Liebe Leserinnen und Leser,
die ESMA hat Ende Januar 2017 – rund zwei Jahre nach der Veröffentlichung eines ersten Diskussionspapiers – eine Stellungnahme zur Bildung und Handhabung von Anteilklassen für OGAW veröffentlicht. Ziel ist die Harmonisierung der Regulierung von Anteilklassen in Europa.
Die europäische Aufsichtsbehörde erläutert, welche Anteilklassen ihrer Ansicht nach unzulässig sind und nach welchen Grundsätzen zulässige Anteilklassen gebildet und gemanagt werden sollten. Darüber hinaus gibt sie Hinweise für ein angemessenes Risikomanagement für Anteilklassen, die sich von anderen durch Derivateeinsatz unterscheiden.
Außerdem berichten wir heute über einige aktuelle Verlautbarungen der BaFin. Neben der Bekanntgabe von Verwaltungsauffassungen konsultiert die deutsche Finanzaufsichtsbehörde aktuell ein „Auslegungsschreiben zu den Tätigkeiten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft und der von ihr extern verwalteten AIF-Investmentgesellschaft“. Im Kern geht es um die Frage, für welche Tätigkeiten die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft und für welche die extern verwaltete Investmentgesellschaft zuständig ist.
Mit herzlichen Grüßen
Henning Brockhaus
Nach mehreren Konsultationen hat die ESMA am 30. Januar 2017 eine Stellungnahme zur Bildung und Handhabung von Anteilklassen in OGAW veröffentlicht. Hintergrund dieser Maßnahme ist, dass die OGAW-Richtlinie hierzu kaum Regelungen enthält und dies in den Mitgliedstaaten zu einer uneinheitlichen Praxis geführt hat. Wir haben hier bereits darüber berichtet.
In ihrer Stellungnahme schlägt die ESMA nun vier Grundsätze vor, die bei der Bildung und Handhabung von Anteilklassen bei OGAW zu beachten sind.
1. Einheitliche Anlagestrategie
Für den Gesamtfonds muss trotz verschiedener Anteilklassen eine einheitliche Anlagestrategie gelten. Diese muss grundsätzlich durch einen einheitlichen Pool von Vermögensgegenständen realisiert werden. Die ESMA erwähnt dabei ausdrücklich, dass das Hedging von Währungskursrisiken auf Anteilklassen-Level mit einer einheitlichen Anlagestrategie im Einklang steht. Hierbei sind jedoch die nachfolgenden weiteren Grundsätze zu beachten.
2. Vermeidung von Spill-Over-Effekten
Durch den Einsatz von Derivaten für nur eine Anteilklasse können Kontrahentenrisiken und operationale Risiken auch für andere Anteilklassen entstehen. Diese sog. „Spill-Over-Effekte“ können auch Anleger einer anderen Anteilklasse benachteiligen. Die ESMA ist der Ansicht, dass jedes hierdurch entstehende zusätzliche Risiko minimiert und angemessen überwacht werden muss. Hierfür sollten unter anderem Stresstests eingeführt werden.
3. Definition der Ausgestaltungsmerkmale von Anteilklassen
Alle Merkmale einer Anteilklasse sind zeitlich vor Bildung der Anteilklasse klar festzulegen. Bei Anteilklassen mit Währungskurs-Hedging sollte diese Festlegung auch das Währungsrisiko betreffen.
4. Transparenz
Die Existenz und Merkmale jeder Anteilklasse sollten jedem Anleger offengelegt werden. Gleichgültig ist dabei, welche Anteilklasse der Anleger hält. Die ESMA fordert zudem, dass mindestens folgende operationale Prinzipien eingehalten werden:
Auswirkung auf aktuelle bestehende Anteilklassen und Übergangsvorschriften
Alle bestehenden Anteilklassen könen zunächst wie bisher fortgeführt werden. Danach soll laut ESMA Folgendes gelten:
Die Opinion der ESMA zu den Anteilklassen finden Sie hier.
Anfang Februar 2017 hat die BaFin ihre Verwaltungspraxis zu den Informationspflichten gemäß § 307 Abs. 5 KAGB bekannt gegeben.
Damit antwortet die Aufsicht auf die Rückfrage von Marktteilnehmern zu der durch das 1. FiMaNoG eingeführten Regelung des § 307 Abs. 5 KAGB, ob semi-professionellen Anlegern vor dem Erwerb von Anteilen an AIF nunmehr ein KID zur Verfügung zu stellen ist.
Wie schon in unserer Dezember 2016-Ausgabe berichtet, gründet sich diese Vorschrift auf den zum 31. Dezember 2016 in Kraft getretenen Art. 6 des 1. FiMaNoG. Die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 (PRIIPs-VO), auf die § 307 Abs. 5 KAGB verweist, ist nicht – wie anfangs geplant – zeitgleich mit Art. 6 des 1. FiMaNoG am 31. Dezember 2016 in Kraft getreten, sondern wird erst Anfang 2018 zur Anwendung gelangen.
Vor diesem Hintergrund hat die BaFin nun verlauten lassen, dass sie bis zum Inkrafttreten der PRIIPs-VO das ihr nach § 5 Abs. 6 KAGB eingeräumte Ermessen im Fall eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 5 KAGB dahingehend ausüben wird, dass sie keine Durchsetzungsanordnung erlassen wird. Diese Verwaltungspraxis endet allerdings mit dem Inkrafttreten der PRIIPs-VO.
Verschiedene Fondsverbände haben sich an die europäische Kommission und die europäischen Aufsichtsbehörden (ESMA, EBA und EIOPA, zusammen ESAs) mit der Bitte gewandt, die gemäß EMIR verpflichtende Einführung der Variation Margin für nicht zentral-geclearte OTC-Derivate zum 1. März 2017 um sechs Monate zu verschieben. Dazu müssten jedoch die Regulierungsstandards zu den bilateralen Besicherungspflichten geändert werden.
Hilfsweise bitten die Verbände die verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden, den betroffenen Marktteilnehmern einen Aufschub bei der Umsetzung der Variation Margin-Anforderungen von sechs Monaten zu gewähren.
Hintergrund ist der massive Zeitdruck, unter dem die entsprechende Vertragsdokumentation (Rahmenverträge und Besicherungsanhänge) angepasst und mit den jeweiligen Kontrahenten verhandelt werden muss, um den neuen Anforderungen bis zum 1. März 2017 gerecht zu werden.
KPMG Law unterstützt Sie gerne bei der Änderung und Verhandlung der Rahmenverträge und Besicherungsanhänge. Sprechen Sie uns bitte an.
Die BaFin teilt mit, dass Fondsgesellschaften im Falle einer Änderungsanzeige zum Vertrieb von Fonds nur die geänderten Unterlagen einreichen müssen. Sollte sich der Verkaufsprospekt geändert haben, ist dieser dann insgesamt einzureichen, nicht lediglich die Seiten, die Gegenstand der Änderung sind. Andere Dokumente, die sich nicht geändert haben, müssen jedoch nicht ein weiteres Mal vorgelegt werden.
Hintergrund dieser Verlautbarung der BaFin ist die Aussage der ESMA in ihren FAQ zur AIFM-Richtlinie vom November 2016, wonach Fondsgesellschaften bei einer Änderung der Vertriebsanzeige einen vollständigen Satz von Unterlagen einreichen sollen. Wir hatten darüber in unserer Dezember 2016-Ausgabe berichtet.
Die BaFin hat am 3. Februar 2017 den Entwurf eines Auslegungsschreibens veröffentlicht, mit dem sie ihre Verwaltungsauffassung zur Aufgabenverteilung zwischen einer Kapitalverwaltungsgesellschaft und der von ihr extern verwalteten Investmentgesellschaft (z.B. Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) oder Investmentaktiengesellschaft (InvAG)) vorstellt.
Erwähnenswert erscheint insbesondere, dass die BaFin im Hinblick auf das Portfoliomanagement zwischen der „Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen Vermögensgegenstände erworben werden“ sollen, und der darauf folgenden Ausführungshandlung unterscheidet. Erstere hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft nach Auffassung der Aufsicht im eigenen Namen für Rechnung der InvKG bzw. InvAG vorzunehmen, die „konkrete Ausführungshandlung“ sollte sodann jedoch im Namen der InvKG bzw. InvAG erfolgen. Bei der Ausführungshandlung handele es sich um einen „Annex“ zur Kernkompetenz der Portfolioverwaltung, so die BaFin.
Aus zivilrechtlicher Sicht bleibt diese Unterscheidung mindestens aus folgender Überlegung unklar: Wenn mit der „Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen Vermögensgegenstände erworben werden“, die schuldrechtliche Verpflichtung zum Kauf des Vermögensgegenstandes (der Kaufvertrag) gemeint ist (die BaFin schreibt in diesem Zusammenhang auch von dem Vertragsschluss mit einem Dritten), dann müsste die „konkrete Ausführungshandlung“ demgegenüber das sachenrechtliche Verfügungs- bzw. Erfüllungsgeschäft (die Übertragung des Vermögensgegenstandes auf den Dritten) darstellen.
In diesem Zusammenhang leuchtet jedenfalls aus einem zivilrechtlichen Blickwinkel ebenfalls nicht unmittelbar ein, warum zwischen dem Geschäft im eigenen Namen und dem im Namen der InvKG bzw. InvAG unterschieden wird.
Bis zum 17. Februar 2017 gibt es Gelegenheit, sich an der Konsultation zu beteiligen.
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