Suche
Contact
15.03.2021 | KPMG Law Insights

Forderungen gegen vermögenslose Limited Companies nach dem Brexit wieder werthaltig?

Forderungen gegen vermögenslose Limited Companies nach dem Brexit wieder werthaltig?

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 30.12.2020 veröffentlicht (BStBl. I 2021, S. 46 ff), dass die Finanzverwaltung britische Gesellschaften mit Hauptverwaltungssitz in Deutschland ab dem 1.1.2021 nicht mehr anerkennt. Dies entspricht der in Deutschland von der Rechtsprechung traditionell vertretenen Sitztheorie.  Die Sitztheorie wird gegenüber ausländischen Gesellschaften angewendet, sofern diese nicht aufgrund europäischem Recht oder aufgrund staatsvertraglicher Regelungen privilegiert sind.  Nur aufgrund einer solchen Privilegierung werden ausländische Gesellschaften unabhängig vom Ort ihrer Hauptverwaltung ihrem Heimatrecht unterstellt. Das in letzter Minute abgeschlossener Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Vereinigten Königreich vermittelt einen solchen Schutz nach Ansicht des BMF nicht. Das bedeutet, „eine Limited mit Geschäftsleitung in Deutschland (wird)  zivilrechtlich – sofern mehrere Personen an ihr beteiligt sind – als eine der in Deutschland zur Verfügung stehenden Auffangrechtsformen behandelt, das heißt als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Ist nur eine Person an der Gesellschaft beteiligt, tritt zivilrechtlich der bisherige Alleingesellschafter als natürliche oder juristische Person an die Stelle der Limited.“ Zivilrechtlich sind dann „alle Aktiva und Passiva einer Mehr-Personen-Limited der Personengesellschaft, alle Aktiva und Passiva einer Ein-Personen-Limited ihrem bisherigen Alleingesellschafter zuzuordnen.

Für die Gläubiger einer solchen Limited eröffnet sich damit zusätzliche Haftungsmasse. Denn während der Schutz des EU Rechts dazu führte, dass für die Verbindlichkeiten einer solchen Limited nur das Gesellschaftsvermögen haftete, können jetzt auch deren Gesellschafter dafür in Anspruch genommen werden. Denn die Gesellschafter einer OHG oder einer GbR haften bekanntlich unbeschränkt auch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Für den Alleingesellschafter, der Aktiva und Passiva der Limited im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernimmt, gilt dies ohnehin. Forderungen gegen im Wesentlichen vermögenslose britische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland werden durch diese zusätzlichen Schuldner möglicherweise wieder werthaltig. Gerade dort, wo solche Forderungen bisher nicht gerichtlich geltend gemacht wurden, weil es im Falle des Obsiegens kein ausreichendes vollstreckungsfähiges Vermögen gab, wird eine Klage jetzt möglicherweise doch attraktiv.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass dieses Verständnis der Rechtsfolgen des Brexit zwar aktuell herrschend, aber keinesfalls unbestritten ist. Mit Hinweis auf das Europa- und/oder Verfassungsrecht wird vertreten, dass  solchen Gesellschaften jedenfalls noch eine Übergangsfrist eingeräumt werden müsse. Nutzen sie diese Zeit zur Anpassung an die neuen Gegebenheiten, müsse auch für den Übergangszeitraum die Haftungsbeschränkung erhalten bleiben. Da es noch tausende solcher Gesellschaften in Deutschland gibt, wäre der Gesetzgeber gut beraten, durch angemessene gesetzliche Regelungen Rechtssicherheit zu schaffen. Das Schreiben des BMF spricht aber dagegen, dass die Bundesregierung  hier aktiv wird. Es ist daher zu erwarten, dass der Europäische Gerichtshof oder auch des Bundesverfassungsgericht hier irgendwann das letzte Wort in die eine oder andere Richtung spricht. Schon vorher ist das Schreiben des BMF aber jedenfalls für einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich über eine Forderung gut, die u.U. schon lange abgeschrieben war.

Explore #more

22.12.2025 | KPMG Law Insights

Neue EU-Richtlinie verschärft Umweltstrafrecht

Umweltkriminalität wird künftig härter sanktioniert. Die Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt wird in deutsches Recht umgesetzt. Sie sieht neue Straftatbestände und…

19.12.2025 | KPMG Law Insights

Digital Omnibus: Mehr Effizienz statt Deregulierung

Die EU-Kommission möchte die Digitalgesetze entschlacken. Am 19. November 2025 hat sie ihre Vorschläge zum „Digital-Omnibus“ (inklusive separatem AI-Omnibus) vorgelegt. Der Kern des Reformpakets: Die…

18.12.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG beraten die Gesellschafter der Frerk Aggregatebau beim Verkauf an DEUTZ

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Gesellschafter der Frerk Aggregatebau GmbH (Frerk) beim Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile…

17.12.2025 | KPMG Law Insights

KI-gestützte Risikochecks von NDAs und CoCs: So profitieren Rechtsabteilungen

Künstliche Intelligenz kann Rechtsabteilungen vor allem bei Routineaufgaben wie der Prüfung von Geheimhaltungsvereinbarungen (NDAs) oder Verhaltenskodizes (Codes of Conducts, kurz: CoCs) entlasten. Diese Dokumente sind…

16.12.2025 | In den Medien

Interview mit KPMG Law Experten: CSDDD nach dem Omnibus: „Zahnloser Tiger“ oder pragmatische Lösung?

Die Einigung zum Omnibus-I-Paket sorgt für Diskussionen. Unter anderem wurden die Schwellenwerte für die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) deutlich angehoben. Was bedeutet das für Unternehmen? Im Interview…

15.12.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag im Tagesspiegel Background: Was der Digital-Omnibus heute für Unternehmen bedeutet

Die Debatte zum Digital-Omnibus ist gerade erst eröffnet. Unternehmen sollten im laufenden Verfahren ihre Expertise einbringen und ihre internen Grundlagen stärken – also bessere Governance,…

14.12.2025 | In den Medien

KPMG Law Interview in Versicherungsmonitor: Das bedeutet das entschärfte EU-Lieferkettengesetz für die Branche

Nach wochenlangen Debatten wurde jetzt die abgeschwächte Form der CSDDD in Brüssel beschlossen. Damit kommen neue, komplexe rechtliche Unsicherheiten, meint Thomas Uhlig, KPMG Law…

12.12.2025 | KPMG Law Insights

Fokus Offshore: NRW kauft umfangreiche Steuerdaten zu internationalen Steueroasen

Nach aktuellen Presseberichten vom 11. Dezember 2025 hat das Land Nordrhein-Westfalen über das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) einen umfangreichen Datensatz mit steuerlich…

12.12.2025 | KPMG Law Insights

Gesetzliche Änderungen 2026: Neue Pflichten und Entlastungen für Unternehmen

Selten war das neue Jahr für Unternehmen so schwer planbar wie das Jahr 2026. Aktuell stehen in der EU alle Zeichen auf Entlastung der Wirtschaft.…

12.12.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät The Chemours Company bei der Implementierung und dem Abschluss einer großvolumigen Factoring Finanzierung

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH (KPMG Law) hat die US-amerikanische Chemours Company bei der Umsetzung einer grenzüberschreitenden Factoring Finanzierung beraten. Die rechtliche Umsetzung wurde durch…

Kontakt

Dr. Ulrich Thölke

Partner
Leiter Litigation & ADR

Heidestraße 58
10557 Berlin

Tel.: +49 30 530199124
uthoelke@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll