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26.01.2023 | KPMG Law Insights

Gewerberaumvermietung und Einbau von Elektro-Ladestationen

Elektrofahrzeuge sind aktuell ein wesentlicher Bestandteil der klimafreundlichen Fortentwicklung des Straßenverkehrs. Schon seit langem haben die Zulassungszahlen für E-Autos stark zugenommen. In vielen Großstädten fahren mittlerweile neben wasserstoffbetriebenen auch elektrisch angetriebene Busse, vermehrt sieht man auch batteriebetriebene Taxen im Straßenverkehr. Immer mehr Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern Elektrofahrzeuge als Dienstwagen zur Verfügung. Sowohl für die Nutzer als auch die Unternehmen stellt sich aber häufig die Frage, wie ein einfacher Zugang zu Lademöglichkeiten geschaffen werden kann.

Zentrale Vorschrift für den Ausstattung von Gebäuden mit Lademöglichkeiten auf Mieterinitiative ist seit Einführung des Gesetzes zur Förderung und Modernisierung des Wohnungseigentümergesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (WEMoG) vom 15. Oktober 2020 der § 554 BGB. Danach kann ein Mieter unter anderem verlangen, dass ihm ein Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich keinen Anspruch nur für Wohnraummieter schaffen, sondern aufgrund der Anpassung der Verweisungsnorm des § 578 Abs. 1 BGB auch ein recht für Gewerberaummieter.
§ 554 BGB spricht dem Mieter dabei nicht nur ein Recht auf erstmalige Einrichtung, sondern auch ein Recht auf Verbesserung oder Erhaltung einer bereits vorhandenen Infrastruktur zu. Voraussetzung ist, dass dem Mieter ein fester Stellplatz zur Nutzung überlassen wurde; die bloße Nutzung einer Fläche auf dem Grundstück des Vermieters als Parkplatz, ohne dass dies mietvertraglich vereinbart wurde, reicht nicht aus.

Interessenabwägung erforderlich
Umfasst der Mietgegenstand auch Stellplätze, kann der Vermieter die Zustimmung gemäß § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB nur verweigern, wenn ihm die baulichen Veränderungen auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden können. Eine generelle Zustimmungsverpflichtung des Vermieters besteht mithin nicht, sondern die Interessen beider Parteien sind gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung sind die berechtigten Interessen des Mieters einerseits und die Interessen des Vermieters andererseits gegenüberzustellen.

Neben der Schaffung einer Lademöglichkeit am Wohnort bzw. am Geschäftssitz dürften sich Mieter regelmäßig auf die Belange des Klima- und Umweltschutzes und die durch die Elektromobilität eintretende Verbesserung bei Treibhausgas- und weiteren Schadstoffemissionen berufen. Darüber hinaus können gerade Gewerberaummieter zusätzlich geltend machen, dass sie durch das Anbieten einer Ladeinfrastruktur ihre Marktposition gegenüber Wettbewerbern verbessern und für Mitarbeiter und parkende Kunden attraktiver werden.

Der Vermieter wird in Bezug auf die erforderlichen Substanzeingriffe in den Baukörper regelmäßig sein Erhaltungsinteresse entgegnen. Außerdem ist aus Sicht des Vermieters der Umfang und die Dauer der Maßnahme, deren Genehmigungsfähigkeit sowie die Auswirkungen auf die Gebrauchsrechte etwaiger anderer Mieter von Bedeutung. Sollten nicht ausreichende Kapazitäten für alle Mieter zur Verfügung stehen, kann ein Vermieter aus Rücksichtnahme auf die anderen wohl seine Zustimmung zur Maßnahme eines einzelnen Mieters verweigern; allerdings müssen dann die Errichtungsabsichten der anderen Mieter bereits geäußert worden sein (vgl. LG München I, NZM 2022, 625). Es mag sich also für Vermieter, die die Bautätigkeiten in ihrem Gebäude unter Kontrolle behalten wollen, empfehlen, die Errichtungswünsche alsbald abzufragen – oder gar selbst zu handeln und einen Einbau durchzuführen. Möglicherweise ist der bisherige Stromanschluss des Gebäudes auch technisch gar nicht in der Lage, eine Vielzahl von Ladeeinrichtungen zu ermöglichen, so dass über die bloße Installation einer Ladestation hinausgehende Eingriffe erforderlich würden. Allerdings stellt es keinen Versagungsgrund für den Vermieter dar, wenn er einen bestimmten Anbieter für die Ladestationen wünscht und der Mieter die Zusammenarbeit mit einem anderen beabsichtigt (vgl LG München I, a.a.O.). Auch allgemeine Vorbehalte gegen die Elektromobilität, pauschale Befürchtungen oder der Verweis auf eine hohe Brandgefahr bei Elektrofahrzeugen sind für eine Zustimmungsverweigerung nicht ausreichend (LG München I, IMR 2022, 3072).

Rückbau und Entschädigung
Zum Erhaltungsinteresse des Vermieters gehört auch die Möglichkeit, dass sich die Ladeinfrastruktur zurückbauen lässt; hierzu ist der Mieter in der Regel für alle von ihm vorgenommenen baulichen Veränderungen verpflichtet. Die Rückbaupflicht umfasst die Entfernung sämtlicher Einbauten und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Ein Rückbauverlangen des Vermieters erscheint jedoch häufig treuwidrig, wenn erstens der Vermieter dem Einbau der Ladeinfrastruktur ohne Entfernungsvorbehalt zugestimmt hat und zweitens der Wert des Mietgegenstandes durch den Einbau der Ladeinfrastruktur dauerhaft verbessert wurde. Behält sich der Vermieter also nicht ausdrücklich vor, die Entfernung der Ladeinfrastruktur verlangen zu können, mag ein Mieter – soweit die Ladeinfrastruktur fachgerecht und mangelfrei errichtet wurde – argumentieren, keinen Rückbau vornehmen zu müssen, wenn das Mietverhältnis endet. Der Entfernungsvorbehalt sollte daher ausdrücklich erklärt und schriftlich dokumentiert werden (vgl. OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1992, 396 (402), wenn Vermieter und Mieter sich über Einzelheiten des mieterseitigen Einbaus einigen.

Verbleibt die Ladeinfrastruktur im Mietgegenstand, stellt sich fast zwangsläufig die Frage nach einer Abgeltung für die Baumaßnahme in der Form einer Entschädigung an den Mieter. Vermieter sind hierzu grundsätzlich nicht verpflichtet. Allerdings bestehen Ausnahmen: Soweit keine anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen bestehen, bleibt es einem Wohnraummieter unbenommen, die Ladeinfrastruktur zu entfernen, vgl. § 539 Abs. 2 BGB. Der Vermieter kann die Wegnahme in einem solchen Fall nur durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden; außerdem darf der Mieter kein berechtigtes Interesse an der Wegnahme haben. Vermieter können den Ausschluss des Wegnahmerechts gegenüber Wohnungsmietern also nur wirksam vereinbaren, wenn der Mieter eine entsprechende Entschädigung erhält, § 552 Abs. 2 BGB (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 9. April 2001, Az. 8 W 52/01). Im Gewerberaummietrecht hingegen kann das Wegnahmerecht des Mieters entschädigungslos vertraglich ausgeschlossen werden (vgl. Landgericht Braunschweig, Urteil vom 11. März 2008, Az. 6 O 1105/07).

Handlungsempfehlungen
Ziel eines Vermieters sollte es wohl sein, den Einbau einer Ladeinfrastruktur in seiner Immobilie selbst zu koordinieren, um die Kontrolle über Anbieter und Ausstattung zu behalten. In diesem Zusammenhang sollten modernisierungswillige Vermieter aktiv werden und sich mit den Einbaumöglichkeiten auseinandersetzen. Auf diese Weise kann auch sichergestellt werden, dass nicht mehrere Mieter unabhängig voneinander den Einbau von unterschiedlichen Ladeinfrastrukturen verlangen und dadurch möglicherweise mehrere Eingriffe in die Gebäudesubstanz erforderlich werden.

Darüber hinaus dürfte es sich bei dem vermieterseitigen Einbau einer Ladeinfrastruktur regelmäßig um eine Modernisierung des Mietgegenstandes handeln, die den Gebrauchswert des Mietgegenstandes erhöht. Der Vermieter könnte die entstandenen Kosten dann im Rahmen einer Mieterhöhung gemäß den §§ 559 ff. BGB an Wohnraummieter weiter berechnen. Aktuelle Gewerberaummietverträge sehen auch für Modernisierungen in Gewerbebauten Möglichkeiten zur Mieterhöhung vor. Selbstverständlich kann ein Vermieter sich gegenüber einem Mieter auch zur Kostenübernahme bereit erklären und dann im Rahmen einer Modernisierungsvereinbarung eine erhöhte Miete verlangen. Bei der Gestaltung von Mietvertragsmustern und Vereinbarungen zum Einbau von Elektro-Ladeinfrastruktur unterstützen wir gern.

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