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22.04.2021 | KPMG Law Insights

Lobbyismus-Compliance: Transparenz in der politischen Entscheidungsfindung: Was verbirgt sich hinter dem neuen „Lobby-Register“?

Lobbyismus-Compliance: Transparenz in der politischen Entscheidungsfindung: Was verbirgt sich hinter dem neuen „Lobby-Register“?

Am 25. März 2021 hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters für die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und gegenüber der Bundesregierung – kurz Lobbyregistergesetz (LobbyRG)“ verabschiedet. Es tritt am 1. Januar 2022 in Kraft und beinhaltet Neuerungen für Verbände und Agenturen, aber auch für Unternehmen.

Das Gesetz regelt

  • eine Registrierungspflicht im „Lobbyregister“ für diejenigen, die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung wahrnehmen und dabei Einfluss auf die Willensbildung dieser Organe ausüben wollen (§§ 1, 2 LobbyRG);
  • eine Verpflichtung zur Unterwerfung der Interessenvertreter unter den Verhaltenskodex des Deutschen Bundestages bzw. der Bundesregierung (§ 5 LobbyRG);
  • Bußgelder sowie Zugangsbeschränkungen bei Pflichtverstößen (§§ 6, 7 LobbyRG).

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich: Natürliche Personen, juristische Personen und Personengesellschaften können Interessenvertreter sein, wenn sie Interessenvertretung selbst oder im Auftrag betreiben. Ist ein Unternehmen im „eigenen“ Sinne interessenorientiert gegenüber Bundestag oder Bundesregierung tätig, ist es verpflichtet, sich im Lobbyregister zu registrieren. Nicht registrieren müssen sich aber z.B. natürliche Personen, die ausschließlich persönliche Interessen formulieren, unabhängig davon, ob es sich zugleich um unternehmerische Interessen handelt, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 LobbyRG. Somit müssen künftig insbesondere auch alle Unternehmen ihr Beschäftigen, die „unmittelbar Interessenvertretung ausüben“ im Lobbyregister eintragen § 3 Abs. 1 Nr. 2 d) LobbyRG.

Durchsetzung, Überwachung, Sanktionen: Die Pflichten des LobbyRG werden überwacht. Betroffene müssen daher dafür Sorge tragen, dass sie sich mit den notwendigen Angaben im Lobbyregister registrieren und die Vorgaben des Verhaltenskodex auch tatsächlich einhalten. Zur Überprüfung der Einhaltung des Kodex gibt es ein Prüfverfahrens vgl. § 5 Abs. 8 LobbyRG. Verstößt ein Unternehmen gegen den Verhaltenskodex kann dies eine Registerveröffentlichung nach sich ziehen. Daneben müssen Interessenvertreter, also auch Unternehmen, jährlich alle Angaben im Register aktualisieren und Änderungen fristgerecht eintragen. Kommen Interessenvertreter diesen Pflichten nicht nach, erfolgt eine elektronische Erinnerung bzw. die Übertragung in die eine Liste Nichtaktualisierter Interessenvertreter.

Ordnungswidrig verhält sich nach § 7 LobbyRG, wer die entsprechenden Registrierungspflichten bzw. die Aktualisierungsanforderungen mindestens fahrlässig nicht erfüllt. Unterlässt ein Eintragungspflichtiger die Eintragung oder Aktualisierung der Angaben, macht er falsche, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Angaben, handelt er ordnungswidrig. Hierfür werden Bußgelder je nach Verstoß zwischen 20.000 EUR und 50.000 EUR fällig. Zusätzlich kann den Betroffenen nach § 6 LobbyRG Zutritt zum Deutschen Bundestag und die Teilnahme an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Bundestags verweigert werden.

Die neuen Vorgaben sind für Unternehmen erheblich: Herausfordernd dürften hier vor allem die unternehmensinterne Beschaffung und laufende Aktualisierung der verpflichtenden Registerinhalte nach § 3 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 7 LobbyRG sein.

Tätigkeiten „im Bereich der Interessenvertretung“: Sowohl bei der Bestimmung der Anzahl der Beschäftigten als auch bei der konkreten Bezifferung jährlicher finanzieller Aufwendungen ist fraglich, was genau „im Bereich der Interessenvertretung“ im Sinne von § 3 Abs. 1 LobbyRG meint. Sind neben den Mitarbeitern, die unmittelbar gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung auftreten, auch diejenigen gemeint, die z.B. in Vereinen, Verbänden im Vorstand oder auch nur gelegentlich in den Arbeitsgruppen tätig sind (vgl. Transparenzregister der EU)? Die Gesetzesbegründung spricht „von Erweiterungen“ im Sinne der Rechercheure oder Zuarbeiter und hilft nicht weiter. Bei der Bezifferung finanzieller Aufwendungen ist fraglich, ob nur direkte Tätigkeiten gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung erfasst werden oder auch Mitgliedschaften in Verbänden und Organisationen.

Angaben zu Zuwendungen, Zuschüssen und Schenkungen: Wann Angaben in Bezug auf einen Geber hinsichtlich einzelner Zuwendungen und Zuschüsse der öffentlichen Hand sowie einzelner Schenkungen Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 LobbyRG registriert werden müssen, ist in Teilen unklar. Fraglich ist zum einen, wer als „Dritter“ gemeint ist. Zählen hierzu z.B. auch gemeinnützige Organisationen, also auch Parteien, Umwelt- und Arbeitnehmerorganisationen, private Stiftungen oder gar individuelle „Dritte“? Zum anderen ist unklar, wie der die Eintragungspflicht auslösende Höchstbetrag von 20.000 EUR zu bestimmen ist. Sollen beispielsweise drei Parteien mit jeweils 9.000 EUR bedacht werden, werden diese Beträge dann kumuliert oder gilt die Höchstgrenze jeweils pro Zuwendung bzw. Schenkung? Das hätte z.B. zur Konsequenz, dass eine Veröffentlichungspflicht nach dem Parteiengesetz nicht (§ 25 Abs. 3 ParteiG), nach dem Lobbyregistergesetz aber schon gegeben wäre.

„Bundesregierung“ im Sinne von § 1 Abs. 2 LobbyRG: Neben der Bundesregierung gelten die neuen Vorschriften auch gegenüber Ministern, Staatssekretären, Ministerialbeamten bis zum stellvertretenden Abteilungsleiter der Bundesministerien.

Kein „exekutiver Fußabdruck“: Die viel diskutierte Darstellung aller am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Interessenvertreter, wurde im LobbyRG letztlich nicht aufgenommen.

Ausnahmen und Sonderfälle: Einige Berufsgruppen sind von der Transparenz- und Registrierungspflicht ausdrücklich ausgenommen. Einerseits wegen beruflicher Schweigepflicht, u.a. Rechtsanwälte oder Kirchen im Rahmen der Ausübung Ihrer Tätigkeit. Anderseits wegen der Ausübung der grundrechtlich geschützten „Freiheit des Mandats“, die ungehinderten Zugang zum Parlament und zu den Abgeordneten erfordert (z.B. bei persönlichen bzw. individuellen Eingaben gegenüber den Abgeordneten, Petitionsrecht). Die Ausgestaltung der Sonderfälle (z.B. die Ausnahme der Registrierungsplicht in § 2 Nr. 15 LobbyRG „Nationale Minderheit“, Nr. 16 „Menschenrechts-NGO“ oder Nr. 11 „Mittlerorganisation der auswärtigen Kultur- und Bildungsarbeit“), ist aber noch nötig und verfassungsrechtlich nicht ganz einfach.

Weitere Regelungen bleiben weiter zu berücksichtigen: Die insbesondere für Abgeordnete geltenden finanziellen Anforderungen (z.B. an Abgeordnete im ParteiG oder im AbgeordnetenG, Regelungen im Stiftungsrecht oder im Bilanzrecht) und Unabhängigkeitsregelungen bleiben unangetastet. Strafrechtliche Normen, wie z.B. die Bestechung (§334 StGB) oder Vorteilsgewährung (§333 StGB) bzw. (passiv) Bestechlichkeit oder Annahme von Vorteilen gelten neben dem LobbyRG unverändert. Ebenso gelten die internationalen Regelungen des Art. 2 § 2 IntBestG, Foreign Corruption Practices Act oder des U.K. Bribery Act. Das EU-Vergaberecht und das EU-Beihilferecht werden hiervon ebenfalls nicht tangiert.

Fazit und Ausblick: Das Gesetzgebungsverfahren hat gezeigt, dass es nicht einfach ist, zwischen der demokratisch notwendigen Unabhängigkeit des Parlaments, der nötigen Freiheit des Mandats und dem Schutz des Kernbereichs der Regierung einerseits und der Notwendigkeit transparenter Regelungen und Kodizes andererseits zu vermitteln.

Notwendig sind weitere Präzisierungen zur Registrierungspflicht von nationalen wie internationalen Unternehmen, Organisationen oder Stiftungen. Teilweise Abhilfe können hier die noch ausstehenden Verhaltenskodizes schaffen. Insbesondere im Hinblick auf eine Konkretisierung einer Tätigkeit als „Interessenvertretung“ im engeren Sinne.

Notwendig ist außerdem eine digitale Form des Registers verbunden mit digitalen Nachweisen zu Offenlegungspflichten. Melde- und Ummelde-Verfahren müssen mühelos digital ausgestaltet werden, Anerkennungs- und Ausschlusskriterien für die Registrierungspflicht klar und verständlich sein. Gleiches gilt für die Verhaltenskodizes, auch diese brauchen eine moderne, transparente Form für die Zukunft.

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