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30.06.2023 | KPMG Law Insights

Sonderregelungen zum Umgang mit Lieferengpässen in der Baubranche laufen aus

Die Sonderregelungen zum Umgang mit den in den letzten Jahren vorherrschenden Lieferengpässen und Materialpreissteigerungen laufen am 30.06.2023 aus. Das haben das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit Erlass und Rundschreiben jeweils vom 20.06.2023 erklärt. Diese Entscheidung stellt einen Wendepunkt für die Bauindustrie dar und wirft Fragen zu den möglichen Auswirkungen auf laufende und künftige Bauprojekte in ganz Deutschland auf.

Die Sonderregelungen sollten die Kontinuität von Vergabeverfahren gewährleisten

Die Sonderregelungen für die Auftragsvergabe wurden ursprünglich als Reaktion auf die Herausforderungen des Bausektors eingeführt, insbesondere im Hinblick auf die Verfügbarkeit und die steigenden Kosten wichtiger Baumaterialien. In den letzten Jahren – verschärft durch die Corona-Krise und zuletzt durch den Krieg in der Ukraine – war die Branche mit erheblichen Preisschwankungen und zeitweiligen Lieferengpässen konfrontiert. Das hat zu Verzögerungen und höheren Projektkosten geführt. Um diese Probleme abzumildern und die Kontinuität laufender und zukünftiger Vergabeverfahren sowie bestehender Verträge zu gewährleisten, führte die Bundesregierung befristete Beschaffungsregeln ein. Damit ermöglichte sie alternative Beschaffungs- und Preisgestaltungsmechanismen.

Durch die Möglichkeit für öffentliche Auftraggeber, abweichend vom Regelverfahren Preisanpassungen zu gewähren beziehungsweise Preisanpassungsmechanismen in den Vertrag aufzunehmen, konnten wichtige Beschaffungsmaßnahmen weiter vorangetrieben und laufende Projekte stabilisiert werden. Die Flexibilität, die diese Vorschriften boten, erwies sich in einer Zeit, in der die Lieferketten weltweit unterbrochen waren und die Märkte schwankten, als entscheidend.

Das Auslaufen der Sonderregelungen birgt sowohl Chancen als auch Risiken

Mit dem Auslaufen dieser Sonderregelungen sehen sich die Auftragnehmer vor der (alten) Herausforderung, zukünftige Preissteigerung prognostizieren und in die Vertragspreise einkalkulieren zu müssen. Die Entscheidung des Bundesministeriums spiegelt das Vertrauen der Regierung in die Stabilisierung der Lieferketten und der Materialverfügbarkeit wider sowie ihre Überzeugung, dass sich die Marktbedingungen ausreichend normalisiert haben, um eine Rückkehr zu regulären Beschaffungspraktiken zu rechtfertigen.

Das Auslaufen der Sonderregelungen birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Auftragnehmer, Lieferanten und Projektbeteiligte. Einerseits bedeutet es eine Wiederherstellung der Marktdynamik, bei der Preise und Angebot durch normale Marktkräfte bestimmt werden. Dies kann ein wettbewerbsfähigeres Umfeld fördern, was langfristig zu Kostensenkungen führen kann. Die Auftragnehmer könnten bei der Materialbeschaffung flexibler werden, und die Lieferanten müssen sich an die veränderten Marktbedingungen anpassen. Andererseits bringt das Auslaufen der Sonderregelungen auch neue Unwägbarkeiten mit sich. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Bauwirtschaft von den in den letzten Jahren beobachteten Unterbrechungen der Lieferketten und Preisschwankungen vollständig erholt hat. Die Bauunternehmen werden die möglichen Auswirkungen auf die Projektfristen und -budgets sorgfältig abwägen müssen. Die Rückkehr zu regulären Beschaffungspraktiken kann auch eine Neubewertung von Lieferstrategien und vertraglichen Vereinbarungen erfordern. Gelingt dies nicht, werden sich verbleibende Risiken in den Angebotspreisen niederschlagen.

Die Baubranche sollte die Entwicklung auf dem Markt genau beobachten

Um den anstehenden Übergang effektiv zu gestalten, sollten die Akteure der Branche die Markttrends und ‑entwicklungen genau beobachten. Die Aufrechterhaltung einer offenen Kommunikation mit den Lieferanten und eine enge Zusammenarbeit mit den Projektpartnern sind von entscheidender Bedeutung, um mögliche Störungen abzufedern. Darüber hinaus können nachhaltige Beschaffungspraktiken und die Erkundung alternativer Materialoptionen dazu beitragen, die Abhängigkeit von bestimmten Ressourcen zu verringern und künftige Risiken in der Lieferkette zu mindern.

Die deutsche Bauindustrie hat sich angesichts der Herausforderungen als widerstandsfähig und anpassungsfähig erwiesen. Das Auslaufen der Sonderregelungen für die Auftragsvergabe stellt einen Meilenstein im Erholungsprozess dar und signalisiert eine Rückkehr zur Normalität auf dem Markt. Auch wenn Unsicherheiten auftreten können, werden proaktive Maßnahmen, umsichtige Entscheidungen und ein Fokus auf langfristige Nachhaltigkeit entscheidend sein, um sich in der sich entwickelnden Landschaft der Bauindustrie zurechtzufinden.

Vergaberichtlinien wurden angepasst

Für zukünftige Vergaben sind die Richtlinie 225, die Formblätter 225 und 225a sowie das Hinweisblatt zur Wirkungsweise der Stoffpreisgleitklausel nach Formblatt 225a anzuwenden, die (redaktionell) angepasst worden sind, weil das Statistische Bundesamt die Fortschreibung der Fachserie 17 Reihe 2 eingestellt hat. Die Fortschreibung erfolgt jetzt über den „Statistischen Bericht – Indizes der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz)“ und über die Datenbank Genesis-Online. Richtlinie, Formblätter und Hinweisblatt sind in der geänderten Fassung zu verwenden und werden vom BMWSB und dem BMVG hier (VHB (fib-bund.de)) zum Download zur Verfügung gestellt.

In laufenden Vergabeverfahren ist, soweit von Bietern verlangt, nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einbeziehung einer Stoffpreisgleitklausel zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise er nicht im Voraus schätzen kann, aufgebürdet werden darf.

Bei bestehenden Verträgen bleibt nach einer Einzelfallprüfung, im Rahmen derer die Ausführungen in den Erlassen vom März 2022 und Juni 2022 (jeweils Ziffer IV) eine Auslegungshilfe darstellen, eine Änderung bestehender Verträge innerhalb der Grenzen von § 313 BGB oder § 58 BHO zulässig. Insoweit gelten die Ausnahmeregelungen fort.

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