Suche
Contact
16.02.2017 | KPMG Law Insights

Investmentrecht – Investment | Recht | Kompakt – Ausgabe 2/2017

Liebe Leserinnen und Leser,

die ESMA hat Ende Januar 2017 – rund zwei Jahre nach der Veröffentlichung eines ersten Diskussionspapiers – eine Stellungnahme zur Bildung und Handhabung von Anteilklassen für OGAW veröffentlicht. Ziel ist die Harmonisierung der Regulierung von Anteilklassen in Europa.

Die europäische Aufsichtsbehörde erläutert, welche Anteilklassen ihrer Ansicht nach unzulässig sind und nach welchen Grundsätzen zulässige Anteilklassen gebildet und gemanagt werden sollten. Darüber hinaus gibt sie Hinweise für ein angemessenes Risikomanagement für Anteilklassen, die sich von anderen durch Derivateeinsatz unterscheiden.

Außerdem berichten wir heute über einige aktuelle Verlautbarungen der BaFin. Neben der Bekanntgabe von Verwaltungsauffassungen konsultiert die deutsche Finanzaufsichtsbehörde aktuell ein „Auslegungsschreiben zu den Tätigkeiten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft und der von ihr extern verwalteten AIF-Investmentgesellschaft“. Im Kern geht es um die Frage, für welche Tätigkeiten die externe Kapitalverwaltungsgesellschaft und für welche die extern verwaltete Investmentgesellschaft zuständig ist.

Mit herzlichen Grüßen
Henning Brockhaus

EUROPÄISCHE AUFSICHT 

ESMA veröffentlicht Opinion zu Anteilklassen bei OGAW

Nach mehreren Konsultationen hat die ESMA am 30. Januar 2017 eine Stellungnahme zur Bildung und Handhabung von Anteilklassen in OGAW veröffentlicht. Hintergrund dieser Maßnahme ist, dass die OGAW-Richtlinie hierzu kaum Regelungen enthält und dies in den Mitgliedstaaten zu einer uneinheitlichen Praxis geführt hat. Wir haben hier bereits darüber berichtet.

In ihrer Stellungnahme schlägt die ESMA nun vier Grundsätze vor, die bei der Bildung und Handhabung von Anteilklassen bei OGAW zu beachten sind.

1. Einheitliche Anlagestrategie

Für den Gesamtfonds muss trotz verschiedener Anteilklassen eine einheitliche Anlagestrategie gelten. Diese muss grundsätzlich durch einen einheitlichen Pool von Vermögensgegenständen realisiert werden. Die ESMA erwähnt dabei ausdrücklich, dass das Hedging von Währungskursrisiken auf Anteilklassen-Level mit einer einheitlichen Anlagestrategie im Einklang steht. Hierbei sind jedoch die nachfolgenden weiteren Grundsätze zu beachten.

2. Vermeidung von Spill-Over-Effekten

Durch den Einsatz von Derivaten für nur eine Anteilklasse können Kontrahentenrisiken und operationale Risiken auch für andere Anteilklassen entstehen. Diese sog. „Spill-Over-Effekte“ können auch Anleger einer anderen Anteilklasse benachteiligen. Die ESMA ist der Ansicht, dass jedes hierdurch entstehende zusätzliche Risiko minimiert und angemessen überwacht werden muss. Hierfür sollten unter anderem Stresstests eingeführt werden.

3. Definition der Ausgestaltungsmerkmale von Anteilklassen

Alle Merkmale einer Anteilklasse sind zeitlich vor Bildung der Anteilklasse klar festzulegen. Bei Anteilklassen mit Währungskurs-Hedging sollte diese Festlegung auch das Währungsrisiko betreffen.

4. Transparenz

Die Existenz und Merkmale jeder Anteilklasse sollten jedem Anleger offengelegt werden. Gleichgültig ist dabei, welche Anteilklasse der Anleger hält. Die ESMA fordert zudem, dass mindestens folgende operationale Prinzipien eingehalten werden:

  • Die Information über bestehende Anteilklassen sollte im Verkaufsprospekt bei den Angaben zu den Arten der Anteile und ihren Charakteristika erfolgen.
  • Es sollte eine leicht einsehbare und stets aktuelle Liste mit Anteilklassen mit Spill-Over-Effekten vorgehalten werden.
  • Die Stresstest-Ergebnisse sollten der Aufsichtsbehörde auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden.

Auswirkung auf aktuelle bestehende Anteilklassen und  Übergangsvorschriften

Alle bestehenden Anteilklassen könen zunächst wie bisher fortgeführt werden. Danach soll laut ESMA Folgendes gelten:

  • Anteilklassen, welche die in der ESMA-Opinion festgelegten Grundsätze nicht erfüllen, sollten bis zum 30. Juli 2017 (6 Monate nach der Veröffentlichung der ESMA-Opinion am 30. Januar 2017) für neue Investoren geschlossen werden.
  • Aufstockungen durch bestehende Anleger in Anteilklassen, welche die in der ESMA-Opinion festgelegten Grundsätze nicht erfüllen, sind nur noch bis zum 30. Juli 2018 zulässig (18 Monate nach der Veröffentlichung der ESMA-Opinion am 30. Januar 2017).

Die Opinion der ESMA zu den Anteilklassen finden Sie hier.

NATIONALE AUFSICHT 

BaFin veröffentlicht Verwaltungspraxis zu § 307 Abs. 5 KAGB

Anfang Februar 2017 hat die BaFin ihre Verwaltungspraxis zu den Informationspflichten gemäß § 307 Abs. 5 KAGB bekannt gegeben.

Damit antwortet die Aufsicht auf die Rückfrage von Marktteilnehmern zu der durch das 1. FiMaNoG eingeführten Regelung des § 307 Abs. 5 KAGB, ob semi-professionellen Anlegern vor dem Erwerb von Anteilen an AIF nunmehr ein KID zur Verfügung zu stellen ist.

Wie schon in unserer Dezember 2016-Ausgabe berichtet, gründet sich diese Vorschrift auf den zum 31. Dezember 2016 in Kraft getretenen Art. 6 des 1. FiMaNoG. Die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 (PRIIPs-VO), auf die § 307 Abs. 5 KAGB verweist, ist nicht – wie anfangs geplant – zeitgleich mit Art. 6 des 1. FiMaNoG am 31. Dezember 2016 in Kraft getreten, sondern wird erst Anfang 2018 zur Anwendung gelangen.

Vor diesem Hintergrund hat die BaFin nun verlauten lassen, dass sie bis zum Inkrafttreten der PRIIPs-VO das ihr nach § 5 Abs. 6 KAGB eingeräumte Ermessen im Fall eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 5 KAGB dahingehend ausüben wird, dass sie keine Durchsetzungsanordnung erlassen wird. Diese Verwaltungspraxis endet allerdings mit dem Inkrafttreten der PRIIPs-VO.

EUROPÄISCHE GESETZGEBUNG / EUROPÄISCHE UND NATIONALE AUFSICHT 

Verbände regen Verschiebung der Anwendung der Variation Margin gemäß EMIR an

Verschiedene Fondsverbände haben sich an die europäische Kommission und die europäischen Aufsichtsbehörden (ESMA, EBA und EIOPA, zusammen ESAs) mit der Bitte gewandt, die gemäß EMIR verpflichtende Einführung der Variation Margin für nicht zentral-geclearte OTC-Derivate zum 1. März 2017 um sechs Monate zu verschieben. Dazu müssten jedoch die Regulierungsstandards zu den bilateralen Besicherungspflichten geändert werden.

Hilfsweise bitten die Verbände die verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden, den betroffenen Marktteilnehmern einen Aufschub bei der Umsetzung der Variation Margin-Anforderungen von sechs Monaten zu gewähren.

Hintergrund ist der massive Zeitdruck, unter dem die entsprechende Vertragsdokumentation (Rahmenverträge und Besicherungsanhänge) angepasst und mit den jeweiligen Kontrahenten verhandelt werden muss, um den neuen Anforderungen bis zum 1. März 2017 gerecht zu werden.

KPMG Law unterstützt Sie gerne bei der Änderung und Verhandlung der Rahmenverträge und Besicherungsanhänge. Sprechen Sie uns bitte an.

NATIONALE AUFSICHT

BaFin äußert sich zu einzureichenden Unterlagen für Vertriebsanzeigen

Die BaFin teilt mit, dass Fondsgesellschaften im Falle einer Änderungsanzeige zum Vertrieb von Fonds nur die geänderten Unterlagen einreichen müssen. Sollte sich der Verkaufsprospekt geändert haben, ist dieser dann insgesamt einzureichen, nicht lediglich die Seiten, die Gegenstand der Änderung sind. Andere Dokumente, die sich nicht geändert haben, müssen jedoch nicht ein weiteres Mal vorgelegt werden.

Hintergrund dieser Verlautbarung der BaFin ist die Aussage der ESMA in ihren FAQ zur AIFM-Richtlinie vom November 2016, wonach Fondsgesellschaften bei einer Änderung der Vertriebsanzeige einen vollständigen Satz von Unterlagen einreichen sollen. Wir hatten darüber in unserer Dezember 2016-Ausgabe berichtet.

NATIONALE AUFSICHT 

BaFin konsultiert Auslegungsschreiben zur Aufgabenverteilung

Die BaFin hat am 3. Februar 2017 den Entwurf eines Auslegungsschreibens veröffentlicht, mit dem sie ihre Verwaltungsauffassung zur Aufgabenverteilung zwischen einer Kapitalverwaltungsgesellschaft und der von ihr extern verwalteten Investmentgesellschaft (z.B. Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) oder Investmentaktiengesellschaft (InvAG)) vorstellt.

Erwähnenswert erscheint insbesondere, dass die BaFin im Hinblick auf das Portfoliomanagement zwischen der „Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen Vermögensgegenstände erworben werden“ sollen, und der darauf folgenden Ausführungshandlung unterscheidet. Erstere hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft nach Auffassung der Aufsicht im eigenen Namen für Rechnung der InvKG bzw. InvAG vorzunehmen, die „konkrete Ausführungshandlung“ sollte sodann jedoch im Namen der InvKG bzw. InvAG erfolgen. Bei der Ausführungshandlung handele es sich um einen „Annex“ zur Kernkompetenz der Portfolioverwaltung, so die BaFin.

Aus zivilrechtlicher Sicht bleibt diese Unterscheidung mindestens aus folgender Überlegung unklar: Wenn mit der „Entscheidung, ob und zu welchen Bedingungen Vermögensgegenstände erworben werden“, die schuldrechtliche Verpflichtung zum Kauf des Vermögensgegenstandes (der Kaufvertrag) gemeint ist (die BaFin schreibt in diesem Zusammenhang auch von dem Vertragsschluss mit einem Dritten), dann müsste die „konkrete Ausführungshandlung“ demgegenüber das sachenrechtliche Verfügungs- bzw. Erfüllungsgeschäft (die Übertragung des Vermögensgegenstandes auf den Dritten) darstellen.

In diesem Zusammenhang leuchtet jedenfalls aus einem zivilrechtlichen Blickwinkel ebenfalls nicht unmittelbar ein, warum zwischen dem Geschäft im eigenen Namen und dem im Namen der InvKG bzw. InvAG unterschieden wird.

Bis zum 17. Februar 2017 gibt es Gelegenheit, sich an der Konsultation zu beteiligen.

Explore #more

06.09.2024 | KPMG Law Insights

Auch kleine integrierte Elektrizitätsversorgungsunternehmen müssen ab dem 1. Januar 2025 ihre Elektromobilitätssparten neu aufstellen

Der Geschäftsbereich der Ladesäuleninfrastruktur befindet sich derzeit regulatorisch im Wandel. Insbesondere für Verteilnetzbetreiber gelten nach § 7c EnWG strenge Entflechtungsvorgaben, von denen jedoch für Verteilnetzbetreiber,…

30.08.2024 | In den Medien

JUVE-Rechtsmarkt: Titelgeschichte zum Thema Legal-Tech mit KPMG Law

Wege und Werkzeuge von Kanzleien bei der Umsetzung ihrer Legal-Tech-Strategie unterscheiden sich teils massiv. Wer sich im Markt besonders hervortut, untersucht die aktuelle Ausgabe des…

27.08.2024 | KPMG Law Insights

Das bedeuten die FAQ der BaFin zur Institutsvergütungsverordnung

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Fragen und Antworten (FAQ) zur Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) veröffentlicht. Sie ersetzen die bisherige Auslegungshilfe. Die FAQ finden nun unmittelbare Anwendung.…

26.08.2024 | In den Medien

Interview mit Moritz Püstow zum Thema Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung in der Bauindustrie

Wie rüstet sich die Bauindustrie für die Zukunft, die vor großen Herausforderungen steht? Den Schlüssel darin, schneller mehr Automatisierung beim Bauen zu erreichen und nachhaltiges…

22.08.2024 | Pressemitteilungen

Strategische Allianz zwischen KPMG Law und MHP – A Porsche Company

KPMG Law und MHP – A Porsche Company haben eine strategische Allianz vereinbart. MHP ist ein führendes Beratungshaus im Bereich Engineering & Digital Plattform Solutions…

21.08.2024 | In den Medien

Gastbeitrag in der dpn: Erste praktische Erfahrungen mit der Umsetzung von DORA

In Krisenlagen und Zeiten zunehmender Cyberkriminalität ist die digitale Betriebsstabilität für Unternehmen enorm wichtig. Künftig müssen Finanzunternehmen und Drittdienstleister von Informations- und Kommunikationstechnologien in ihren…

19.08.2024 | In den Medien

Gastbeitrag bei Springer Professional: Giralgeldtoken will Finanzprozesse der Industrie erleichtern

Der Giraldgeldtoken der Geschäftsbanken soll für die Industrie eine Alternative zum digitalen Euro sein und dabei den Charakter einer Einlage haben. Das könnte eine Win-Win…

16.08.2024 | Dealmeldungen

KPMG Law berät Hagedorn bei Konsortialfinanzierung

KPMG Law hat die Hagedorn Unternehmensgruppe bei Verhandlung und Abschluss einer Finanzierungstransaktion beraten Ein Team um die Frankfurter KPMG-Law-Partnerin und Leiterin der Solution Line Legal…

13.08.2024 | Pressemitteilungen

Whistleblowing – international update

More than one year ago, on May 11th, 2023, the German Bundestag passed the „Act for Better Protection of Whistleblowers (Whistleblower Protection Act – HinSchG)“,…

09.08.2024 | KPMG Law Insights

Mietvertrag in der Insolvenz – diese Rechte haben die Parteien

Nicht umsonst prüfen Vertragsparteien vor Abschluss eines Mietvertrags ganz besonders die Bonität der jeweils anderen Partei. Während die Insolvenz auf Mieterseite ein gefürchtetes Szenario ist,…

Kontakt

Henning Brockhaus

Partner

THE SQUAIRE Am Flughafen
60549 Frankfurt am Main

tel: +49 69 951195061
hbrockhaus@kpmg-law.com

© 2024 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll