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04.07.2017 | KPMG Law Insights

Das Schriftformerfordernis bei Änderungen der Miethöhe

Das Schriftformerfordernis bei Änderungen der Miethöhe – Neue Rechtsprechung zum Schriftformerfordernis bei Änderung der Miethöhe in langfristigen Miet- und Pachtverträgen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jüngst in einem Urteil deutlich hervorgehoben, dass die Änderung der Miethöhe stets eine wesentliche und damit bei langfristigen Verträgen dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung darstellt (Urteil vom 25. November 2015, XII ZR 114/14). Heißt dies, dass jede Änderung der Miethöhe einschließlich Änderungen aufgrund einer Wertsiche-rungsklausel oder einer Staffelmietvereinbarung in einem Nachtrag zum Mietvertrag zu dokumentieren ist, um dem Schriftformerfordernis zu genügen?

Das Schriftformerfordernis

Nach deutschem Recht unterliegen Mietverträge mit einer Festlaufzeit von mehr als einem Jahr dem Schriftformerfordernis gemäß den §§ 550, 126 BGB. Demnach müssen die wesentlichen Elemente des Mietvertrags (wie z.B. Vertragsparteien, Mietgegenstand, Miete, Laufzeit) schriftlich festgehalten werden. Hintergrund ist, dass ein Käufer des Grundstücks, auf dem das Mietobjekt belegen ist, kraft Gesetzes in den Mietvertrag eintritt und die aus dem Mietvertrag entstehenden Rechte und Pflichten übernimmt (Grundsatz “Kauf bricht nicht Miete” – § 566 Abs. 1 BGB).

Das Urteil

In seinem Urteil vom 25. November 2015 hat der BGH deutlich zu der bis-lang nicht höchstrichterlich geklärten Frage Stellung genommen, ob eine nachträgliche Änderung der Miete stets und unabhängig von ihrer Höhe wesentlich ist oder ob es zusätzlich der Überschreitung einer Erheblichkeitsschwelle bedarf, damit diese Mietvertragsänderung in einem gesonderten Nachtrag festzuhalten ist. Nach Auffassung des BGH ist eine dauerhafte Änderung der Miethöhe immer vertragswesentlich und daher stets nach § 550 BGB schrift-lich zu vereinbaren. Als Ausnahmen er-wähnt der BGH nur Fälle, in denen Änderung der Miethöhe für nicht mehr als ein Jahr erfolgt oder jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann.
Als Begründung führt der BGH an, dass es sich bei der Miete nicht nur um einen per se vertragswesentlichen Punkt handele, der für durch die §§ 550, 126 BGB geschützten potentiellen Grundstückserwerber von besonderem Interesse ist, sondern dass sich Änderungen der Miete unmittelbar auf die Möglichkeit des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges des Mieters auswirken können. Die Nichtzahlung eines vergleichsweise geringfügigen Erhöhungsbetrages kann sich zum Einen bei einem langfristigen Mietvertrag auf-summieren und gegebenenfalls zu einem für eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b) BGB ausrei-chenden Rückstand führen. Zum Anderen kann der Verzug mit einem nur ge-ringfügigen Erhöhungsbetrag im Zusammenspiel mit anderen Zahlungsrückstanden des Mieters dazu führen, dass „das Faß überläuft“ und ein wichtiger Grund für eine Kündigung i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB zu bejahen ist.
Vor dem Hintergrund der vorgenannten Begründung sah der BGH auch eine Mieterhöhung um 20,00 € pro Monat als eine dem Formzwang der §§ 550, 126 BGB unterfallende Vertragsänderung an und wies insoweit die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts zurück (OLG Stuttgart, Urteil vom 22. September 2014).

Nachträge bei Mieterhöhungen aufgrund Indexanpassungen oder Staffelmietvereinbarungen?

Bedeutet dies nun, dass auch bei Mieterhöhungen wegen Indexanpassungen und aufgrund von Staffelmietvereinbarungen stets ein Nachtrag zum Mietvertrag zu schließen ist, um dem Schriftformerfordernis der §§ 550, 126 BGB Genüge zu tun? Hierzu hat der BGH in einer anderen Entscheidung Stellung genommen. In einem Urteil vom 5. Februar 2014 (XIII ZR 65/13) äußerte das Gericht, dass eine auf eine mietvertragliche Wertsicherungsklausel gestützte Mieterhöhung nicht die Schriftform der §§ 550, 126 BGB zu wahren braucht. Zur Begründung verwies der BGH da-rauf, dass bei einer automatischen Mietanpassung zu einem bestimmten Datum die entsprechende vertragliche Vereinbarung zur Mieterhöhung bereits im ursprünglichen Mietvertrag enthalten sei. Sofern der Mietvertrag ansonsten dem Schriftformerfordernis genüge, bedürfe es dann keines Nachtrages, um die aufgrund der Indexklausel eingetretene Mieterhöhung zu dokumentieren. Dies gelte selbst dann, wenn die Indexklausel eine schriftliche Mitteilung des Vermieters an den Mieter über die Mietänderung vorsehe, falls diese Mitteilung nur deklaratorischen Charakter habe – und nicht etwa für Grund und Höhe der Mietänderung ausschlaggebend sei. Die Frage, ob tatsächlich eine „Änderungsautomatik“ vereinbart wurde, muss folglich jeweils geprüft wer-den, wenn es als Folge von Indexänderungen zu Mieterhöhungen oder Mietreduzierungen gekommen ist und die Schriftformgerechtigkeit eines lang laufenden Miet- oder Pachtverhältnisses untersucht werden soll, wie beispielsweise in einer Ankaufs-Due Diligence.
Dieselben Grundsätze lassen sich auf Staffelmietvereinbarungen übertragen: Eine Mieterhöhung aufgrund einer Staffelmietvereinbarung bedarf dann keines Nachtrages, um dem Schriftformerfordernis der §§ 550,126 BGB zu genügen, wenn die Vereinbarung betreffend die Staffelmiete im ursprünglichen Mietvertrag enthalten ist und die Erhöhung automatisch zu einem bestimmten Stich-tag erfolgt. Der ursprüngliche Mietvertrag muss hierbei dem Schriftformerfordernis genügen.
Wir halten Sie über die weitere Rechtsprechungsentwicklung zu dem – noch immer spannenden – Thema Schriftformerfordernis in langfristigen Miet- und Pachtverträgen unterrichtet. Bitte zögern Sie nicht, uns bei Fragen anzusprechen.

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