Nicht selten verkennen Ehegatten, dass Schenkungen untereinander schenkungsteuerpflichtig sein können. Nicht auf den ersten Blick erkennbar ist beispielsweise die mögliche Schenkungsteuerpflicht von Einzahlungen auf ein Gemeinschaftskonto, der Übernahme von Darlehens- oder Versicherungsraten oder der Zahlung von Steuern durch einen der Ehegatten. In vielen Fällen sind Schenkungen allerdings aufgrund des persönlichen Freibetrags (500.000 Euro für alle Schenkungen innerhalb von zehn Jahren) oder der Steuerbefreiungen (z.B. für ein Familienheim) steuerfrei.
Zeigen die Ehegatten eine steuerpflichtige Schenkung gegenüber dem Finanzamt nicht innerhalb von drei Monaten an, droht bei Entdeckung eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung. Dann müssen zusätzlich zur Schenkungsteuer auch Hinterziehungszinsen gezahlt werden.
Eine Flucht in die steuerliche Verjährung durch bloßes Abwarten ist kaum möglich, da die Festsetzungsverjährung erst dann zu laufen beginnt, wenn das Finanzamt von der Schenkung erfahren hat oder der Schenker gestorben ist. Bei einem Zinssatz von 6 % pro Jahr können die Hinterziehungszinsen einen erheblichen Betrag erreichen und die geschuldete Schenkungsteuer sogar übersteigen.
Güterstandsschaukel
Eine Möglichkeit, „missglückte“, da steuerpflichtige, Schenkungen zu „reparieren“, bietet die sog. Güterstandsschaukel, die grundsätzlich wie folgt gestaltet ist: Das Ehepaar hebt per Ehevertrag die Zugewinngemeinschaft auf. Dadurch erhält der Ehegatte mit dem geringeren Vermögenszuwachs einen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Ausgleich des Zugewinns. Dieser Ausgleichsanspruch ist nicht steuerbar. Alle erfolgten Zuwendungen an den Ehegatten mit dem geringeren Vermögenszuwachs können auf diesen Ausgleichsanspruch angerechnet werden und sind damit ebenfalls nicht steuerbar. Die Ehegatten können sodann wieder in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft wechseln („Schaukel“).
Unstreitig erlischt rückwirkend der Schenkungsteueranspruch. Gerichtlich nicht entschieden war bislang, ob mit dem rückwirkenden Wegfall der Schenkungsteuer auch die Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung und die Pflicht zur Zahlung von Hinterziehungszinsen entfallen.
Das Urteil des FG Hessen v. 7.5.2018, 10 K 477/17
Beides lehnt das FG Hessen in seinem Urteil vom 7.5.2018 ab: Zwar erlischt die Schenkungsteuer im Rahmen des Zugewinnausgleichs mit Wirkung für die Vergangenheit, das beseitige jedoch weder die verwirklichte Steuerhinterziehung noch die entstandenen Hinterziehungszinsen.
Dem Urteil lag – verkürzt – folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2000 hat der Ehemann der Ehefrau eine Bargeldsumme von 1.800.000 Euro geschenkt. Die Schenkung wurde dem Finanzamt nicht angezeigt. Im Jahr 2014 hoben die Eheleute den Güterstand der Zugewinngemeinschaft auf und rechneten die Schenkung auf die Ausgleichsforderung an. Nach Aufdeckung des Sachverhalts aus dem Jahr 2000 im Jahr 2015 setzte das Finanzamt Hinterziehungszinsen für 147 Monate in Höhe von 213.334 Euro fest (die erloschene Schenkungsteuer hätte 290.250 Euro betragen).
Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen
Nach Auffassung des FG Hessen haben die Ehegatten mit bedingtem Vorsatz eine Steuerhinterziehung
durch Unterlassen begangen: Da sie die Schenkung nicht angezeigt hätten, sei die Schenkungsteuer nicht rechtzeitig festgesetzt worden. Die Steuerhinterziehung sei bereits in dem Zeitpunkt vollendet gewesen, in dem das Finanzamt einen hypothetischen Schenkungsteuerbescheid bekannt gegeben hätte, wenn die Zuwendung rechtzeitig angezeigt worden wäre. Das Erlöschen des Schenkungsteueranspruchs mit Wirkung für die Vergangenheit lasse die Steuerhinterziehung nicht entfallen.
Die Begründung des Gerichts überzeugt nicht: Entscheidend für den Eintritt des Verkürzungserfolgs ist, ob die materiell geschuldete Steuer rechtzeitig fest-gesetzt worden ist oder nicht. Aufgrund der Rückwirkung hat hier ein materieller Steueranspruch tatsächlich nie bestanden. Auch nach der Rechtsprechung des BGH, der als Strafgericht – anders als das FG – letztlich für die strafrechtliche Beurteilung zuständig ist, kann eine Änderung des Sachverhalts mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit den eingetretenen Verkürzungserfolg beseitigen.
Hinterziehungszinsen
Im Ausgangspunkt geht das FG Hessen zutreffend davon aus, dass Hinterziehungszinsen von dem materiellen Steueranspruch abhängen, weil sie dem Zweck dienen, den Zinsvorteil beim Begünstigten der Steuerhinterziehung abzuschöpfen. Diese Akzessorietät gilt allerdings nicht uneingeschränkt, was das FG an Beispielen demonstriert. Diese Beispiele belegen, dass der Anspruch auf Hinterziehungszinsen nicht von der Festsetzung der Steuer durch die Behörde abhängt. Warum Nachzahlungszinsen erhoben werden können, obwohl der materielle Steueranspruch tatsächlich nicht besteht, bleibt in der Entscheidung unbeantwortet.
Empfehlungen für die Praxis
Die Revision gegen die Entscheidung des FG Hessen wurde zugelassen, aber nicht eingelegt. Es bleibt offen, ob andere Gerichte den Ausführungen des FG Hessen folgen werden.
Im Rahmen der Bereinigung „missglückter“ Schenkungen kann die Güterschaukel ein nach wie vor wirksames und zulässiges Mittel sein, erfolgte Schenkungen zwischen Ehegatten nachträglich (auch nach Entdeckung durch das Finanzamt) zumindest schenkungsteuerfrei zu stellen.
Sind die erfolgten Schenkungen bisher nicht ordnungsgemäß angezeigt worden, besteht allerdings das Risiko der Strafverfolgung und der Festsetzung von Hinterziehungszinsen.
Das Risiko der Strafverfolgung von strafrechtlich noch nicht verjährten Sachverhalten kann von vornherein durch eine Offenlegung gegenüber der Finanzbehörde beseitigt werden. Eine ggf. bestehende Anzeigepflicht der Notare ist zu beachten im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit einer Güterstandsschaukel und den Zeitpunkt der Offenlegung.
Gegen Hinterziehungszinsbescheide sollte im Zweifel Einspruch eingelegt werden. Die Beweislast für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung trägt die Finanzbehörde. In der Regel gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ehegatten (bedingt) vorsätzlich oder leichtfertig Schenkungsteuer verkürzt haben: weil bereits die Sach- und Rechtslage nicht eindeutig ist, oder weil die Ehegatten – wie 89 % der Bundesbürger lt. einer Studie im Auftrag eines Bundesministeriums – davon ausgehen, dass alles, was während der Ehe erworben wird, beiden Partnern gleichermaßen gehört. Zudem sehen wir entgegen der vorliegenden Entscheidung des FG im Hinblick auf § 29 Abs. 1 ErbStG gute Argumente für den rückwirkenden Wegfall von Strafbarkeit und Hinterziehungszinsen. Strafrechtlich kann der rückwirkende Wegfall des Steueranspruchs zumindest als objektiver Strafaufhebungsgrund oder aber als gewichtiges Zumessungskriterium einer Sanktion entgegenstehen.
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