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Symbolbild zu Restrukturierung: Hände von vier Personen am Verhandlungstisch
09.07.2025 | KPMG Law Insights

Restrukturierung mit Personalabbau: Auf die Vorbereitung kommt es an

Die Verkleinerung oder Schließung eines Unternehmensteils macht häufig auch Personalabbau erforderlich. Bei einem Personalabbau ist je nach Zahl der betroffenen Arbeitnehmer:innen der Betriebsrat zu beteiligen. Ziel ist dann der Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Wichtig für eine Restrukturierung bzw. einen Wind-down ist in jedem Fall eine gute Vorbereitung durch den Arbeitgeber. Das sind die wichtigsten Schritte:

Schritt 1: Business Case der Restrukturierung erstellen

Die Verkleinerung oder Schließung eines Unternehmensteils sollte immer Ultima ratio sein. Das heißt, es sollte feststehen, dass keine anderen, weniger einschneidende Maßnahmen zum gleichen Ziel führen. Dafür braucht das Unternehmen einen belastbaren Business Case, aus dem sich Notwendigkeit der Restrukturierung ergibt. Er sollte folgende Aspekte beinhalten:

  • die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und des betroffenen Unternehmensteils
  • die Gründe für die Entscheidung zur Verkleinerung oder Schließung des Unternehmensteils (zum Beispiel Unwirtschaftlichkeit, Änderung der Lieferketten, Verlagerung in die Nähe des Kunden)
  • Alternativen zum Personalabbau (zum Beispiel vorübergehende Anordnung von Kurzarbeit, Beschäftigung in anderen Unternehmensteilen, Kostensenkungen)
  • langfristige strategische Auswirkungen auf den verbleibenden Unternehmensteil und ein Konzept für dessen Fortführung, insbesondere Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze

Der Betriebsrat kann die Vorlage der relevanten Unterlagen verlangen, die der Arbeitgeber seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. In Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmer:innen kann der Betriebsrat auch wirtschaftliche Sachverständige einschalten, die das Zahlenwerk des Arbeitgebers hinterfragen. Unklarheiten können die Gespräche mit dem Betriebsrat erheblich erschweren. Daneben geht es dem Betriebsrat häufig um die Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze.

Schritt 2: Personalliste vorbereiten

Es mag banal klingen: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Verhandlungen ist eine gut gepflegte Personalliste. Diese sollte alle Informationen enthalten, die für spätere Entscheidungen, insbesondere für die Sozialauswahl und die Berechnung von Abfindungen, benötigt werden. Dazu gehören unter anderem das Eintritts- und Geburtsdatum, die Position, Grundvergütung und alle sonstigen Vergütungsbestandteile, Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen, Schwerbehinderung bzw. sonstige Gründe für einen Sonderkündigungsschutz und Angaben zur betrieblichen Altersversorgung. Auf dieser Basis kann im Vorfeld eine erste Kostenanalyse erstellt werden.
Schwierigkeiten bereitet in der Praxis häufig die variable Vergütung. Hier wird teilweise mit Durchschnitten gerechnet, so dass auch die in den vergangenen Jahren gezahlten Beträge berücksichtigt werden. Schwierig kann auch die Berechnung der Betriebszugehörigkeit sein, wenn Mitarbeitende konzernintern gewechselt oder aufgrund eines Betriebsübergangs ins Unternehmen gekommen sind. Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen sind nicht immer bekannt und müssen notfalls anhand der Lohnsteuerklasseermittelt werden.

Schritt 3: Verhandlungsteam und Zeitplan bestimmen

Im Vorfeld der Verhandlungen sollte ein Team für die Verhandlungen bestimmt werden, das über die notwendige Sachkenntnis und Autorität verfügt. Aus Effizienzgründen sollte das Verhandlungsteam eher klein gehalten werden; ideal sind drei Personen.

Wichtig ist auch ein Zeitplan, in dem Ferienzeiten, Abwesenheiten und betriebliche Belange berücksichtigt werden. Für die Information des Betriebsrats müssen in einfach gelagerten Fällen mindestens zwei bis drei Wochen, für die Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zwei bis drei Monate und für die Vorbereitung und Durchführung von Kündigungen nochmals zwei bis drei Wochen einkalkuliert werden. In vielen Fällen dauern diese Schritte aber wesentlich länger.

Schritt 4: Stakeholder informieren

Die aus arbeitsrechtlicher Sicht wichtigsten Stakeholder, die es zu beteiligen gilt, sind der Wirtschaftsausschuss, der Betriebsrat und die Mitarbeitenden. Daneben können weitere Stakeholder wie Gesellschafter, Kunden, Lieferanten und die Führungskräfte des Unternehmens über die Pläne informiert werden. Bei öffentlichem Interesse sollte auch die Kommunikation mit Presse und ggf. Politik vorbereitet werden.
Vor der offiziellen Unterrichtung findet in der Regel ein informelles Gespräch mit dem Vorsitzenden des Betriebsrats statt. Erst dann werden Wirtschaftsausschuss und die anderen Betriebsratsmitglieder über die geplante Restrukturierung informiert. Wichtig ist dabei, dass im Vorfeld noch keine unumkehrbaren Schritte zur Umsetzung der Restrukturierung erfolgen. Denn ansonsten wäre die Unterrichtung nicht mehr rechtzeitig.
Die Belegschaft wird bei größeren Restrukturierungen meist in einem Townhall-Meeting über die Planung und die anstehenden Gespräche mit dem Betriebsrat informiert. Auf diese Weise erfahren alle Mitarbeitenden gleichzeitig von der Restrukturierung und es bilden sich vorab keine Gerüchte.

Schritt 5: Dokumente entwerfen

Die Arbeitgeberseite sollte frühzeitig einen Entwurf für einen Interessenausgleich und einen Sozialplan vorlegen. Dies gibt den anstehenden Verhandlungen Struktur und führt dazu, dass die relevanten Punkte frühzeitig angesprochen werden. Im Rahmen der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen können auch sozialverträgliche Alternativen diskutiert werden. So kann etwa ein Freiwilligenprogramm vorgeschaltet oder eine Transfergesellschaft aufgesetzt werden. Solche Lösungen haben neben der Sozialverträglichkeit den Vorteil, dass sie das Klagerisiko reduzieren. Die Transfergesellschaft kann zudem von der Bundesagentur für Arbeit gefördert werden. Weitere sozialverträgliche Alternativen sind interne Jobplattformen, Outplacement, Altersteilzeitmodelle und Umschulungen. Auch hierfür sollten frühzeitig Entwürfe vorbereitet werden.

Eine gute Vorbereitung zahlt sich aus

Eine gute Vorbereitung der Restrukturierung zahlt sich an mehreren Stellen aus: Ein belastbarer Business Case und eine transparente Kommunikation, eine vollständige Personalliste sowie eine gute Planung sind Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat und damit letztlich für den zeitnahen Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Auch steigert eine gute Vorbereitung die Akzeptanz des Wind-downs und reduziert das Prozessrisiko bei etwaigen Kündigungsschutzklagen von Betroffenen.

 

Sehen Sie sich zu diesem Thema auch die Aufzeichnung unseres Webcasts „KPMG Law Restructuring Solutions. Wind-down“ an.

 

Weitere Beiträge zum Themenkomplex Restrukturierung finden Sie unter Restructuring Solutions.

 

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