Suche
Contact
02.09.2016 | KPMG Law Insights

Haftungsfalle Energieausweis

Haftungsfalle Energieausweis

Die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) ist am 1. Mai 2014 in Kraft getreten und bringt weitere Verpflichtungen für Grundstückseigentümer und Vermieter. Auch für Immobilienverkäufer sind neue Regelungen zu beachten. So müssen bereits beim Inserat eines Gebäudes oder einer Mietfläche bestimmte Angaben aus dem Energieausweis wiedergegeben werden. Hier drohen Haftungsrisiken.

Pflichtangaben in Immobilienanzeigen

Anzeigen zum Verkauf oder zur Vermietung von Immobilien müssen ab dem 1. Mai 2014 die wesentlichen Daten des Energieausweises enthalten (§ 16a EnEV 2014). Dies gilt für Anzeigen in kommerziellen Print- und elektronischen Medien, wie Zeitungen, Zeitschriften und im Internet.

Die Pflichtangaben müssen nur gemacht werden, wenn zum Zeitpunkt der Immobilienanzeige ein Energieausweis vorhanden ist, dessen Gültigkeitsdauer noch nicht abgelaufen ist.

Zu den Pflichtangaben zählen insbesondere die folgenden Daten:

  • die Art des Energieausweises (Verbrauchs- oder Bedarfsausweis)
  • der Wert des Endenergiebedarfs und Endenergieverbrauchs
  • die wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes
  • bei Wohngebäuden: das Baujahr und die Energieeffizienzklasse

Falsche Pflichtangaben als Sachmängel

Nach den allgemeinen kaufrechtlichen Regelungen ist ein Immobilienverkäufer einem Gewährleistungs- und Rückabwicklungsrisiko ausgesetzt, wenn die veräußerte Immobilie mangelhaft ist. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die sogenannte Ist-Beschaffenheit des Kaufgegenstandes von der sogenannten Soll-Beschaffenheit abweicht. Zur Soll-Beschaffenheit gehören auch solche Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten kann.

In Bezug auf die Pflichtangaben aus dem Energieausweis kann sich demzufolge ein Haftungsrisiko des Verkäufers für die Richtigkeit der Angaben ergeben, wenn man davon ausgeht, dass es sich bei einer Immobilienanzeige um eine öffentliche Äußerung des Verkäufers handelt und die Pflichtangaben die Soll-Beschaffenheit des Gebäudes mitbestimmen. Falsche Daten in den Pflichtangaben können dann einen Sachmangel des Gebäudes begründen.

Teilweise wird behauptet, der Verkäufer erfülle nur seine öffentlich-rechtliche Pflicht und mache in einer Immobilienanzeige lediglich Angaben über den Inhalt des Energieausweises. Danach müsste ein Verkäufer nur haften, wenn er dem Aussteller des Energieausweises schuldhaft falsche Angaben gemacht hätte.

Überwiegend wird jedoch angenommen, dass Pflichtangaben in Immobilienanzeigen zur Soll-Beschaffenheit zählen – ähnlich wie Herstellerangaben zum Kraftstoffverbrauch eines Kraftfahrzeugs – für deren Richtigkeit der Verkäufer zu haften habe. Solange diese Rechtsfrage nicht gerichtlich geklärt ist, empfehlen wir, einen entsprechenden Haftungsausschluss ausdrücklich im Kaufvertrag zu formulieren.

Vertragsgestaltung zur Vermeidung einer Haftung des Immobilienverkäufers

Ein Haftungsausschluss mit der zuvor genannten Zielsetzung dürfte in einem Immobilienkaufvertrag sowohl als Individualvereinbarung als auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig sein. Um eine Haftung des Verkäufers wirksam auszuschließen, sollten die Vertragsparteien im Sinne einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung klarstellen, dass die im Energieausweis angegebenen Daten nicht geschuldet sind und dass der Käufer das Gebäude unabhängig von diesen Angaben erwirbt.

So kann sichergestellt werden, dass die Angaben aus dem Energieausweis nicht zur vereinbarten Soll-Beschaffenheit des Gebäudes zählen und deren etwaige Fehlerhaftigkeit keinen Sachmangel des Gebäudes begründet.

Richtige Vertragsgestaltung auch im Mietvertrag

Auch der Vermieter sollte mit der richtigen Vertragsgestaltung einem Haftungsrisiko vorbeugen. Im Mietvertrag sollten deshalb ausdrückliche Regelungen im Hinblick auf den Energieausweis enthalten sein. Unter Hinweis auf den lediglich informativen Charakter des Energieausweises sollte der Vermieter erklären, dass er keine Haftung für die Richtigkeit des Ausweises und für die darin gemachten Angaben übernimmt. Der Energieausweis sollte auch nicht als Anlage dem Mietvertrag beigefügt werden, damit er nicht Vertragsbestandteil wird.

Erst Immobilienanzeige – dann Energieausweis ?

Nach dem Wortlaut des § 16a EnEV ist der Verkäufer nur dann verpflichtet, Pflichtangaben in einer Immobilienanzeige zu machen, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt. Vereinzelt wird deshalb empfohlen, den Energieausweis erst ausstellen zu lassen, nachdem eine Vermietungsanzeige veröffentlicht wurde.

Dies kann jedoch kein dauerhaft tauglicher Ratschlag sein. Spätestens bei Besichtigung der Räume muss der Energieausweis jedem Kauf- oder Mietinteressenten vorgelegt und mit dem Vertragsabschluss im Original oder in Kopie ausgehändigt werden. Der Käufer sollte sich vor einer eventuellen Haftung auch dadurch schützen, indem er unmittelbar vor Kaufvertragsschluss die zuvor veröffentlichte Immobilienanzeige noch einmal sorgfältig auf etwaige Schreibfehler überprüft und dortige Angaben gegebenenfalls rechtzeitig korrigiert.

Fazit

Der Verordnungsgeber hat das Interesse eines potentiellen Vertragspartners an der energetischen Beschaffenheit des Gebäudes mit der Novellierung der EnEV stark gewichtet, indem er sowohl dem Kauf- als auch dem Mietinteressenten schon weit vor Beginn eines Vertragsabschlusses entsprechende Informationsrechte zubilligt. Dem steht ein sehr weitreichendes Haftungsrisiko des Verkäufers oder Vermieters gegenüber. Ein Grundstücksverkäufer kann schon bei einem versehentlichen Tippfehler in der Verkaufsanzeige des Gebäudes den umfassenden Gewährleistungsrechten des Käufers bis hin zur Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages ausgesetzt sein, obwohl er den Energieausweis in der Regel nicht auf Richtigkeit der Angaben überprüfen kann. Daher sollte sich ein Immobilienverkäufer in jedem Fall mit der richtigen Vertragsgestaltung vor etwaigen Haftungsrisiken schützen. Gleiches gilt für einen Vermieter, der die „Haftungsfalle Energieausweis“ mit der richtigen Formulierung im Mietvertrag vermeiden kann.

Explore #more

23.10.2025 | KPMG Law Insights

Was die FAQs der Bundesnetzagentur für Speicherbetreiber bedeuten

Die Bundesnetzagentur hat am 17. Oktober 2025 FAQs zur regulatorischen Behandlung von stationären Batteriespeichersystemen („BESS“) veröffentlicht. Die FAQs sind eine Orientierungshilfe für Speicherbetreiber, da der…

23.10.2025 | KPMG Law Insights

Das bedeutet der „Bau-Turbo“ für Kommunen und Bauaufsichtsbehörden

Der Bundestag hat den „Bau-Turbo“ beschlossen und Kommunen können bestimmte Bauprojekte jetzt deutlich beschleunigen. Nach dem am 9. Oktober 2025 beschlossenen Gesetz zur Beschleunigung des

22.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag in Das Inverstment: Private Debt für die Masse: Wie das FRBG den Fondsmarkt umkrempelt

Paradigmenwechsel am Fondsmarkt: Das neue FRBG macht Private Debt retail-fähig und schafft Bürgerbeteiligungsfonds. Welche strategischen Chancen sich jetzt für die Branche ergeben beantwortet KPMG Law…

20.10.2025 | KPMG Law Insights

Rechenzentren: Anforderungen an Notstromaggregate steigen weiter

Wenn in Rechenzentren der Strom ausfällt, hat das oft schwere Folgen: Datenverlust und Systemausfälle können Unternehmen erheblichen finanziellen Schaden zufügen. Daher sind Notstromaggregate in Datencentern…

16.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Beitrag zum Sammelband „Krypto-Asset Compliance“

Die KPMG Law Experten Ulrich Keunecke und Marc Pussar haben in dem Sammelband „Krypto-Asset Compliance: Umsetzung der Regulierung und Geldwäsche-Prävention“ das Kapitel 3 zum Thema…

14.10.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law und KPMG beraten die Bühler Motor GmbH beim Verkauf der Bühler Motor Aviation GmbH an Astronics Germany GmbH

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft (KPMG Law) und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) haben die Bühler Motor GmbH beim Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile der Bühler Motor Aviation…

10.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag in der NZG: Compliance Due Diligence im Mittelstand: Mindestumfang und vertragliche Abbildung von Compliance-Risiken der Zielgesellschaft

Im Rahmen von M&A Transaktionen spielt die Compliance bei einer Legal Due Diligence meist noch eine untergeordnete Bedeutung. Gegenstand der hiesigen Betrachtung ist es, einerseits…

10.10.2025 | In den Medien

KPMG Law bei der M&A Award Night 2025 ausgezeichnet

KPMG Law ist bei der diesjährigen M&A Award Night des Bundesverbands Mergers & Acquisitions e.V. (BM&A) mit dem Preis „M&A Transaction Advisory” ausgezeichnet worden und…

10.10.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag in der CCZ: Der Leitfaden für Compliance-Management-Systeme in kleinen und mittleren Unternehmen (DIN SPEC 91524)

Compliance im Mittelstand ist herausfordernd: Die gesetzliche Verantwortung für Compliance ist unbestritten, die konkreten Aufgaben dagegen sind unklar und abhängig von der konkreten Situation eines…

10.10.2025 | KPMG Law Insights

Transformation in Rechtsabteilungen 2026 – die wichtigsten Trends und Best Practices

Aktuell treiben vor allem drei Themen die Transformation der Rechtsabteilung voran: KI, die rasant zunehmende Regulatorik und geopolitische Entwicklungen. Schon immer gab es technologischen Fortschritt,…

Kontakt

Dr. Rainer Algermissen

Partner
Leiter Bau- und Immobilienrecht

Fuhlentwiete 5
20355 Hamburg

Tel.: +49 40 3609945331
ralgermissen@kpmg-law.com

Petra Swai

Senior Manager

Fuhlentwiete 5
20355 Hamburg

Tel.: +49 40 3609945523
pswai@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll