
Die Videoüberwachung von vermieteten Immobilien ist nur unter strengen rechtlichen Voraussetzungen möglich. Immer mehr Eigentümer möchten ihre Objekte auf diese Weise im Blick behalten und absichern. Doch nicht immer sind Mieterinnen und Mieter einverstanden. Während sich manche durch Kameras besser geschützt fühlen, empfinden andere die Überwachung als Eingriff in ihre Privatsphäre oder ein Berufs- oder Betriebsgeheimnis. Für Vermieter stellt sich daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz von Videoüberwachung rechtlich zulässig ist und wie die unterschiedlichen Interessen bestmöglich in Einklang gebracht werden können. Zu beachten sind dabei sowohl die datenschutzrechtlichen Vorgaben als auch die mietrechtlichen Anforderungen. Interessant ist auch die Kostenfrage: Können die Kosten der Videoüberwachung auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden und wenn ja, in welchem Umfang?
Die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von Videoüberwachung in vermieteten Gebäuden ergeben sich im Wesentlichen aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Rechtsgrundlage ist in der Praxis regelmäßig Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Eine Einwilligung ist wegen fehlender Freiwilligkeit im Mietverhältnis typischerweise ungeeignet. Die berechtigten Interessen des Immobilieneigentümers – etwa der Schutz des Eigentums, die Verhinderung von Straftaten oder die Beweissicherung – müssen mit den Rechten und Freiheiten der betroffenen Personen in Einklang gebracht werden. Gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann erlaubt, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und keine überwiegenden Interessen oder Grundrechte der betroffenen Personen entgegenstehen.
Für die Praxis bedeutet das: Eine Videoüberwachung ist nicht schon dann zulässig, wenn ein allgemeines Bedürfnis nach mehr Sicherheit besteht. Erforderlich sind regelmäßig konkrete, objektivierbare Anhaltspunkte für eine erhöhte Gefährdungslage, belegt etwa durch zurückliegende Einbrüche, Einbruchsversuche, Vandalismus oder eine erhöhte Kriminalitätsrate am Standort. Solche Vorfälle oder eine entsprechende Gefährdungslage sollten strukturiert dokumentiert werden, um das berechtigte Interesse an einer Überwachungsmaßnahme nachvollziehbar belegen zu können.
Darüber hinaus muss die Videoüberwachung geeignet, erforderlich und angemessen sein, das angestrebte Ziel – zum Beispiel den Schutz vor Diebstahl oder Sachbeschädigung – tatsächlich zu erreichen. Vor der Installation sollte geprüft werden, ob nicht auch mildere, gleich geeignete Alternativen wie eine bessere Beleuchtung, Zugangskontrollen oder der Einsatz von Sicherheitspersonal ausreichen. Diese Prüfung ist zu dokumentieren. Wenn diese Alternativen nicht praktikabel oder unzureichend sind, kann eine Videoüberwachung als verhältnismäßig angesehen werden.
Eine weitere Voraussetzung ist die gesetzlich vorgeschriebene Abwägung zwischen den Interessen der betroffenen Personen und den berechtigten Interessen des Verantwortlichen. Dabei sind insbesondere die Anzahl der betroffenen Personen, die räumliche Reichweite der Videoüberwachung sowie die Art des überwachten Ortes zu berücksichtigen. Zu würdigen ist zudem, ob die betroffenen Personen die Bereiche notwendig und regelmäßig passieren, wie zum Beispiel den Hauseingang oder den Aufzug, und welches Erwartungsniveau an Privatheit dort besteht. In Wohnobjekten ist dieses regelmäßig erhöht. Auch die Interessen von Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden sowie Servicepersonal können von der Überwachung betroffen sein und sind bei der Abwägung zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt: Die Beschränkung der Überwachung auf allgemein zugängliche Bereiche führt noch nicht dazu, dass die Interessen des Immobilieneigentümers „in der Regel“ überwiegen. Erforderlich bleibt stets eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung unter anderem von Dauer und Intensität der Beobachtung.
Bei Wohnraummieterinnen und -mietern ist besondere Zurückhaltung geboten: Die Schwelle für die Zulässigkeit der Videoüberwachung liegt hier deutlich höher als bei ausschließlich gewerblich genutzten Immobilien. In Wohnobjekten genießt die Privatsphäre ein besonders hohes Schutzniveau. Die Überwachung darf keinesfalls zur Kontrolle des Wohn- oder Nutzungsverhaltens führen und muss stets auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt bleiben. Kameras dürfen keine Wohnungstüren, Fenster, Balkone, Briefkästen oder eindeutig zuordenbare Stellplätze erfassen. Der Blickwinkel ist eng zu begrenzen und Privatzonen und Maskierungen sind einzusetzen. Nachbargrundstücke und öffentlicher Straßenraum sind auszublenden. Tonaufzeichnungen sind regelmäßig unzulässig. Eine permanente Beobachtung oder Live-Überwachung ist in der Regel unverhältnismäßig.
Verstöße gegen die Vorgaben der DSGVO können nicht nur zu Maßnahmen der Aufsichtsbehörden führen, sondern auch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen sowie Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Daher sollte die datenschutzrechtliche Prüfung für jede einzelne Kamera sorgfältig dokumentiert werden.
Sobald die Videoüberwachung voraussichtlich ein erhöhtes Risiko für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen mit sich bringt – insbesondere bei systematischer und umfangreicher Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche – ist vor Beginn der Verarbeitung eine DSFA durchzuführen. Die DSFA umfasst mindestens eine Beschreibung der Verarbeitung, die Bewertung von Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, eine systematische Risikobewertung sowie die geplanten Abhilfemaßnahmen. Sie sollte nicht nur juristisch, sondern auch technisch begleitet werden. Ein IT-Sicherheitskonzept, das etwa Zugriffsbeschränkungen/Rollen und die Trennung von Aufgaben regelt, ist hier ein zentraler Baustein.
Jede Kamera verarbeitet personenbezogene Daten und muss daher gem. Art. 30 Abs. 1 DSGVO im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten auftauchen. Vermieter sollten hier nicht nur den Zweck und die Rechtsgrundlage dokumentieren, sondern auch die Kategorien der betroffenen Personen, die Speicherdauer und etwaige Empfänger der Daten.
Der Vermieter muss nach Art. 13 DSGVO auf die Videoüberwachung hinweisen. Ein Schild mit Kamera-Symbol allein reicht dafür nicht aus. Empfohlen sind ein Schild am Zugang mit den Kerndaten und zusätzlich ausführliche Datenschutzhinweise als Aushang in der Nähe, die auch digital abrufbar sind. Personen sollten vor Betreten klar und verständlich über Zweck, Rechtsgrundlage, Speicherdauer und die Rechte der Betroffenen informiert werden. Auch die Kontaktdaten des Verantwortlichen und ggf. des Datenschutzbeauftragten gehören dazu.
Die Aufzeichnungen der Kamera dürfen gem. Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO nicht länger gespeichert werden, als es für den festgelegten Zweck erforderlich ist. Datenschutzbehörden und Rechtsprechung empfehlen eine maximale Speicherdauer von 48, teilweise auch von bis zu 72 Stunden. Entscheidend ist, ob die Dauer im Verhältnis zum Zweck steht. Bei wiederholten Vorfällen oder laufenden Ermittlungen kann eine längere Speicherung zulässig sein – vorausgesetzt, sie ist dokumentiert und begründet. Eine pauschale, vorsorgliche Vorratsspeicherung ist jedoch unzulässig. Die gewählte Frist ist regelmäßig zu überprüfen und bei geänderter Gefährdungslage anzupassen.
Vor der Inbetriebnahme einer Videoüberwachung sind alle voraussichtlich betroffenen Personen, insbesondere Mieterinnen und Mieter, Dienstleister und etwaige Beschäftigte umfassend zu informieren. Idealerweise wird die Einführung der Videoüberwachung im Dialog mit den Mietern gestaltet, um Akzeptanz zu schaffen und mögliche Einwände frühzeitig zu adressieren.
Bei der technischen Umsetzung ist darauf zu achten, dass Kameras ausschließlich auf die tatsächlich zu schützenden Bereiche ausgerichtet werden. Um dies sicherzustellen, sollte auf eine präzise Ausrichtung der Kameras geachtet werden; gegebenenfalls können technische Hilfsmittel wie Verpixelungen eingesetzt werden.
Der Zugriff auf die Aufnahmen ist auf einen eng begrenzten Personenkreis zu beschränken und muss nachvollziehbar dokumentiert werden. Ebenso sollten die datenschutzrechtliche Prüfung, einschließlich der Interessenabwägung, und sämtliche getroffenen Maßnahmen sorgfältig festgehalten werden, um bei Nachfragen durch Aufsichtsbehörden oder betroffene Personen jederzeit Auskunft geben zu können.
Bei der Umlage der Kosten für die nachträglich installierte Videoüberwachung ist differenziert zu betrachten. Die einmaligen Kosten für Anschaffung und Installation können in der Regel nicht auf die Mietparteien umgelegt werden, da es hierfür weder eine gesetzliche noch regelmäßig eine vertragliche Grundlage gibt. Anders verhält es sich bei den laufenden Kosten einer Videoüberwachungsanlage: Diese können – sofern der Mietvertrag eine entsprechende Regelung enthält – als Nebenkosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden. Häufig finden sich in Mietverträgen Klauseln, die die Umlage von Bewachungs- oder Sicherheitskosten vorsehen. Nach aktueller Rechtsprechung können darunter auch die laufenden Kosten einer Videoüberwachungsanlage fallen. In diesem Zusammenhang hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass solche Kosten jedenfalls dann umlagefähig sind, wenn der Mietvertrag die Übernahme der „Kosten für die Bewachung des Gebäudes“ vorsieht. Diese Formulierung sei weit genug gefasst, um auch die laufenden Kosten einer Videoüberwachungsanlage zu erfassen. Fehlt es hingegen an einer ausdrücklichen und hinreichend bestimmten Regelung, können die Kosten der Videoüberwachung regelmäßig nicht auf die Mietpartei umgelegt werden. Im Betriebskostenkatalog gemäß § 2 der aktuellen Betriebskostenverordnung sind die mit einer Videoüberwachung verbundenen laufenden Kosten nicht erfasst.
Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollte die Umlage der laufenden Kosten einer Videoüberwachungsanlage ausdrücklich und eindeutig im Mietvertrag geregelt werden, etwa durch Anpassung der Muster-Mietverträge oder Nachträge bei Bestandsverträgen. Sonstige Betriebskosten sind bekanntlich nur dann umlagefähig, wenn sie im Mietvertrag einzeln benannt sind.
Videoüberwachung von Mietobjekten ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Wenn Vermieter Überwachungskameras in oder an ihren Gebäuden installieren, müssen sie eine Reihe von rechtlichen Vorgaben beachten. Sie sollten die Maßnahme von Anfang an transparent gestalten und die Mieter frühzeitig einbinden. Datenschutzkonforme Ausgestaltung, umfassende Dokumentation sowie eine klare vertragliche Regelung zur Umlage der laufenden Betriebskosten – gegebenenfalls durch eine Nachtragsgestaltung zum Mietvertrag – sind unerlässlich. Zusammenfassend kann man sagen: Sorgfältige Planung und offene Kommunikation minimieren rechtliche Risiken und wahren die berechtigten Interessen aller Beteiligten.
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