Suche
Contact
22.04.2021 | KPMG Law Insights

Neue HOAI 2021 – Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung in der Praxis

Neue HOAI 2021 – Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung in der Praxis

Zum 1. Januar 2021 ist die neue Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 2021) in Kraft getreten. Die Überarbeitung war aufgrund des EuGH-Urteils vom 4. Juli 2019 erforderlich geworden, wonach der verbindliche Preisrahmen der HOAI 2013 mit seinen Mindest- und Höchstsätzen gegen die Europäische Dienstleistungsrichtlinie verstößt. Mit der HOAI 2021 wurden die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze abgeschafft. Die neuen Freiheiten bei den Vergütungsregelungen gilt es nun in der Praxis bei der Vertragsgestaltung richtig einzusetzen:

Was hat sich geändert?

Die HOAI 2021 sieht keine verbindlichen Mindest- und Höchstsätze für Grundleistungen mehr vor. Sämtliche Honorarregelungen der neuen HOAI haben nur noch Orientierungscharakter. Die Vertragsparteien können darauf zurückgreifen, müssen es jedoch nicht. Um die Aufgabe des verbindlichen Preisrahmens auch sprachlich umzusetzen, wurde aus dem ehemaligen „Mindestsatz“ der neue „Basishonorarsatz“ und aus dem „Höchstsatz“ wurde der „obere Honorarsatz“.

Abweichungen von den Honorarregelungen der HOAI führen künftig nicht mehr zur Unwirksamkeit der vertraglichen Vergütungsregelung. Damit kann es nun nicht mehr dazu kommen, dass einer der Vertragspartner die vertraglich getroffene Vergütungsabrede im Nachhinein wegen Unterschreitung der Mindest- oder Überschreitung der Höchstsätze in Frage stellt. Mindestsatzklagen der beauftragten Architekten und Ingenieure gehören damit der Vergangenheit an.

Die HOAI 2021 enthält noch weitere Änderungen, die überwiegend im formalen Bereich zu verorten sind und den Vertragsparteien mehr Flexibilität geben. So besteht künftig z.B. die Möglichkeit, Honorarvereinbarungen nicht mehr in Schriftform, also beidseitig unterschrieben, sondern in Textform zu schließen. Damit können Vergütungsvereinbarungen nun auch wirksam per E-Mail oder gar Messenger-Diensten wie WhatsApp geschlossen werden. Fehlt eine Honorarvereinbarung oder ist die Textform nicht eingehalten, sind die erbrachten Grundleistungen künftig nach dem „Basishonorarsatz“ zu vergüten.

Was ist zu tun?

Es gilt nun, die neuen Freiheiten sinnvoll zu nutzen, die der Gesetzgeber durch die HOAI 2021 geschaffen hat. Dazu sind Musterverträge von vor 2021 unbedingt anzupassen. Es gilt, nicht nur die veralteten Bezeichnungen und Verweise zu aktualisieren, sondern vor allem die neuen Möglichkeiten dazu zu nutzen,  Streitigkeiten um die Honorarabrechnung des Architekten und Ingenieurs durch klare Vergütungsregelungen zu vermeiden.

Wahl des passenden Vergütungsmodells

Die Aufgabe des bindenden Preisrechts lässt es rechtlich zu, die Vergütung des Planers völlig von der HOAI zu lösen und stattdessen zum Beispiel auf einen Pauschalpreis, eine aufwandsabhängige Vergütung (Stunden/ Tagessätze) oder auch eine erfolgsabhängige Vergütung zurückzugreifen. Gerade Pauschalpreise waren schon vor der Reform beliebt und der Auftraggeber muss künftig nicht mehr fürchten, dass die vereinbarte Pauschale wegen Verstoßes gegen den Mindestsatz unwirksam ist.

Allerdings sind solche Regelungen nicht immer sinnvoll und angemessen. Es verbleibt nach wie vor ein weiter Bereich, in dem die Praxis auf die Vergütungsberechnung nach der HOAI zurückgreifen wird. Das Berechnungshonorar nach der HOAI bietet sich immer dann an, wenn das Bauprojekt in einer so frühen Phase steckt, dass der Aufwand und die Kosten noch nicht hinreichend ermittelt werden können. Dann fehlt es dem Planer häufig an den erforderlichen Kalkulationsgrundlagen für das Angebot einer pauschalen Vergütung. Eine Honorierung nach tatsächlichem Aufwand wiederum wäre für den Bauherrn zu unsicher. Die HOAI 2021 bietet dann mit der Anknüpfung des Honorars an die noch zu ermittelnden Baukosten (anrechenbare Kosten) einen bewährten und marktüblichen Weg zu einer angemessenen Honorarvereinbarung.

Vertragliche Festlegung der Abrechnungsparameter

Entscheiden sich die Vertragsparteien für eine Vergütung nach der HOAI, können sie nunmehr die maßgeblichen Abrechnungsparameter bereits im Planungsvertrag verbindlich festlegen. So lässt sich eine höhere Kostensicherheit erzielen und es entsteht später kein Streit bei der Abrechnung.

Neben der sowieso erforderlichen Festlegung des Honorarsatzes und der Regelung etwaiger Zuschläge für Umbauleistungen, Nebenkosten etc. bieten sich seit der Neuregelung beispielsweise auch die vertragliche Fixierung der anzuwendenden Honorarzone, der Aufteilung der Abrechnungsobjekte und der einzubeziehenden mitzuverarbeitenden Bausubstanz an. Über die letztgenannten Punkte entstehen häufig Differenzen bei der Abrechnung. Daher empfiehlt es sich, hierüber im Vertrag eine Regelung zu treffen, die auch dann verbindlich eingreift, wenn die HOAI eine andere Einordnung zuließe. Das ist möglich, weil nach der HOAI 2021 nicht mehr befürchtet werden muss, damit aus dem gesetzlichen Preisrahmen zu fallen, was früher zur Unwirksamkeit führte.  Im Einzelnen:

  • Die zur Vergütungsberechnung anzuwendende Honorarzone wird nach der HOAI anhand von unterschiedlichen Bewertungsmerkmalen ermittelt. Hier kann es schnell zu differierenden Einschätzungen kommen, die im Streitfall gutachterlich geklärt werden müssten. Die Honorarzone sollte daher unabhängig von einer Bewertung nach der HOAI im Planungsvertrag konkret und verbindlich vereinbart werden. Hierbei muss im Vertrag explizit klargestellt werden, dass diese vereinbarte Einordnung auch dann gilt, wenn die HOAI ein anderes Ergebnis zuließe.

 

  • Die bei der Vergütungsberechnung einzurechnende „mitzuverarbeitende Bausubstanz“ führt bei Umbauten häufig zu Streitigkeiten bei der Abrechnung des Honorars. Deren Ermittlung ist äußerst kompliziert. Es bestehen dabei erhebliche Beurteilungsspielräume und daher potenzielle streitauslösende Faktoren. Die mitzuverarbeitende Bausubstanz sollte daher unabhängig von einer Bewertung nach der HOAI im Vertrag abschließend vereinbart werden. Es kann auch geregelt werden, dass sie überhaupt nicht zur Anrechnung kommt und stattdessen ein angemessener Umbauzuschlag gezahlt wird.

 

  • Auch die Einteilung der Abrechnungsobjekte ist ein häufiger Grund für Honorarstreitigkeiten. Die Abrechnung nach HOAI erfolgt nach Objekten und wird für mehrere Objekte grundsätzlich getrennt berechnet, § 11 Abs. 1 HOAI. Da die Vergütungstabellen nicht linear verlaufen, gibt es im Grundsatz für mehrere kleine Objekte ein höheres Honorar als für ein großes. Es gibt umfangreiche Literatur und Urteile dazu, wann einheitliche Objekte vorliegen bzw. wann zusammenzurechnen ist und wann nicht. Wer hier Abrechnungssicherheit möchte, legt die Einteilung der Abrechnungsobjekte im Vertrag verbindlich fest und stellt klar, dass diese Regelung Vorrang hat.

Von einer klaren Regelung der Vergütung profitieren beide Vertragspartner und können sich zusammen darauf konzentrieren, das Bauvorhaben partnerschaftlich voranzubringen.

Explore #more

04.02.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät ROTOP-Gesellschafter im Zusammenhang mit einem Investment von GENUI und SHS Capital

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die Gesellschafter der ROTOP Pharmaka GmbH (ROTOP), einen Anbieter von Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten für Radiodiagnostika und Radiotherapeutika,…

31.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law unterstützt HWP bei Mehrheitsbeteiligung an instakorr GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die HWP Handwerkspartner Gruppe (HWP) beim Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der instakorr GmbH (instakorr) beraten. KPMG Law…

29.01.2025 | KPMG Law Insights

Grüner Wasserstoff aus Abwasser – rechtliche Hürden bei der Herstellung

Wasserstoff liefert deutlich mehr Energie als Benzin oder Diesel. Wird er mit erneuerbaren Energien hergestellt, kann Wasserstoff einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Erst vor…

29.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law begleitet HWP beim Erwerb der Hydro-Tech GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat die HWP Handwerkspartner Gruppe (HWP) beim Erwerb der Hydro-Tech GmbH Hochdruck- und Reinigungstechniken Maler und Betoninstandsetzungsarbeiten (Hydro-Tech)…

29.01.2025 | KPMG Law Insights

Was die Green Claims Directive für Unternehmen bedeutet – ein Überblick

Mit der Green Claims Directive wird die EU umfangreiche Regelungen zu den Voraussetzungen zulässiger Umweltaussagen einführen. Das Ziel ist, Greenwashing zu verhindern, damit Verbraucher:innen künftig…

27.01.2025 | In den Medien

Merger control and national security: key considerations for corporate transactions

Financier Worldwide discusses key merger control and national security considerations for corporate transactions with Lisa Navarro, Stuart Bedford, Gerrit Rixen (KPMG Law Germany), Helen Roxburgh…

24.01.2025 | In den Medien

Gastbeitrag in der ESGZ: Chancen mit Diskriminierungsrisiken: KI im Bereich Human Resources

Künstliche Intelligenz (KI) ist nicht länger Zukunftsmusik, sondern verändert bereits die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Unternehmen setzen zunehmend auf KI-basierte Lösungen, um Prozesse zu optimieren…

24.01.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät DKB bei Joint Ventures mit Sparkassen-Finanzgruppe im Kreditprocessing

KPMG Law berät die Deutsche Kreditbank AG (DKB) bei der Errichtung eines Joint Ventures im Bereich Kreditkartenprocessing mit Gesellschaften der Sparkassen-Finanzgruppe. Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft…

24.01.2025 | KPMG Law Insights

Tübinger Verpackungssteuersatzung ist verfassungsgemäß

Die Tübinger Verpackungssteuer ist verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verpackungssteuersatzung der Universitätsstadt Tübingen zurückgewiesen. Der Beschluss vom 27. November 2024 (1 BvR

22.01.2025 | KPMG Law Insights

Die EU-Verpackungsverordnung macht strenge Vorgaben für Verpackungen

Die Verpackungsverordnung tritt am 11. Februar 2025 in Kraft. Nachdem das Europäische Parlament bereits am 24. April 2024 den Entwurf der Kommission angenommen hatte, hatten…

Kontakt

Dr. Torsten Göhlert

Partner

Galeriestraße 2
01067 Dresden

Tel.: +49 351 21294423
tgoehlert@kpmg-law.com

© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll