Suche
Contact
29.06.2021 | KPMG Law Insights

Zulässigkeit von Tätowierungen im Beamtenrecht

Zulässigkeit von Tätowierungen im Beamtenrecht

Für viele Personen sind Tätowierungen Ausdruck ihrer persönlichen Erfahrungen und ihrer Persönlichkeit. Häufig zieren die bunten Motive auch nur als modisches Accessoire den Körper ihres Trägers. Aus einer Umfrage aus dem Jahr 2019 geht hervor, dass jede fünfte Person in Deutschland tätowiert ist. Insbesondere unter jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren finden Tattoos immer größeren Anklang. Jedoch können vor allem großflächige Tätowierungen, die als Körperschmuck oft ungerne versteckt werden bei der Jobsuche hinderlich sein, da viele Menschen und insbesondere auch Arbeitgeber Tattoos kritisch gegenüberstehen.

So können auch im Beamtenrecht sichtbare Tätowierungen ein Problem darstellen. Vor dem Hintergrund der Neutralitätspflicht und der Repräsentationsfunktion von Beamten und Beamtinnen mussten sich deutsche Gerichte schon häufig mit der Frage beschäftigen, ob und inwieweit Tattoos bei Beamtinnen und Beamten erlaubt sind. Zum Beispiel war es nicht hinderlich für die Einstellung eines Polizisten, dass er einen großen Löwenkopf mit gefletschten Zähnen auf der Brust tätowiert hatte. In einem anderen Fall wurde es einem Polizisten verboten, sich als Erinnerung an seine Flitterwochen auf Hawaii den Schriftzug „Aloha“ auf den Unterarm tätowieren zu lassen. Oft wurde bei den gerichtlichen Entscheidungen darauf abgestellt, ob die Tätowierungen bei dem Tragen der Sommeruniform sichtbar sind oder unter der Dienstkleidung verschwinden.

Ein generelles Verbot für Tätowierungen für Beamten und Beamtinnen gibt es allerdings nicht. Im Bund und in einigen Ländern wurde das Erscheinungsbild von Beamten und Beamtinnen bisher in Verwaltungsvorschriften oder Runderlassen geregelt, die sich auf die Befugnis zur Regelung der Dienstkleidung stützen. Für Bundesbeamte wurde ein solches Tätowierungsverbot auf § 74 BBG gestützt. § 74 BBG regelt, dass der Bundespräsident oder eine von ihm bestimmte Stelle Bestimmungen über die Dienstkleidung, die bei Wahrnehmung des Amtes üblich oder erforderlich ist, trifft.

Das Bundesverfassungsgericht beanstandete in einer Entscheidung, dass diese Runderlasse und Verwaltungsvorschriften keine ausreichenden Ermächtigungsgrundlagen für ein Tätowierungsverbot darstellen, da durch ein solches Verbot in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beamten und Beamtinnen aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen wird. Auch stelle ein solches Verbot einen Eingriff in die private Lebensführung der Beamten und Beamtinnen dar.

Aufgrund dessen hat der Bundestag die Neufassung des § 61 Abs. 2 BBG und des § 34 Abs. 2 BeamtStG beschlossen. Inhaltlich sind die § 61 Abs. 2 BBG und § 34 Abs. 2 BeamtStG wortgleich. Sie regeln, dass das sichtbare Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden kann. Eine solche Einschränkung oder Untersagung ist dann möglich, wenn es die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten erfordert. Das wird insbesondere dann angenommen, wenn die Tätowierung über das übliche Maß hinausgeht und dadurch die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund gedrängt wird.

Mit der Gesetzesänderung können jedoch nicht nur Tattoos, Piercings und andere Arten von Körperschmuck im öffentlichen Dienst verboten werden, sondern auch religiös und weltanschaulich konnotierte Merkmale, wie zum Beispiel das Kopftuch oder die Kippa. Jedoch ist ein solches Verbot nur dann möglich, wenn diese Merkmale oder Symbole objektiv dazu geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtinnen und Beamten zu beeinträchtigen.

Durch die Neufassung der Vorschriften werden Ermächtigungsgrundlagen zur Regelung des Erscheinungsbildes von Beamtinnen und Beamten geschaffen. Auch wird das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch die Neuregelung dazu ermächtigt, Einzelheiten zum äußeren Erscheinungsbild durch Rechtsverordnungen zu regeln.

Des Weiteren wird sowohl in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BBG als auch in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG aufgenommen, dass jemand dann nicht in das Beamtenverhältnis berufen werden darf, der unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit der Erfüllung der Pflichten nach § 61 Abs. 2 BBG nicht vereinbar sind.

Durch die Zustimmung des Bundesrats wurde damit eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, die es dem Dienstherrn ermöglicht Tätowierungen und anderen Körperschmuck zu verbieten und dadurch das äußere Erscheinungsbild von Beamten und Beamtinnen zu regeln. Wie dies in der Praxis umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Explore #more

06.11.2025 | KPMG Law Insights

Fremdpersonal: Behörden verschärfen Prüfung mit KI-Unterstützung

KI ist für viele Unternehmen ein Segen, sie kann aber auch schnell zum Fluch werden, gerade dann, wenn Behörden die Technik nutzen, um Rechtsverstöße von…

06.11.2025 | KPMG Law Insights

Entwaldungsverordnung – Vereinfachung statt Verschiebung?

Im September wollte die EU-Kommission die Entwaldungsverordnung EUDR noch verschieben. Am 21. Oktober 2025 hat sie einen umfassenden Vorschlag für eine Vereinfachung der EUDR veröffentlicht.…

05.11.2025 | KPMG Law Insights

Employer of Record nun doch nicht erlaubnispflichtig – Sinneswandel bei der BA

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat am 1. Oktober 2025 ihre fachlichen Weisungen aktualisiert und im Hinblick auf das sogenannte Employer-of-Record-Modell eine Kehrtwende vollzogen: Die…

03.11.2025 | KPMG Law Insights

CO₂-Differenzverträge: Teilnahme am Vorverfahren ist Voraussetzung für Förderung

Bis zum 1. Dezember 2025 können sich Unternehmen im Vorverfahren für das Programm Klimaschutzverträge um Fördermittel bemühen. Die Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie…

29.10.2025 | KPMG Law Insights

Fondsrisikobegrenzungsgesetz und Standortfördergesetz schaffen neue Spielräume für Infrastrukturfonds

Da das Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes in Höhe von 500 Milliarden Euro voraussichtlich nicht ausreichen wird, um Deutschlands Straßen, Netze und die Energiewende zu finanzieren, setzt…

29.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät Vorstand der Nürnberger Beteiligungs-AG beim Verkauf an Vienna Insurance Group

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft (KPMG Law) hat den Vorstand der Nürnberger Beteiligungs-AG während des gesamten öffentlichen Übernahmeprozesses durch die Vienna Insurance Group (VIG) durchgehend rechtlich…

29.10.2025 | KPMG Law Insights

BAG zum Paarvergleich: Wie Arbeitgeber mit Gehaltsunterschieden umgehen sollten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine weitere richtungsweisende Entscheidung zur Entgeltgleichheit gefällt. Mit Urteil vom 23. Oktober 2025 (Az 8 AZR 300/24) hat es den Anspruch…

23.10.2025 | KPMG Law Insights

Was die FAQs der Bundesnetzagentur für Speicherbetreiber bedeuten

Die Bundesnetzagentur hat am 17. Oktober 2025 FAQs zur regulatorischen Behandlung von stationären Batteriespeichersystemen („BESS“) veröffentlicht. Die FAQs sind eine Orientierungshilfe für Speicherbetreiber, da der…

23.10.2025 | KPMG Law Insights

Das bedeutet der „Bau-Turbo“ für Kommunen und Bauaufsichtsbehörden

Der Bundestag hat den „Bau-Turbo“ beschlossen und Kommunen können bestimmte Bauprojekte jetzt deutlich beschleunigen. Nach dem am 9. Oktober 2025 beschlossenen Gesetz zur Beschleunigung des

22.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag in Das Investment: Private Debt für die Masse: Wie das FRBG den Fondsmarkt umkrempelt

Paradigmenwechsel am Fondsmarkt: Das neue FRBG macht Private Debt retail-fähig und schafft Bürgerbeteiligungsfonds. Welche strategischen Chancen sich jetzt für die Branche ergeben beantwortet KPMG Law…

Kontakt

Privat: Kristina Knauber

Senior Manager

Luise-Straus-Ernst-Straße 2
50679 Köln

Tel.: +49 221 271 689 1498
kknauber@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll