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Symbolbild zu Steueroasen: Palmen mit Skyline von Panama City
06.08.2025 | KPMG Law Insights

Steueroasen: Wenn Geschäftsbeziehungen ein Strafverfahren auslösen

Ein deutsches Tech-Unternehmen zahlte seit Jahren Lizenzgebühren an einen Vertragspartner in Panama, ohne je Probleme gehabt zu haben. Nur wenige wussten jedoch, dass Panama seit 2021 auf der „schwarzen Liste“ der EU, der sogenannten EU‑Blacklist, steht.

Im Jahr 2024 erhielt die Geschäftsführung unangenehme Post von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts. Auf die Lizenzzahlungen hätte man Quellensteuer einbehalten und abführen müssen. Im Raum stand der Vorwurf einer Steuerhinterziehung. Es drohte sogar eine Freiheitsstrafe. Damit war klar, dass sich die Regeln geändert haben.

Was war passiert?

Das Tech-Unternehmen hatte seit Jahren besagte Lizenzgebühren an den Vertragspartner in Panama gezahlt. Steuerlich war dies bislang unkritisch. Das änderte sich allerdings mit dem Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG). Dieses ist am 25.6.2021 in Kraft getreten und wird seither schrittweise umgesetzt. Bereits ab dem Jahr 2022 sind deutsche Unternehmen, die Vergütungen an Vertragspartner mit Sitz in einer Steueroase zahlen, verpflichtet, Quellensteuer einzubehalten und abzuführen. Im Fall des Tech-Unternehmens summierte sich dies über die Jahre hinweg zu einem stattlichen Betrag. Es stand sogar der Vorwurf eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung im Raum.

Der Bezug zu Steueroasen wird oft übersehen

Was die Geschäftsführung nicht wusste: Steueroasen sind Länder, die in der deutschen Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV) gelistet sind. Diese wiederum knüpft an die EU-Blacklist an und auf der steht seit dem 24. Dezember 2021 auch Panama. Dies war dem Tech-Unternehmen entgangen. Und dies passiert auch vielen anderen Unternehmen.

Die EU führt Steueroasen in einer „Blacklist“

Der Rat der Europäischen Union verfolgt seit Jahren das Ziel, Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung zu bekämpfen. Dazu evaluiert die Gruppe „Verhaltenskodex – Unternehmensbesteuerung“ Länder, die außerhalb der EU missbräuchliche Steuerpraktiken fördern mit der Folge der Untergrabung von Steuereinnahmen der EU-Mitgliedstaaten. Diese Länder werden auf der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke, der sogenannten Blacklist erfasst. Die Liste wird zweimal jährlich überprüft und aktualisiert. Mit dem Steueroasen-Abwehrgesetz hat Deutschland das Ziel des Rates national umgesetzt. Und über die Steueroasen-Abwehrverordnung gilt die Blacklist der EU auch in Deutschland.

Betroffen sind all diejenigen, die in Deutschland steuerpflichtig sind und mit Personen, Personengesellschaften oder Vermögensmassen wie Limiteds und Trusts in den nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten (Steueroasen) Geschäftsvorgänge unterhalten.

Aktuell stehen die folgenden elf Länder auf der Liste: Amerikanisch-Samoa, Anguilla, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Russland, Samoa, Trinidad und Tobago, Amerikanische Jungferninseln und Vanuatu.

Folgende Länder wurden 2024 von der Liste entfernt und sind somit auch nicht mehr von der StAbwV und vom StAbwG erfasst: Antigua und Barbuda, Bahamas, Belize, Seychellen und Turks- und Caicosinseln.

Das StAbwG sieht vier Abwehrmaßnahmen gegen Steueroasen vor

Das StAbwG enthält für die gelisteten Länder insgesamt vier erweiterte Abwehrmaßnahmen. Diese sind:

1. Versagung von Betriebsausgaben

Zahlungsströme in ein gelistetes Land dürfen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten gelten gemacht werden (§ 8 StAbwG).

2. Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung

Einkünfte von Tochtergesellschaften in einem gelisteten Land werden einer verschärften Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG) unterworfen.

3. Quellensteuer

Auf Zahlungen und Vergütungen, die in ein gelistetes Land fließen, hat der deutsche Vertragspartner 15 Prozent Quellensteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag einzubehalten und an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abzuführen (§ 10 StAbwG).

4. Wegfall von Steuerbefreiungen für Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen

Schachtelprivilegien und DBA-Befreiungen für Dividenden und Veräußerungsgewinne entfallen (§ 11 StAbwG).

Die vier Abwehrmaßnahmen – und damit die damit verbundenen steuerlichen Pflichten – treten zeitversetzt in bzw. außer Kraft. Am Beispiel Panama ergibt sich folgendes:

Mit der Streichung des Landes aus der EU-Blacklist entfallen auch die Sanktionen nach dem StAbwG.

Unternehmen sollten auch die Greylist beobachten

Neben der Blacklist führt die EU eine weitere Länderliste die als „Greylist“ bezeichnet wird. Dort sind Steuerhoheitsgebiete aufgeführt, die noch nicht alle internationalen Steuerstandards erfüllen, aber die Umsetzung von Reformen zugesagt haben. Sie stellt eine Vorstufe zur Blacklist dar. Diese Länder stehen quasi unter Beobachtung. Unternehmen sollten auch diese Länder in ein Frühwarnsystem aufnehmen, denn sie könnten demnächst auf der Blacklist auftauchen. Aktuell stehen dort unter anderem Vietnam und die Türkei.

Unternehmen sollten die Listen und das StAbwG im Blick behalten

Verstöße gegen das StAbwG passieren schnell:

  • Ein Land, mit dem schon lange Geschäftsbeziehungen bestehen, kommt plötzlich auf die Blacklist und keiner bekommt es mit.
  • Die Marketingabteilung beauftragt eine Influencerin mit Wohnsitz in einer Steueroase und keiner hat die Steuerabteilung informiert.
  • Für Logistik- oder Reiseunternehmen können sich Risiken ergeben, wenn Schiffe und Flugzeuge in gelisteten Ländern tanken, Catering zu bezahlen ist oder Mitarbeitende in Hotels übernachten.

Unternehmen sollten daher Vorkehrungen treffen und die Blacklist, idealerweise auch die Greylist, im Auge behalten, um auf die neue Situation rechtzeitig reagieren zu können.

Das StAbwG sieht neben den steuerlich wirkenden Sanktionsmaßnahmen auch gesteigerte Mitwirkungspflichten für die Betroffenen vor, was wiederum gesonderte Aufzeichnungen erfordert (§ 12 StAbwG). Bei Verletzung drohen steuerliche Strafzuschläge. Bei Missachtung der erweiterten Abwehrmaßnahmen steht, wie im Fall des Tech-Unternehmens, der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum.

Auch die Finanzverwaltung hat sich mittlerweile intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt: Seit dem 14. Juni 2024 gibt es zum StAbwG ein umfangreiches BMF-Schreiben.

Stellt man im Unternehmen fest, dass Geschäftsvorgänge mit Geschäftspartnern in Steueroasen vorliegen, sollte die Steuerabteilung, die Steuerberaterin oder der Steuerberater kontaktiert werden. Liegen bereits steuerliche Verfehlungen vor, sind Steuererklärungen umgehend zu berichtigen. Eine Selbstanzeige kann eine Strafe vermeiden.

Im Fall des Tech-Unternehmens ist es nochmal gut ausgegangen. Mit einer gut vorbereiteten Offenlegung und einer klaren Kommunikation konnte die Finanzverwaltung davon überzeugt werden, dass weder Vorsatz noch leichtfertiges Handeln vorlag. Die Steuer wurde nachbezahlt. Ein Strafverfahren konnte im Jahr 2025 wieder eingestellt werden. „Das brauche ich nicht nochmal!“, meinte der Geschäftsführer. Braucht er auch nicht, denn er hat das Thema mittlerweile in sein Compliance-System integriert.

Fazit

Wer Geschäftsvorgänge mit Vertragspartnern im Ausland unterhält, sollte die Länderliste und das Steueroasenabwehrgesetz im Blick haben. Es müssen nicht immer exotische Länder sein, die hiervon betroffen sind, was die Listung von Russland im Jahr 2023 zeigt. Die Aufnahme des Themas in ein Compliance-System und die Sensibilisierung von Mitarbeitenden hilft, teure Überraschungen zu vermeiden.

 

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