Als Teil der Betriebs- und Nebenkosten kann die für eine vermietete Wohn- oder Gewerbeimmobilie erhobene Grundsteuer regelmäßig an Mieterinnen und Mietern weiterberechnet werden. Zum 1. Januar 2025 ist die Grundsteuerreform in Kraft getreten. Die Grundsteuer wird nun auf der Grundlage der neuen gesetzlichen Regeln und neuen Hebesätze der Gemeinden bestimmt werden. Mieterinnen und Mieter werden aller Voraussicht nach die ersten Grundsteuerbescheide, die aufgrund der neuen Regeln ergehen, sehr genau unter die Lupe nehmen, wenn sie ihre Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen für das Kalenderjahr 2025 erhalten. Für Vermieterinnen und Vermieter stellen sich daher schon jetzt eine Reihe von Fragen, die nicht aufgeschoben werden sollten. Zu den für die kaufmännische Objektverwaltung wichtigsten Grundsteuer-Fragestellungen möchten wir im Folgenden Stellung nehmen: Wie genau müssen Vermieterinnen und Vermieter selbst die ihnen zugehenden Grundsteuerbescheide überprüfen, bevor sie die Steuer weiterberechnen, und was passiert, wenn eine Mietpartei Fehler im Steuerbescheid findet?
Ja, jeder Vermieter, der die Grundsteuer weiterberechnet, hat aus dem Mietvertrag gegenüber seinen Mieterinnen und Mietern die vertragliche Nebenpflicht, die Besteuerungsgrundlagen eines Grundsteuerbescheids und dessen Richtigkeit im Übrigen zu überprüfen. Als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots darf jeder Vermietende nur solche Kosten auf die Mietpartei umlegen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind und die er auch bereit wäre, selbst zu tragen, wenn er die Immobilie selbst nutzen würde. Der Vermieter muss daher nicht nur den Steuerbescheid überprüfen, sondern auch etwaige Änderungen im Immobilienbestand dem Finanzamt mitteilen, wenn sie für die Besteuerungsgrundlagen von Bedeutung sind, wie beispielsweise eine geänderte Nutzung der Immobilie. Allein dies stellt Bestandshalter vor große Aufgaben.
Die Prüfungspflicht bezieht sich bereits auf den Grundsteuerwertbescheid, den die Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien in Deutschland in der Regel bereits erhalten haben. Denn der Grundsteuerwertbescheid fungiert nach Ansicht des Bundesfinanzhofs als Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbescheid, der wiederum ein Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid ist. Ist der Grundsteuerwertbescheid bestandskräftig, können Steuerpflichtige nicht mehr gegen die Festsetzung des Grundsteuerwerts vorgehen. Vermietende müssen sich daher mehrfach mit der Grundsteuer für ihre Immobilien befassen: in Bezug auf den korrekten Grundsteuerwert, die richtige Steuermesszahl und schließlich die zutreffende Multiplikation mit dem in der Gemeinde neu geltenden Hebesatz zur Grundsteuerfestsetzung.
Sollte sich herausstellen, dass der Grundsteuerbescheid fehlerhaft und die in der Betriebskostenabrechnung angesetzte Steuer zu hoch ist, haben Mieterinnen und Mieter von Wohn- oder Gewerberäumen einen Anspruch auf Neuabrechnung. Wohnraummieterinnen und -mieter können die Korrektur der Abrechnung allerdings grundsätzlich nur im Rahmen der Frist des § 556 Abs. 3 S. 5 BGB geltend machen, also spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung. Mit Mieterinnen und Mietern von Gewerberäumen wird häufig eine ähnliche Anspruchsausschlussfristregelung vereinbart. Ansonsten gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen unnötiger Kosten kann der Mietpartei im Fall der unrichtigen Weiterberechnung gegen den Vermieter zustehen.
Bei der Wohnraummiete müssen Vermieter die Betriebskostenabrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums ihrer Mietpartei vorlegen. Änderungen der Abrechnung können nach dem Fristablauf grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Grundsteuerbescheid nicht rechtzeitig vor dem Fristablauf erteilt wird oder bei anfänglicher Fehlerhaftigkeit erst noch einmal angepasst werden muss.
Hat der Vermieter hingegen die Grundsteuererklärung zu spät abgegeben oder den Grundsteuerbescheid zu spät geprüft, kann er nach Ablauf der Zwölf-Monats-Frist regelmäßig keine Nachforderungen gegenüber den Mieterinnen und Mietern mehr erheben. Daher ist zu empfehlen, dass Wohnraumvermieter Grundsteuerbescheide jeweils sehr zeitnah nach Eingang prüfen. Dies sollten auch Vermieter von Gewerbeflächen tun, auch wenn für sie die Zwölf-Monats-Frist nur bei mietvertraglicher Vereinbarung unmittelbar gilt. In jedem Falle erscheint empfehlenswert, dass Vermietende schon im Mietvertrag klarstellend darauf hinweisen, dass sie gegebenenfalls Nachforderungen geltend machen werden, wenn ihnen Bescheide ohne eigenes Verschulden erst nach Fristablauf zugehen.
Die Prüfung des Grundsteuerbescheids und der Besteuerungsgrundlagen, des Grundsteuerwerts, der Grundsteuermesszahl und des Hebesatzes sollte auch sehr gründlich erfolgen; eine schnelle Plausibilitätskontrolle reicht nicht aus. Der Mieter oder die Mieterin hat regelmäßig zwölf Monate Zeit, den mit der Betriebskostenabrechnung übermittelten Bescheid auf das Genaueste zu kontrollieren. Nachträgliche Korrekturen und Erstattungszahlungen sind für jeden Vermieter ärgerlich.
Autoren:
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: Jürgen Lindauer
KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH: Dr. Rainer Algermissen, Human Aghel
Partner
Leiter Bau- und Immobilienrecht
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