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01.08.2016 | KPMG Law Insights

EuGH-Urteil zu den Folgen einer förmlichen EU-Beihilfenprüfung für Mitgliedsstaaten

Liebe Leserinnen und Leser,

pünktlich zum Weihnachtsfest bzw. zum Jahreswechsel hat die EU-Kommission ihre neue De-Minimis-Verordnung erlassen. Jedoch nicht zur Freude aller: Diejenigen von Ihnen, die auf dem Wunschzettel eine Erhöhung der Beihilfenhöchstgrenze für De-minimis-Beihilfen stehen hatten, dürften nun enttäuscht sein. Es ändert sich zwar einiges, die unbeliebte Höchstgrenze bleibt jedoch bestehen.

Spannendes gibt es auch aus dem Fördermittel- und Vergaberechtsbereich sowie vom EuGH zu berichten. Dieser hat die nationalen Gerichte in die Schranken gewiesen und unmissverständlich klargestellt, dass sie trotz eines in der gleichen Sache noch laufenden Prüfverfahrens vor der EU-Kommission alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, um die Konsequenzen aus einem eventuellen Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung dieser Maßnahme zu ziehen.

Wir wünschen Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2014!

Herzlichst Ihr

Public Sector-Team der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Mathias Oberndörfer Dr. Anke Empting

Rechtsanwalt Rechtsanwältin

Hat die EU-Kommission ein förmliches Prüfverfahren über eine in der Durchführung begriffene und nicht angemeldete EU-Beihilfenmaßnahme eröffnet, muss ein nationales Gericht noch während des Kommissionsverfahrens Anordnungen zur Beseitigung eines möglichen Beihilfenverstoßes treffen. Dies gilt, wenn das nationale Gericht mit einem Konkurrenten-Antrag auf Unterlassung dieser Maßnahme und auf Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen befasst ist.

 In einem vor deutschen Zivilgerichten geführten Rechtsstreit zwischen einer Fluggesellschaft und der Betreiberin eines Flughafens hat der EuGH am 21.November 2013 nach entsprechender Vorlage durch das OLG Koblenz entschieden, dass die mitgliedstaatlichen Gerichte ein EU-beihilfenrechtliches Verfahren nicht ohne Weiteres aussetzen können, bis die EU-Kommission in einem Parallel-Verfahren über die Beihilfe entschieden hat.

 

Mögliches Aussetzen der Beihilfemaßnahme

 Im Gegenteil sind die nationalen Gerichte nach der Rechtsauffassung des EuGH dazu verpflichtet, trotz eines in der gleichen Sache noch laufenden Prüfverfahrens vor der EU-Kommission „alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Konsequenzen aus einem eventuellen Verstoß gegen die Pflicht zur Aussetzung der Durchführung dieser Maßnahme zu ziehen“.

Konkret bedeutet dies: Das nationale Gericht, welches von einem Wettbewerber des potenziellen Beihilfenempfängers mit dem Antrag auf Unterlassung und/oder Rückforderung und Schadenersatz angerufen worden ist, muss im Einzelfall beschließen, dass die Beteiligten der Beihilfenmaßnahme die Durchführung der in Rede stehenden Maßnahme auszusetzen haben. Danach müssen beispielsweise Beihilfen in Form von staatlichen Zuschussgewährungen vorläufig eingestellt und staatliche Sicherheiten dürfen nicht ausgereicht werden.

Im Einzelfall Rückforderung von ausgereichten Beihilfen

In schwerwiegenden Fällen einer (potenziellen) Wettbewerbsbeeinträchtigung müsse das nationale Gericht sogar die Rückforderung von bereits ausgereichten staatlichen Mitteln anordnen. Zudem seien die nationalen Gerichte auch verpflichtet, im Bedarfsfall einstweilige Maßnahmen zu erlassen. Einerseits um die Interessen der an der Beihilfenmaßnahme beteiligten Parteien und andererseits die praktische Wirksamkeit der Eröffnung des förmlichen Beihilfenprüfverfahrens durch die EU-Kommission zu wahren.

Bei Zweifeln an der Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als staatliche Beihilfe kann das nationale Gericht die EU-Kommission um weitere Erläuterungen bitten. Gleiches gilt auch dann, wenn das nationale Gericht Bedenken zu der Gültigkeit oder der Auslegung der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens durch die EU-Kommission hat. In diesen Fällen muss das nationale Gericht dem Gerichtshof die entsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorlegen.

Konsequenzen für die Beihilfenpraxis

Für die EU-beihilfenrechtliche Praxis bedeutet die neue Rechtsprechung des EuGH eine weitere Verschärfung der EU-Beihilfenkontrolle: So droht bei einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung von Beihilfengewährungen neuerdings zeitgleich mit einem förmlichen Prüfverfahren vor der EU-Kommission die Anordnung von Aussetzungs- und Rückforderungsmaßnahmen durch die nationalen Gerichte. Bislang hatten letztere in Beihilfenklageverfahren regelmäßig zunächst das Ergebnis der Kommissionsprüfung abgewartet. Nun sind sie gehalten, bereits während des Kommissionsverfahrens – ggfs. einschneidende – Maßnahmen anzuordnen. Die Beteiligten einer nicht ordnungsgemäßen Beihilfengewährung müssen sich insofern darauf einstellen, zeitlich deutlich früher mit den entsprechenden Konsequenzen konfrontiert zu werden.

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