Suche
Contact
Symbolbild zu Koalitionsvertrag Arbeitsrecht: Arbeitnehmerin am Schreibtisch
10.04.2025 | KPMG Law Insights

Arbeitsrecht im Fokus – das sieht der Koalitionsvertrag 2025 vor

Union und SPD haben sich am 9. April 2025 auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der übergeordnete Titel des Papiers lautet „Verantwortung für Deutschland“. Auf 146 Seiten stellen CSU/CDU und SPD die relevanten Themen für die nächste Legislaturperiode fest.

Gerade für das Arbeitsrecht sind vielfältige Themen vorgesehen – ein Überblick:

Mindestlohn

Die Koalitionsparteien „stehen zum gesetzlichen Mindestlohn“. Wie erwartet soll der Mindestlohn auch weiterhin von einer unabhängigen Mindestlohnkommission festgelegt werden. Diese soll sich im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“. Union und SPD verweisen zwar auf die Mindestlohnkommission, geben aber trotzdem eine konkrete Empfehlung ab. Gerade für Unternehmen im Niedriglohnbereich wird diese Erhöhung durchaus eine Herausforderung. Es bleibt abzuwarten, ob die Erhöhung des Mindestlohns nicht dem großen Ziel Wirtschaftswachstum entgegensteht.

Tarifbindung

Union und SPD streben eine höhere Tarifbindung an und greifen dabei die Gesetzesinitiative zum Bundestariftreuegesetz auf. Nach dem Gesetzentwurf dürfen öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einhalten und ihren Beschäftigten Löhne in Höhe des üblichen Branchentarifs bezahlen. Laut Koalitionsvertrag soll das Bundestariftreuegesetz für Vergaben auf Bundesebene ab 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro gelten.

Revolution der wöchentlichen Arbeitszeit

Union und SPD möchten flexiblere Arbeitszeitmodelle ermöglichen. Insbesondere soll eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit gelten, wie es die Arbeitszeitrichtlinie der EU vorsieht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen wären dadurch freier in der Aufteilung der wöchentlichen Arbeitszeit. Ruhezeiten sind allerdings nach wie vor zu beachten. Die elektronische Erfassung von Arbeitszeiten soll unbürokratisch erfolgen und dabei für kleine und mittlere Unternehmen angemessene Übergangsregeln vorsehen. Die Vertrauensarbeitszeit soll auch ohne Zeiterfassung im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie möglich sein.

Steuerliche Anreize für mehr Arbeit

Die Koalitionsparteien geben Vorteile auch in Form steuerlicher Anreize weiter. Zum einen sollen Zuschläge für Mehrarbeit steuerfrei sein, wenn sie über die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten hinausgehen. Der Maßstab für Vollzeitarbeit bei tariflich festgelegter Wochenarbeitszeit liegt dabei bei mindestens 34 Stunden und bei nicht tariflich festgelegten Arbeitszeiten bei 40 Stunden. Zum anderen dürfen Teilzeitbeschäftigte mit einer steuerlich begünstigten Prämie zu einer Ausweitung der Arbeitszeit gelockt werden. Außerdem sollen Beschäftigte auch nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters Anreize zur Arbeit haben. Wer dann freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten. Die Weiterarbeit beim selben Arbeitgeber soll dabei auch befristet möglich sein; das Vorbeschäftigungsverbot im Rahmen der sachgrundlosen Befristung wird dafür aufgehoben werden. Schließlich soll die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize für Mitglieder attraktiver gemacht werden.

Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland

Für mehr Fachkräfte sollen auch erleichternde Maßnahmen bei der Einwanderungspolitik sorgen. So soll die Einwanderung ausländischer Fachkräfte durch den Abbau von Bürokratie und die Beschleunigung der Digitalisierung erleichtert werden. Berufsqualifikationen aus dem Ausland sollen schneller anerkannt werden können. Hierfür soll eine digitale Agentur für Fachkräfteeinwanderung – „Work-and-stay-Agentur“ – eingerichtet werden.

Die Registrierung im Rahmen der EU-Entsenderichtlinie

Die bei einigen Dienstreisen und Entsendungen erforderliche Registrierung nach der EU-Entsenderichtlinie soll durch die Reform der eDeclaration technisch erleichtert und mit der A1-Bescheinigung gebündelt werden. Beide Maßnahmen würden den Verwaltungsaufwand bei Unter-nehmen erheblich reduzieren und werden von den jeweiligen Global-Mobility-Verantwortlichen sicher begrüßt.

Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie

Bereits unter der letzten Regierung wurde der Gesetzesentwurf im Rahmen der Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie sehnsüchtig erwartet. Ziel der Richtlinie ist die Bekämpfung der Lohndiskriminierung und eines etwaigen geschlechtsspezifischen Lohngefälles. Diese Ziel verfolgen auch die Koalitionsparteien, nämlich „gleichen Lohn für gleiche Arbeit für Frauen und Männer bis 2030″. Eine entsprechende Kommission soll nun Vorschläge zur Umsetzung bis Ende 2025 vorlegen. Dies wird auch höchste Zeit, da die Richtlinie bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Unternehmen haben dann nicht mehr viel Zeit zur Vorbereitung und sollten sich mit den Hauptpunkten der Richtlinie jetzt schon auseinandersetzen.

AGG-Reform

Laut den Koalitionsparteien sind Benachteiligungen und Diskriminierungen Gift für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Daher soll der Diskriminierungsschutz gestärkt und verbessert werden.

Digitalisierung

Die Koalitionspartner möchten auch in der Arbeitswelt die Digitalisierung vorantreiben. Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen sollen als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten ermöglicht werden. Auch die Option, digitale Betriebsratswahlen durchzuführen, soll im Betriebsverfassungsgesetz verankert werden. Gewerkschaften sollen zukünftig einen digitalen Zugang erhalten, der ihren analogen Rechten entspricht.

Sonstiges

CSU/CDU und SPD haben sich außerdem auf einige Maßnahmen zur Entbürokratisierung geeinigt. Ein Beispiel ist der Abbau von Schriftformerfordernissen, zum Beispiel bei Befristungen. Die Koalitionäre möchten auch den Arbeitsschutz verbessern, insbesondere für besonders belastete Berufsgruppen wie Berufskraftfahrer, und die Prävention psychischer Erkrankungen stärken. Die Zahl der gesetzlichen Betriebsbeauftragten soll ferner reduziert werden. Die betriebliche Altersversorgung (bAV) soll attraktiver werden, auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und bei Geringverdienern. Dafür soll die bAV vereinfacht und entbürokratisiert werden. Außerdem möchten die Koalitionspartner die Portabilität der bAV bei einem Arbeitgeberwechsel erhöhen.

Die Pläne im Koalitionsvertrag für das Arbeitsrecht sollten schnell umgesetzt werden

Beide Koalitionsparteien konnten im Rahmen der Verhandlungen Siege für sich verbuchen und jeweils wichtige Themen in den Koalitionsvertrag verankern. Ziel sollte jetzt eine schnelle Regierungsbildung sein, damit die vorgestellten Themen auch zeitnah umgesetzt werden können.

 

Explore #more

12.06.2025 | KPMG Law Insights

Vom KI-Tool zum KI-Framework – ein Werkstattbericht

Es fing mit ein paar Fragen zu Microsoft Copilot an – und endete mit einem unternehmensweiten KI-Framework. Wir durften das Unternehmen, ein global aufgestelltes Beratungshaus,…

12.06.2025 | Pressemitteilungen

Handelsblatt und Best Lawyers zeichnet KPMG Law Expert:innen aus

Best Lawyers hat erneut exklusiv für das Handelsblatt die besten Wirtschaftsanwältinnen und -anwälte Deutschlands für das Jahr 2025 ermittelt. Insgesamt wurden 33  Anwältinnen und Anwälte…

11.06.2025 | In den Medien

KPMG Law Statement in der Technik&Einkauf: Weiße Mäuse in der Blackbox

Künstliche Intelligenz (KI) kann den Einkauf revolutionieren. Zuvor müssen Akteure allerdings ihre analogen Fähigkeiten bemühen. Ein zielgerichtetes und strukturiertes Vorgehen erhöht die Erfolgsaussichten des Vorhabens…

11.06.2025 | KPMG Law Insights

Omnibus IV bringt einige Vereinfachungen, vor allem im Produktrecht

Die EU-Kommission hat am 21. Mai 2025 das vierte Omnibus-Paket vorgeschlagen. Omnibus IV enthält Vereinfachungen in Bezug auf zahlreiche produktrechtliche Anforderungen und für KMU…

06.06.2025 | KPMG Law Insights

Mitarbeiterentsendung in die USA: Das ist bei der US-Immigration zu beachten

Die Verschärfungen bei der US-Immigration führen weltweit zu Verunsicherung. Insbesondere die Kontrollen bei der Einreise in die USA sind seit dem Antritt der neuen US-Regierung

06.06.2025 | Unkategorisiert

KPMG Law berät den Mehrheitsgesellschafter der Heimkreiter GmbH beim Verkauf an PreZero

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) hat den Mehrheitsgesellschafter der Heimkreiter GmbH bei der Veräußerung seiner Gesellschaftsbeteiligung an die PreZero Dritte Verwaltungs GmbH rechtlich…

02.06.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG beraten Diehl Defence bei der Übernahme von e.sigma

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Diehl Defence GmbH & Co. KG (Diehl Defence) bei dem…

27.05.2025 | KPMG Law Insights

Handy-Kontrollen bei der Einreise in die USA: So verhalten Sie sich richtig

Keyfacts: US-Einwanderungsbeamte überwachen öffentliche Social-Media-Daten und Reisende sollten bereit sein, Details zu ihren persönlichen Social-Media-Konten zu teilen. Alle Reisenden in die USA können an der…

14.05.2025 | KPMG Law Insights

BGH zu Kundenanlagen: Beschluss ordnet richtlinienkonforme Anwendung an

Mit Beschluss vom 13. Mai 2025 hat der BGH die Versorgunginfrastruktur im konkreten Fall einer Wohnanlage in Zwickau als Verteilernetz eingestuft und damit die Beschwerde…

Kontakt

Kathrin Brügger

Partner

Friedenstraße 10
81671 München

Tel.: +49 89 5997606 1200
kbruegger@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll