-Pandemie haben sich die an dem AIA teilnehmenden Länder allerdings auf eine Verlängerung zum 31. Dezember 2020 geeinigt. Dies gilt auch für die Türkei. Die aus der Türkei zu meldenden Informationen betreffen zwar lediglich das Jahr 2019. In der Regel lässt diese Information aber bereits Rückschlüsse auf entsprechende Kontenbestände und Einkünfte vorangegangener Jahre zu. Im Zweifel kann das Finanzamt Einkünfte in früheren Jahren schätzen.
II. Neue Entwicklungen
Im August 2020 hat nun das türkische Finanzministerium auf seiner Homepage ein „Informationshandbuch“ für den AIA veröffentlicht. Darin wird ausgeführt, welche Länder von der Türkei in den AIA einbezogen werden. Ausgenommen sind ausdrücklich die Vertragsparteien Deutschland, die Niederlande, Belgien, Österreich und Frankreich, die von der Türkei nicht in den Informationsaustauschkalender mit der Türkei für das Kalenderjahr 2020 (in dem Informationen für das Jahr 2019 ausgetauscht werden) aufgenommen werden konnten. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass die Europäische Union die Länder überwache, die nicht automatisch Informationen mit allen Mitgliedsstaaten austauschen und Sanktionen gegen diese Länder erörtere. Es ist somit derzeit unklar, ob, wann und wie die Türkei Kontoinformationen an die deutschen Finanzbehörden übermittelt. Ob Betroffene vor diesem Hintergrund darauf spekulieren können, dass der AIA mit der Türkei nun doch nicht kommt, erscheint fraglich. Deutlich wird jedenfalls, dass die Steuerbehörden der beiden Länder unterschiedliche Erwartungen haben.
III. Was kann man tun?
Zunächst ist folgendes festzuhalten:
Falls die deutschen Steuerbehörden Kenntnis erhalten, dass Erträge aus Quellen in der Türkei nicht oder nicht zutreffend in Deutschland steuerlich erklärt worden sind, werden sie regelmäßig von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ausgehen. Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft werden. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei auch auf das Thema Schenken und Vererben zu legen.
Wer steuerlich
Die Lösung muss daher lauten: „Nutze die Zeit!“ Gerade wenn der Automatische Informationsaustausch nun nicht zum 31. Dezember 2020, sondern zu einem späteren Zeitpunkt kommt, kann die bis dahin verbleibende Zeit dazu genutzt werden, die Möglichkeiten und formalen Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige zu klären und herbeizuführen. Ist eine Selbstanzeige rechtzeitig und wirksam eingereicht, bleibt man straffrei. Bisherige Erfahrungen mit der Schweiz, Österreich und Liechtenstein haben gezeigt, dass es häufig erhebliche Zeit braucht, bis die erforderlichen Informationen und (Bank-) Dokumente für eine wirksame Selbstanzeige zusammengestellt sind. Eine eventuelle zeitliche Verzögerung des Automatischen Informationsaustausches kann daher eine Chance sein, eine strafbefreiende Selbstanzeige noch rechtzeitig einzureichen. Denn eine Selbstanzeige setzt – unter anderem – voraus, dass die Steuerstraftat noch nicht entdeckt ist. Wer hier auf der sicheren Seite sein will, sollte eine Selbstanzeige unbedingt noch vor erfolgtem Informationsaustausch einreichen. Danach ist es für eine strafbefreiende Selbstanzeige möglicherweise zu spät.
Wir haben langjährige Erfahrung mit der Offenlegung von grenzüberschreitenden Sachverhalten und stehen für eine professionelle Beratung bei strafbefreienden Selbstanzeigen zur Verfügung.
Für das unverbindliche Erstgespräch stellen wir kein Honorar in Rechnung.
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