Suche
Contact
Symbolbild zu Mitbestimmung bei ChatGPT: Frau tippt auf Tablet
08.05.2024 | KPMG Law Insights

ArbG Hamburg: Erlaubnis von ChatGPT ist nicht mitbestimmungspflichtig

Wenn ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden die Verwendung von generativer KI wie ChatGPT bei der Arbeit über private Accounts erlaubt und hierfür Regeln aufstellt, muss er den Betriebsrat nicht beteiligen. Das hat das Arbeitsgericht Hamburg (Beschluss vom 16.01.2024 – 24 BVGa 1/24) entschieden.

Der Arbeitgeber hatte den Mitarbeitenden erlaubt, bei der Arbeit ChatGPT in einer Browser-Version über ihre privaten Accounts und auf eigene Rechnung zu nutzen. In einer Richtlinie machte er Vorgaben für den dienstlichen Einsatz dieser Systeme. Hiergegen ging der Betriebsrat im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor und machte ein Mitbestimmungsrecht geltend.

KI-Richtlinien sind keine Regelung zur Ordnung des Betriebs

Die Erlaubnis zur Nutzung von ChatGPT sowie die Richtlinien dazu sind keine der Mitbestimmung unterliegenden Regelung zu Fragen der Ordnung des Betriebs gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, entschied das Arbeitsgericht. Denn sie betreffen die Arbeitsleistung selbst, konkretisieren diese und sind somit eine Ausgestaltung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts. Die Entscheidung, wie die vereinbarte Arbeit zu erledigen ist und wie mit Betriebsmitteln umzugehen ist, falle nicht unter den Mitbestimmungstatbestand.

Privater ChatGPT-Account ist keine technische Einrichtung, die zur Überwachung geeignet ist

Auch aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ergebe sich kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Die generative KI, die die Mitarbeitenden über private Accounts nutzen, sei nicht geeignet, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer:innen zu überwachen. Voraussetzung sei zum einen, dass die Überwachung durch die technische Einrichtung selbst bewirkt wird, das bedeutet unmittelbar, und zum anderen, dass der Arbeitgeber zumindest Verhaltens- und Leistungsinformationen aufzeichnen kann. Im zu entscheidenden Fall war ChatGPT nicht auf den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Computern installiert, sondern die Nutzung erfolgte online über eine Website. Dass der Browser die besuchten URLs abspeichert, führe zwar zu einem Mitbestimmungsrecht betreffend den Browser als technischer Einrichtung i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Zur Browser-Nutzung gab es bei dem Arbeitgeber aber bereits eine Konzernbetriebsvereinbarung.

Arbeitgeber sollten die Nutzung von KI regeln

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Unternehmen bei der Umsetzung von Digitalisierungsstrategien den Betriebsrat einbinden sollten. Zwar waren in diesem Fall keine Mitbestimmungsrechte betroffen, da der Arbeitgeber keine eigene KI zur Verfügung stellte. Will der Arbeitgeber jedoch selbst eine KI-Lösung anbieten, wäre diese mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Daneben kann der Betriebsrat unter Umständen weitergehende Rechte, etwa auf Hinzuziehung eines Sachverständigen oder Unterrichtung über die Planung des Einsatzes von KI, haben.

Hier kann der Abschluss einer Rahmenbetriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat zum Einsatz von KI helfen, insbesondere wenn eine umfangreiche Nutzung von KI geplant ist. In einer Rahmenbetriebsvereinbarung können grundsätzliche Punkte und eine Struktur festgelegt werden, die dann nicht bei jeder Betriebsvereinbarung für eine KI neu verhandelt werden müssen. So können Arbeitgeber bei der Einführung von neuen Technologien Zeit sparen.

Aber auch Unternehmen ohne Betriebsrat sollten sich damit auseinandersetzen, wie sie den Umgang ihrer Mitarbeitenden mit KI regeln. Denn auch sie sollten „Spielregeln“ aufstellen, um insbesondere Verletzungen von Datenschutz- und Urheberrechten zu vermeiden und damit etwaige Haftungsrisiken zu minimieren.

 

Explore #more

17.12.2025 | KPMG Law Insights

KI-gestützte Risikochecks von NDAs und CoCs: So profitieren Rechtsabteilungen

Künstliche Intelligenz kann Rechtsabteilungen vor allem bei Routineaufgaben wie der Prüfung von Geheimhaltungsvereinbarungen (NDAs) oder Verhaltenskodizes (Codes of Conducts, kurz: CoCs) entlasten. Diese Dokumente sind…

16.12.2025 | In den Medien

Interview mit KPMG Law Experten: CSDDD nach dem Omnibus: „Zahnloser Tiger“ oder pragmatische Lösung?

Die Einigung zum Omnibus-I-Paket sorgt für Diskussionen. Unter anderem wurden die Schwellenwerte für die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) deutlich angehoben. Was bedeutet das für Unternehmen? Im Interview…

15.12.2025 | In den Medien

KPMG Law Gastbeitrag im Tagesspiegel Background: Was der Digital-Omnibus heute für Unternehmen bedeutet

Die Debatte zum Digital-Omnibus ist gerade erst eröffnet. Unternehmen sollten im laufenden Verfahren ihre Expertise einbringen und ihre internen Grundlagen stärken – also bessere Governance,…

14.12.2025 | In den Medien

KPMG Law Interview in Versicherungsmonitor: Das bedeutet das entschärfte EU-Lieferkettengesetz für die Branche

Nach wochenlangen Debatten wurde jetzt die abgeschwächte Form der CSDDD in Brüssel beschlossen. Damit kommen neue, komplexe rechtliche Unsicherheiten, meint Thomas Uhlig, KPMG Law…

12.12.2025 | KPMG Law Insights

Fokus Offshore: NRW kauft umfangreiche Steuerdaten zu internationalen Steueroasen

Nach aktuellen Presseberichten vom 11. Dezember 2025 hat das Land Nordrhein-Westfalen über das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) einen umfangreichen Datensatz mit steuerlich…

12.12.2025 | Dealmeldungen

KPMG Law berät The Chemours Company bei der Implementierung und dem Abschluss einer großvolumigen Factoring Finanzierung

Die KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH (KPMG Law) hat die US-amerikanische Chemours Company bei der Umsetzung einer grenzüberschreitenden Factoring Finanzierung beraten. Die rechtliche Umsetzung wurde durch…

11.12.2025 | KPMG Law Insights

Erstes Omnibus-Paket soll Pflichten der CSDDD, CSRD und EU-Taxonomie lockern

Unterhändler des EU-Parlaments und des Rats haben sich nun bezüglich der noch offenen Punkte des ersten Omnibus-Pakets geeinigt. Der Inhalt der Einigung geht in weiten…

11.12.2025 | KPMG Law Insights

IPCEI-AI: Voraussetzungen für die Förderung und Bewertungskriterien

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat am 5. Dezember 2025 das Interessenbekundungsverfahren für die Förderung „IPCEI Künstliche Intelligenz“ (IPCEI-AI) gestartet. Unternehmen aller Größen sind…

11.12.2025 | In den Medien

Interview in der TextilWirtschaft – Das bedeutet das entschärfte EU-Lieferkettengesetz für die Branche

Nach wochenlangen Debatten wurde jetzt die abgeschwächte Form der CSDDD in Brüssel beschlossen. Damit kommen neue, komplexe rechtliche Unsicherheiten auf Unternehmen zu, meint KPMG Law…

02.12.2025 | KPMG Law Insights

Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie: Das empfiehlt die Expertenkommission

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie ist seit Juni 2023 in Kraft und muss nun in deutsches Recht umgesetzt werden. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD eine „bürokratiearme“ Umsetzung…

Kontakt

Hanna Michalak

Senior Manager

THE SQUAIRE Am Flughafen
60549 Frankfurt am Main

Tel.: +49 69 951195591
hmichalak@kpmg-law.com

© 2025 KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Für weitere Einzelheiten über die Struktur der globalen Organisation von KPMG besuchen Sie bitte https://home.kpmg/governance.

KPMG International erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. Keine Mitgliedsfirma ist befugt, KPMG International oder eine andere Mitgliedsfirma gegenüber Dritten zu verpflichten oder vertraglich zu binden, ebenso wie KPMG International nicht autorisiert ist, andere Mitgliedsfirmen zu verpflichten oder vertraglich zu binden.

Scroll