Das Bundeskabinett hat am 11. Januar 2017 das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (Entgelttransparenzgesetz – EntgTranspG) beschlossen. Das Gesetz sieht für Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten eine Auskunftspflicht sowie für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern eine Berichtspflicht über Gleichheit und Entgeltgleichheit vor. Außerdem sind letztere dazu aufgefordert mit Hilfe betrieblicher Prüfverfahren ihre Entgeltregelungen und verschiedene Entgeltbestandteile regelmäßig zu überprüfen.
Der Gesetzesentwurf setzt die Empfehlung der EU-Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch mehr Transparenz um, wonach die Mitgliedstaaten mehr Transparenz über betriebliche Entgeltstrukturen und die Maßstäbe der Arbeitsbewertung fördern sollen, um Entgeltdiskriminierung effektiv zu beseitigen und zu verhindern. Das Gesetz soll das Gebot des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchsetzen. Nach den letzten vom Statistischen Bundesamt erhobenen Daten beträgt die statistische Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern derzeit ca. 21 Prozent, die „bereinigte“ Entgeltlücke immer noch 7 Prozent. Das EntgTranspG soll den bestehenden Rechtsrahmen für eine Durchsetzung von Entgeltgleichheit verbessern. Der Regierungsentwurf wurde am 10. Februar 2017 im Bundesrat ohne Einwendungen behandelt und wird nun an den Bundestag weitergeleitet. Das EntgTranspG soll noch in 2017 in Kraft treten.
Das EntgTranspG inkludiert folgende wesentliche Punkte:
(1) Definition wesentlicher Grundsätze und Begriffe, insbesondere das gesetzliche Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts – Vereinbarungen, die dagegen verstoßen sind unwirksam;
(2) Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs für alle Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten unter Stärkung des Betriebsrates
bei der Wahrnehmung des Auskunftsanspruchs;
(3) Aufforderung an private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten betriebliche Verfahren zur Überprüfung
und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen sowie
(4) Einführung einer Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern für Unternehmen
mit in der Regel mindestens 500 Beschäftigten, die nach dem HGB lageberichtspflichtig sind.
Bezüglich des individuellen Auskunftsanspruchs ist der Arbeitgeber bzw. bei Tarifbindung oder -anwendung der Betriebsrat dazu verpflichtet, auf schriftliche Anfrage über die betrieblichen Kriterien und Verfahren zur Festsetzung des Entgelts zu informieren. Weiterhin haben die Beschäftigten das Recht zu erfahren, wie sie mit diesem Entgelt im Verhältnis zu vergleichbaren Tätigkeiten stehen. Den Auskunftsanspruch kann der Beschäftigte grundsätzlich alle zwei Jahre geltend machen, zum ersten Mal sechs Kalendermonate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Unterlässt der Arbeitgeber die Erfüllung dieser Auskunftspflicht, trägt er in einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Beweislast, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebots vorliegt. Da sich die Auskunftsverpflichtung nicht nur auf die Kriterien und das Verfahren der Entgeltfindung erstreckt, sondern auch auf das Vergleichsentgelt, sollten die Unternehmen frühzeitig Strategien entwickeln, insbesondere zu den folgenden Punkten:
(1) Form und konkrete Ermittlung der Datenbasis für die Auskunft unter Beachtung der Datenschutzregelungen;
(2) Festlegung der internen Zuständigkeiten für derartige Anfragen;
(3) Ausarbeitung einer internen Kommunikationsstrategie, um Mitarbeiter über die Ansprechpartner, den Auskunftsprozess und die Haltung des Unternehmens zur Förderung der Entgeltgleichheit zu informieren.
Bezüglich der Einführung eines betrieblichen Prüfverfahrens, das die Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile sowie deren Anwendung regelmäßig auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots überprüfen soll, verwendet der Gesetzgeber den Wortlaut „sind aufgefordert“. Dies könnte zunächst so verstanden werden, dass de facto keine Konsequenzen aus der Nichteinhaltung des Gesetzes zu erwarten wären. Allerdings werden gerade größere Unternehmen Prüfverfahren benötigen, um die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots darlegen zu können. Zudem signalisiert die Einführung von Prüfverfahren, dass sich das Unternehmen für eine faire Entgeltstruktur stark macht, was ein entscheidender Faktor im Konkurrenzkampf um Fachkräfte sein kann. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei in der Wahl des Prüf- und Bewertungssystems, solange er „solide statistische Methoden“ verwendet. Der Betriebsrat ist über die Planung des Verfahrens unter Vorlage erforderlicher Unterlagen zu unterrichten. Die Beschäftigten sind über die Ergebnisse zu informieren. Auch hier sollten die Unternehmen frühzeitig ein Konzept mit folgenden vier Eckparametern entwickeln:
(1) Ausgestaltung des Prüfverfahrens (Analyse- und Auswertungsmethodik);
(2) Bereitstellung der Personaldaten unter Beachtung des Datenschutzes;
(3) Einbeziehung des Betriebsrats;
(4) Kommunikationsstrategie gegenüber den Beschäftigten.
Was die Berichtspflicht betrifft, müssen die Unternehmen regelmäßig (tarifgebundene oder tarifanwendende Arbeitgeber alle fünf Jahre, alle anderen Arbeitgeber alle drei Jahre) über ihre Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Entgeltgleichheit in der Anlage zum Lagebericht berichten. Diese Offenlegungspflicht wird ergänzt durch nach Geschlecht aufgeschlüsselte Angaben zu Beschäftigung und Entgelten. Der Bericht ist erstmals im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erstellen, also voraussichtlich in 2018. Da die Berichtspflicht mit der Erstellung und Offenlegung des Lageberichts einhergeht, ist eine enge Abstimmung zwischen der Berichtsabteilung und der Personalabteilung sowie mit den Abschlussprüfern unabdingbar. Unternehmen müssen darauf achten, dass die Angaben im Einklang mit der grundsätzlichen Kommunikationsstrategie und den tatsächlich umgesetzten Maßnahmen stehen. Die Unterlassung der Berichterstattung könnte Auswirkungen auf die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks haben, wie es bei der Erklärung zur Unternehmensführung nach § 289a HGB der Fall ist.
Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzentwurf in dieser Form abschließend umgesetzt wird. Betroffene Unternehmen sollten spätestens ab dem Inkrafttreten des Gesetzes ein Umsetzungskonzept entwickeln und möglichst Anfang 2018 umsetzen. Unternehmen sollten sich dabei darüber klar sein, dass eine unterlassene oder fehlerhafte Auskunft und Berichterstattung rechtliche Konsequenzen haben, insbesondere bei Verstößen gegen das Datenschutzgesetz oder das HGB, vor allem aber das Unternehmensbild nachhaltig beeinträchtigen kann. Eine frühe Auseinandersetzung mit den Regelungen des EntgTranspG und eine einhergehende Festlegung von Verantwortlichkeiten für die Umsetzung geforderter Implikationen sind daher sinnvoll. Bei Fragen zur adäquaten Konzeptionierung und Implementierung der Prozesse nach Maßgabe der Anforderungen des EntgTranspG unterstützen wir gerne – sprechen Sie uns an!
Die Beratung zur Identifikation von Risiken und Implementierung sicherer Prozesse erfolgt mit Unterstützung durch das Governance & Assurance Team von KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
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