Im Wohnzimmer steht das Wasser kniehoch, das Schlafzimmer ist voller Schlamm und der Keller ist gar nicht mehr betretbar. So oder so ähnlich sieht es in vielen der Häuser und Wohnungen aus, die von der Hochwasser-Katastrophe betroffen sind. Betroffene sind unter anderem mit den Aufräumarbeiten beschäftigt und müssen sich um die Versicherung kümmern, da rückt der Job erst einmal in den Hintergrund. Aber darf man der Arbeit in einem solchen Fall fernbleiben? Wenn ja, wie lange? Und wie ist es dann mit der Bezahlung? Diese Fragen stellen sich nicht nur die und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, sondern auch Beamtinnen und Beamte im öffentlichen Dienst.
Natürlich ist es möglich, einige Tage des Jahresurlaubs für einen solchen Fall zu nutzen. Wenn es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aber unverschuldet nicht möglich oder nicht zumutbar ist, zur Arbeit zu kommen (vgl. § 616 BGB), besteht ein Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub. Sonderurlaub ist eine Form des Urlaubs, der für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit aus in der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegenden Gründen gewährt wird. Das Recht auf Sonderurlaub kann allerdings (zulässigerweise) arbeitsvertraglich ausgeschlossen oder begrenzt sein. Hier hilft ein Blick in den eigenen Arbeitsvertrag. Für welchen Zeitraum der Sonderurlaub zu gewähren ist, steht grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers.
Ein Anspruch auf Sonderurlaub kann sich für Beamtinnen und Beamte des Bundes aus der Sonderurlaubsverordnung ergeben. In dieser Verordnung werden Ansprüche auf Sonderurlaub und die jeweilige Dauer geregelt. Auch wird in der Verordnung festgesetzt unter welchen Voraussetzungen bzw. zu welchen Ereignissen ein solcher Urlaub zu vergüten ist. Sonderurlaub ist Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten gemäß § 21 SUrlV zum Beispiel im Falle der Geburt des eigenen Kindes oder bei dem Tod einer nahestehenden Person zu gewähren. Der Fall einer Unwetter-Katastrophe ist nicht namentlich in der Verordnung genannt, kann aber unter § 22 Abs. 2 SUrlV fallen. Danach kann mit der Zustimmung des Bundesinnenministers „Sonderurlaub aus wichtigen persönlichen Gründen unter Fortzahlung der Besoldung gewährt werden“. Unter solche „wichtige persönliche Gründe“ können auch die Folgen eines extremen Schneefalls oder eben eines Unwetters fallen, wie aus einem Rundschreiben des Innenministeriums aus dem Jahr 2019 hervorgeht. Es ist jedoch erforderlich, dass die Verhinderung der Erbringung der Arbeitsleistung mit der Sicherung des eigenen durch das Hochwasser bedrohten Eigentums zusammenhängt. Die Dauer des Sonderurlaubs liegt auch hier im Ermessen der jeweiligen Dienstbehörde.
Insbesondere Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurden von dem Hochwasser schwer getroffen. Auch die dortigen Verordnungen (Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW – FrUrlV NRW und Urlaubsverordnung Rheinland-Pfalz – UrlVO RLP) beinhalten ähnliche Regelungen. Jedoch gibt es keine landesweite einheitliche Regelung hinsichtlich Sonderurlaubs für Beamtinnen und Beamte, die vom Unwetter betroffen sind. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Dienstverhinderung wegen Hochwasserschäden hiervon umfasst ist. Dies steht jedoch im Ermessen des jeweiligen Dienstherrn. Das bedeutet, dass diese entscheiden, ob und inwieweit sie einzelnen Betroffenen arbeitsfreie Zeit gewähren, damit diese sich um ihre persönlichen Angelegenheiten kümmern können.
Eine Arbeits- bzw. Dienstbefreiung kommt nicht nur für Aufräumarbeiten in Frage, sondern beispielsweise auch dann, wenn der Arbeitsweg aufgrund von Unwetterschäden nicht oder nur unter Inkaufnahme unzumutbaren Aufwands zu bewältigen ist.
In der aktuellen Lage ist davon auszugehen, dass sowohl Arbeitgeber als auch Dienstherren nicht nur Betroffenen der Unwetterschäden ausreichend arbeitsfreie Zeit gewähren, sondern auch Helferinnen und Helfern. Es empfiehlt sich selbstverständlich, den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn frühestmöglich über die persönliche Situation zu informieren und diesbezüglich eine gemeinsame Lösung zu finden.
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