
Selten war das neue Jahr für Unternehmen so schwer planbar wie das Jahr 2026.
Aktuell stehen in der EU alle Zeichen auf Entlastung der Wirtschaft. Die EU will Bürokratie reduzieren und rudert mit der Omnibus-Initiative beim Green Deal und jetzt auch bei der Digital-Gesetzgebung zurück. Für Unternehmen entsteht dadurch ein Dilemma: Entlastung ist gut, aber die Wirtschaft braucht auch Verlässlichkeit. Selbst Ende 2025 ist in einigen Bereichen noch unsicher, was 2026 gelten wird. Und solange Pflichten nicht verbindlich verschoben oder aufgehoben sind, sollten Unternehmen sich sicherheitshalber auf deren Geltung zu den ursprünglichen Terminen vorbereiten.
Dieser Beitrag zeigt auf, auf welche Szenarien sich Unternehmen einstellen sollten.
Nach bisherigem Kenntnisstand gelten ab dem 2. August 2026 die umfassenden Pflichten des AI Act. Besonders relevant sind die Anforderungen an Hochrisiko-KI-Systeme. Anbieter benötigen dann ein belastbares Risikomanagement, hochwertige und repräsentative Trainingsdaten sowie eine vollständige technische Dokumentation.
Transparenz ist zentral: KI-generierte Inhalte müssen klar gekennzeichnet sein, und die Funktionsweise von KI-Systemen muss erklärbar bleiben. Zudem ist menschliche Kontrolle verpflichtend, um autonome Entscheidungen zu vermeiden.
Am 19. November hat die EU-Kommission im Rahmen des sogenannten Digital-Omnibus vorgeschlagen, den Geltungsbeginn dieser Regeln deutlich zu verschieben.
Ab dem 11. September 2026 gelten erste Pflichten nach dem Cyber Resilience Act (CRA): Hersteller müssen dann aktiv ausgenutzte Schwachstellen und schwere Sicherheitsvorfälle melden. Der CRA ist seit Dezember 2024 in Kraft. Er legt erstmals verbindliche Cybersicherheitsanforderungen für nahezu alle Produkte mit digitalen Elementen fest, die mit Netzwerken oder Datenverarbeitung verbunden sind. Wer digitale Produkte auf den EU-Markt bringt, muss künftig sicherstellen, dass diese Produkte sicher sind und dass Risiken gesetzeskonform gehandhabt werden. Ab dem 11. Juni 2026 können Konformitätsbewertungsstellen offiziell als „CRA-Notified Body“ auftreten – ein wichtiger Baustein für die CE-Kennzeichnung ab 2027.
Nach der NIS-2-Richtlinie müssen weit mehr Unternehmen als bisher ein verbindliches Cyber-Risikomanagement und klare Sicherheitsprozesse haben und IT-Zwischenfälle schnell melden. Betroffen sind neben Betreibern wesentlicher Dienste nun auch Anbieter digitaler Dienste, die zuvor nicht unter die Regelungen fielen. Dazu zählen Anbieter von Cloud-Diensten, Rechenzentren und Online-Marktplätzen.
Das deutsche Umsetzungsgesetz (NIS2UmsuCG) ist am 6. Dezember 2025 in Kraft getreten.
Die Corporate Sustainability Reporting Directive hat CSRD hätte Deutschland schon im Juli 2024 umsetzen müssen. Inzwischen steht das deutsche Umsetzungsgesetz kurz vor der Verabschiedung. Der aktuelle Gesetzentwurf orientiert sich an der EU-Vorgabe und sieht vor, dass große Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten bereits 2026 erstmals berichten müssen – über das Geschäftsjahr 2025.
Bis zum 27. März 2026 muss Deutschland die Empowering Consumers for the Green Transition Directive (EmpCo) umsetzen. Voraussichtlich ab dem 27. September 2026 gelten dann deutlich strengere Spielregeln für „grüne“ Werbung: Unternehmen dürfen Umweltaussagen („green claims“) dann nur tätigen, wenn sie sie objektiv belegen können. Nachhaltigkeitssiegel müssen nach der EmpCo auf einem anerkannten Zertifizierungssystem beruhen oder noch von staatlichen Stellen festgesetzt sein. Einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb hat die Bundesregierung bereits vorgelegt.
Die Entwaldungsverordnung EUDR gilt nach bisheriger Rechtslage ab dem 30. Dezember 2025. Das EU-Parlament und der Rat haben sich vorläufig darauf geeinigt, den Start auf den 30. Dezember 2026 zu verschieben. Klein- und Kleinstunternehmen sollen gar erst ab dem 30. Juni 2027 betroffen sein. Eine finale Entscheidung soll noch 2025 erfolgen.
Die EUDR betrifft Marktteilnehmer und Händler, die die relevanten Rohstoffe Kakao, Kaffee, Soja, Palmöl, Rind, Holz, Kautschuk oder bestimmte Erzeugnisse daraus importieren, in Verkehr bringen oder ausführen. Wer die genannten Rohstoffe oder relevante Erzeugnisse innerhalb der EU in Verkehr bringt, muss garantieren können, dass hierfür seit dem 31. Dezember 2020 keine Flächen entwaldet worden sind und dass sie in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes hergestellt wurden.
Ab dem 1. Januar 2026 tritt der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) in die finale Phase, die Emissionshandelsphase. Er soll verhindern, dass Unternehmen ihre CO₂-Emissionen in Länder mit schwächeren Klimaschutzregeln verlagern, indem für CO₂-intensive Importe ein CO₂-Grenzausgleich bezahlt werden muss. Die Importeure müssen Emissionszertifikate für die in der Produktion entstandenen Emissionen kaufen. Im Zuge des zweiten Omnibus-Pakets hat die EU den CBAM teilweise vereinfacht.
Ab dem 12. August 2026 gilt die neue EU-Verpackungsverordnung. Sie ist bereits seit dem 11. Februar 2025 in Kraft. Die neue Verordnung regelt den gesamten Lebenszyklus von Verpackungen.
Verpflichtet sind Hersteller, Händler, Online-Shops, Importeure und Vertreiber von Verpackungen. In einem neuen Verpackungsdurchführungsgesetz wird Deutschland seine Regeln an die EU-Verordnung anpassen. Ein Referentenentwurf liegt bereits vor, sodass 2026 mit dem Inkrafttreten der neuen Vorgaben zu rechnen ist.
Ab dem 1. Januar 2026 müssen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Lithium-Ionen-Batterien von E-Bikes oder E-Scootern zurücknehmen. Hersteller von Batterien sind bereits verpflichtet, kollektive Sammelsysteme für alle Kategorien von Batterien einzurichten und Sicherheitsleistungen zu hinterlegen. Das regelt das neue Batterierecht-EU-Anpassungsgesetzes, mit dem das deutsche Recht an die EU-Batterieverordnung angeglichen wurde. Die Geltung der Sorgfaltspflichten nach dieser EU-Verordnung wurde entsprechend dem Vorschlag des vierten Omnibus-Pakets auf August 2027 verschoben.
Bis zum 31. Juli 2026 muss Deutschland die „Recht auf Reparatur“-Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Hersteller bestimmter Produktgruppen müssen dann Reparaturen zu einem „angemessenen Preis und innerhalb eines angemessenen Zeitraums“ anbieten, auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist. Verbraucher:innen, die im Rahmen der Sachmängelhaftung Reparatur statt Ersatzlieferung wählen, sollen durch eine Verlängerung der Gewährleistung belohnt werden. Ziel der Richtlinie ist es, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern.
Bis zum 9. Dezember muss die neue Produkthaftungsrichtlinie umgesetzt werden. Die neue Produkthaftungsrichtlinie gilt für Produkte, die nach dem 9. Dezember 2026 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden. Erfasst sind herkömmliche, aber auch digitale Produkte wie Roboter und Smart-Home-Systeme. Die neue Richtlinie schreibt auch vor, dass Hersteller aus Drittstaaten, deren Produkte auf dem EU-Markt verkauft werden, immer einen Wirtschaftsbeteiligten in der EU benennen müssen, von dem Geschädigte Schadenersatz verlangen können.
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird bis zur Umsetzung der europäischen Lieferkettenrichtlinie CSDDD fortgelten. Zwischenzeitlich wurde jedoch – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – die Berichtspflicht gestrichen. Sanktionen soll es nur noch bei schweren Verstößen geben. Langfristig soll die Berichtspflicht in den CSRD-Report integriert werden.
Die überarbeitete Verbraucherkreditrichtlinie (CCD II) hätte bereits im November 2025 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen; ein entsprechendes Gesetz wird derzeit noch verhandelt und soll spätestens Anfang 2026 verabschiedet werden.
Die CCD II vereinheitlicht die Regeln innerhalb der EU. Sie erfasst auch bislang unregulierte Kreditformen wie Buy Now Pay Later, zinsfreie Kredite, Kleinstkredite und kurzfristige Darlehen. Auch für Dispokredite gelten zukünftig verschärfte Anforderungen. Die Richtlinie gilt auch für Marktteilnehmer, die Kredite vermitteln.
Bereits am 30. Oktober 2025 ist das Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus („Bau-Turbo“) und zur Wohnraumsicherung in Kraft getreten. Um mehr Wohnraum zu schaffen, können Behörden bis 2030 von den Vorschriften des Baugesetzbuches, von Bebauungsplänen und von der Baunutzungsverordnung abweichen. Profitieren können Projektentwickler, Immobilienunternehmen, Wohnungsbaugenossenschaften, Bauträger und Investoren.
Am 7. November 2025 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für das Standortfördergesetz vorgelegt, das 2026 verabschiedet werden soll. Es soll Anreize schaffen, Start-ups zu gründen oder in sie zu investieren. Um dies zu ermöglichen, soll die Roll-Over-Regelung erweitert werden: Wenn Gewinne reinvestiert werden, wird der Höchstbetrag für steuerlich begünstigte Veräußerungsgewinne von 500.000 Euro auf 2.000.000 Euro angehoben.
Das Fondsrisikobegrenzungsgesetz soll die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für Investmentfonds modernisieren und Bürgerbeteiligungen sowie die Kreditvergabe durch Fonds erleichtern.
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie muss bis zum 7. Juni 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden.
Die Richtlinie sieht unter anderem vor, dass Arbeitgeber bereits in der Stellenausschreibung Angaben zum Gehaltsniveau machen müssen. Arbeitnehmende können Informationen über das durchschnittliche Gehalt, aufgeteilt nach Geschlecht, für vergleichbare Tätigkeiten verlangen.
Außerdem werden Unternehmen über ihren Gender Pay Gap berichten und ggf. Maßnahmen ergreifen müssen. Bei Nichteinhaltung drohen finanzielle Strafen.
Zum 1. Januar 2026 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 13,90 Euro pro Stunde. Die Einkommensgrenze für Minijobs erhöht sich von 566 Euro auf 603 Euro pro Monat.
Ab dem 1. Januar 2026 sind die Amtsgerichte für Streitwerte bis 10.000 Euro zuständig. Bis zu dieser Summe entfällt auch der Anwaltszwang. Für bereits anhängige Verfahren bleibt es bei der alten Wertgrenze von 5.000 Euro für die Zuständigkeitsbestimmung. Außerdem werden Streitwertgrenzen für Rechtsmittel angehoben.
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