
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat am 1. Oktober 2025 ihre fachlichen Weisungen aktualisiert und im Hinblick auf das sogenannte Employer-of-Record-Modell eine Kehrtwende vollzogen: Die Beschäftigung von ausländischen Remote-Arbeitskräften soll in den Augen der BA nun doch nicht erlaubnispflichtig sein.
Knapp ein Jahr zuvor, am 15. Oktober 2024, hatte die BA – völlig überraschend und ohne erkennbare rechtliche Stütze – auf diese Art des Fremdpersonaleinsatzes das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) anwenden wollen. Dies hatte zur Folge, dass die in der Unternehmenspraxis gerade an Fahrt gewinnende Form der Fachkräftegewinnung nach Meinung der BA erlaubnispflichtig gewesen wäre. Verstöße hätten demnach auch für deutsche Unternehmen, die ausländische Leiharbeitnehmer:innen remote einsetzen, eine Ordnungswidrigkeit darstellen können.
Nun hat die BA ihre Auffassung wieder geändert. Sie stuft die Beschäftigung von Leiharbeitnehmer:innen, die von einem ausländischen Verleiher an ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland überlassen werden, nur noch dann als erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung ein, wenn Einsätze der ausländischen Arbeitskräfte in Deutschland in Präsenz erfolgen.
Aufgrund des Fachkräftemangels in Deutschland haben in letzter Zeit immer mehr Arbeitgeber Fachkräfte im Ausland rekrutiert, die von dort aus remote für das deutsche Unternehmen arbeiten. Einige Unternehmen schrecken jedoch davor zurück, Arbeitskräfte selbst im Ausland einzustellen. Grund dafür ist der bürokratische Aufwand, der mit der Anstellung von Arbeitskräften im Ausland verbunden ist. Hinzu kommt, dass eine Anstellung der Arbeitskräfte oft nicht das gewünschte Maß an Flexibilität mit sich bringt. Eine beliebte Konstruktion, mit der eine Einstellung vermieden wird, ist das Employer-of-Record-Modell. Eine Agentur im Ausland, der Employer of Record, stellt vor Ort eine Fachkraft nach den dortigen arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ein und überträgt das Weisungsrecht auf das Unternehmen in Deutschland.
Ohne den Auslandsbezug würde es sich nach deutschem Recht bei diesem Konstrukt zweifelsfrei um eine Arbeitnehmerüberlassung handeln. Denn die Mitarbeitenden werden in die Arbeitsorganisation des deutschen Kundenunternehmens eingegliedert und unterliegen dessen Weisungen. Allerdings war – und ist – nach herrschender Auffassung das AÜG nur anwendbar, wenn ein Inlandsbezug besteht. Bei der Employer-of-Record-Konstruktion ist das allenfalls dann der Fall, wenn die Tätigkeit auch Geschäftsreisen nach Deutschland oder mobile Tätigkeiten in Deutschland umfasst. Sofern sich sowohl der Employer of Record als auch die ausländischen Arbeitskräfte ununterbrochen im Ausland befinden, gilt das deutsche AÜG nach dem Territorialitätsprinzip als nicht anwendbar.
Diese Sichtweise hatte zunächst auch die BA vertreten, sie jedoch – durchaus überraschend – mit den fachlichen Weisungen vom 15. Oktober 2024 aufgegeben. In diesen erklärte sie, dass für den Inlandsbezug und damit für die Erlaubnispflicht der Überlassung schon die virtuelle Tätigkeit für das deutsche Unternehmen ausreiche. Sie wendete das AÜG also auch auf Fälle an, in denen die ausländischen Mitarbeitenden nie einen Fuß auf deutschen Boden gesetzt hatten. Dies galt als spürbares Rechtsrisiko für das Konstrukt des Employer of Record, da die ausländischen Verleihunternehmen in der Regel nicht über eine deutsche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügen. Daher hätten sie, ebenso wie das deutsche Kundenunternehmen als Entleiher, unter Umständen mit Konsequenzen wie Bußgeldern rechnen müssen.
Die am 1. Oktober 2025 veröffentlichten fachlichen Weisungen vollziehen nun eine Kehrtwendung in dieser Frage. Dort heißt es nun in Ziffer 1.2.3 Abs. 2:
Der Verleiher sitzt im EU/EWR-Ausland (oder einem Drittstaat). Der Entleiher sitzt in Deutschland. Der Leiharbeitnehmer bleibt im EU/EWR-Ausland (oder einem Drittstaat) und wird ausschließlich online für Entleiher in Deutschland tätig, ohne auch nur einmal nach Deutschland zu reisen, um dort zu arbeiten. Der Erlaubnisvorbehalt des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erstreckt sich mangels ausreichenden Inlandsbezugs nicht auf diese Fälle.
Damit erklärt die BA: Arbeiten ausländische Leiharbeitnehmer:innen ausschließlich remote aus dem Ausland für ein deutsches Unternehmen, ohne dass sie jemals nach Deutschland reisen, gilt das deutsche AÜG nicht.
Auch wenn die fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit keine Rechtsnormen sind, bieten sie Unternehmen eine gewichtige Orientierung. Schließlich ist die BA die zuständige Aufsichtsbehörde für die Durchführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.
Aus Unternehmenssicht ist es daher sehr erfreulich, dass sich auch in den Augen der BA das Employer-of-Record-Modell (wieder) außerhalb des deutschen AÜG bewegt. In Stein gemeißelt ist dieser Rechtszustand allerdings nicht: Die BA weist selbst darauf hin, dass es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage gibt. Die Gerichte sind an die fachlichen Weisungen der BA nicht gebunden. Es wäre also theoretisch möglich, dass die Rechtsprechung zu einer anderen Einschätzung kommt. In jedem Fall sollten Unternehmen, die von dem Employer-of-Record-Modell Gebrauch machen, die Rechtsprechung genau verfolgen.
Vorsicht ist geboten, wenn die ausländischen Arbeitskräfte das Unternehmen in Deutschland besuchen, zum Beispiel zur Einarbeitung oder zu Meetings. Dann wäre ein Inlandsbezug der Tätigkeit zu bejahen. Jeder Einsatz im Inland, sei er noch so kurz oder unbedeutend, kann den Anwendungsbereich des AÜG eröffnen. Die Folge wäre, dass der Employer of Record, also der ausländische Verleiher, eine deutsche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis benötigt. Ohne diese würde sich das deutsche Unternehmen, das den Leiharbeitnehmer einsetzt, ordnungswidrig verhalten und es könnte ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro verhängt werden.
Das Employer-of-Record-Modell ist weiterhin ein praktischer Weg, ausländische Fachkräfte zu beschäftigen. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass diese keine Einsätze im Inland haben, sondern durchgehend remote arbeiten. Ansonsten drohen Bußgelder.
Soll die ausländische Fachkraft hin und wieder im Inland eingesetzt werden, ist die Einstellung im deutschen Unternehmen oder eine Arbeitnehmerüberlassung auf Rechtsbasis des AÜG die sicherere Variante. Wenn der Arbeitgeber nicht selbst über entsprechende lokale Strukturen verfügt, könnte die Gehaltsabrechnung über einen Global-Payroll-Dienstleister abgewickelt werden.
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