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Symbolbild zu Einwegkunststofffondsgesetz: Licht scheint durch Bäume
13.05.2025 | KPMG Law Insights

Erste Erfahrungen mit dem Einwegkunststofffondsgesetz: Das sollten Hersteller beachten

Getränkebecher, Folien und Plastikzigarettenfilter verschmutzen Straßen, Parks und Gehwege. Die Reinigungskosten tragen die Kommunen. Das Einwegkunststofffondsgesetz soll sie finanziell entlasten. Die Idee: Die Hersteller bestimmter kunststoffhaltiger Einwegprodukte zahlen eine Abgabe. Diese fließt in einen Fonds, der über ein Punktesystem den Kommunen ausbezahlt wird. Langfristig beabsichtigt ist allerdings, dass die Hersteller Einwegverpackungen reduzieren. Das Problem: Das Gesetz hat bei den Herstellern bisher vor allem zu Verunsicherung geführt.

Das Einwegkunsstofffondsgesetz (EKWFondsG) ist seit dem 1. Januar 2024 in Kraft. Bis zum 15. Juni 2025 müssen Hersteller Einwegkunststoffprodukte beim Umweltbundesamt (UBA) melden. Betroffen sind die von ihnen im vorangegangenen Kalenderjahr erstmals auf dem Markt bereitgestellten oder verkauften Produkte. Inzwischen sind schon einige Einordnungsentscheidungen des UBA ergangen, die kontrovers diskutiert werden. Genug Anlass für eine erste Bilanz.

So kam es zum Einwegkunststofffondsgesetz

Mit dem Einwegkunsstofffondsgesetz hat Deutschland die Richtlinie (EU) 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt vom 5. Juni 2019 umgesetzt. Ziel der europäischen Vorgabe war es, Umweltbelastungen durch Einwegkunststoffprodukte zu reduzieren. Auch die Idee der Abgabe stammt aus Brüssel. Diese sogenannte Einwegkunststoffabgabe wird in einen nationalen Fonds eingezahlt, aus dem insbesondere die Kosten für die Sammlung und Reinigung von Kunststoffabfällen im öffentlichen Raum finanziert werden sollen. Außerdem kann der Fonds für die Aufklärung der Öffentlichkeit, zur Datenerhebung sowie für die Verwaltung des Fonds verwendet werden. Das Umweltbundesamt (UBA) rechnet mit circa 55.000 registrierungspflichtigen Herstellern weltweit, wovon ca. 20 Prozent nicht in Deutschland ansässig sind.

Betroffen sind alle Hersteller von Einwegkunststoffprodukten

Adressaten des Gesetzes sind sämtliche Hersteller. Darunter fallen nicht nur in Deutschland ansässige, sondern auch ausländische Unternehmen. Voraussetzung ist, dass sie Einwegkunststoffprodukte erstmalig gewerbsmäßig auf dem deutschen Markt bereitstellen. Ob sie ihre Produkte an andere Unternehmen (B2B) oder direkt an Verbraucher (B2C) verkaufen, spielt keine Rolle. Ebenfalls unerheblich ist, ob die Abgabe entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Maßgeblich ist nur, dass das Produkt erstmals in Deutschland in Verkehr gebracht wird und auch hier zur Verwendung oder zum Vertrieb gedacht ist. In atypischen Konstellationen – etwa beim Vertrieb leerer Verpackungen oder beim Erwerb von Verpackungen, die erst noch befüllt oder konfektioniert werden sollen – bedarf es einer einzelfallbezogenen rechtlichen Bewertung zur Feststellung der Herstellerverantwortlichkeit.

Auch Einwegkunststoffprodukte mit geringem Anteil an Plastik sind erfasst

Unter das Gesetz fallen Produkte, die komplett oder auch nur teilweise aus Plastik sind. Ein geringer Anteil an Kunststoff reicht aus. Allerdings sind nur solche Produkte betroffen, die nicht dafür gedacht sind, mehrfach verwendet oder wieder befüllt zu werden. Welche Produktarten erfasst sind, legt Anlage 1 des Gesetzes fest:

  • Lebensmittelbehälter (vor allem Take-away-Boxen)
  • Tüten und Folienverpackungen
  • Getränkebehälter bis 3 Liter
  • Getränkebecher inklusive Verschlüsse und Deckel
  • Leichte Kunststofftragetaschen
  • Feuchttücher
  • Luftballons
  • Tabakprodukte mit Filtern

Am 1. Januar 2026 kommen noch bestimmte Feuerwerkskörper hinzu.

Die Abwicklung läuft über das DIVID-Register

Die Höhe der Einwegkunststoffabgabe richtet sich nach dem Produkttyp. Die Einwegkunststofffondsverordnung legt in § 10 für die einzelnen Produkttypen Abgabesätze fest. Diese variieren stark. Für ein Kilogramm Take-away-Boxen werden beispielsweise 17,7 Cent fällig, für ein Kilo Kunststofftragetaschen hingehen 3,80 Euro.

Die Hersteller müssen sich beim Umweltamt auf der Plattform DIVID registrieren und darüber die ausgegebenen Produktmengen einmal pro Jahr melden. Daraufhin setzt das UBA die Abgabe fest. Die Meldung bedarf der Prüfung und Bestätigung durch einen registrierten Sachverständigen im Sinne des Verpackungsgesetzes oder einen registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer.

Meldefrist 2025 auf den 15. Juni 2025 verlängert

Am 26. Februar 2025 forderten 17 Verbände, darunter die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), in einem Schreiben an das UBA eine Fristverlängerung, um Herstellern mehr Zeit für eine vollständige und rechtssichere Registrierung zu geben. Das UBA verlängerte daraufhin die Frist zur Abgabe der Mengenmeldungen auf den 15. Juni 2025. Zudem sieht es 2025 von der Pflicht zur externen Überprüfung und Bestätigung der Mengenmeldung für 2024 ab. Kontrollen im Einzelfall behält sich das UBA allerdings vor.

Mit dem Fonds wird vor allem die Reinigung finanziert

Aus dem Einwegkunststofffonds können insbesondere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Zuwendungen beantragen, um die Kosten für Sammlung, Reinigung sowie Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit zu refinanzieren. Die Anspruchsberechtigung sowie der Umfang der erstattungsfähigen Kosten sind in den §§ 15 ff. EWKFondsG geregelt.

Das Gesetz ist an einigen Stellen noch auslegungsbedürftig

Betroffene Hersteller hat das EWKFondsG in den ersten Monaten zunächst sehr verunsichert. Denn das neue Gesetz in an vielen Stellen noch auslegungsbedürftig. Welche Produkte im Einzelfall abgabepflichtig sind, ist häufig nicht klar. Das ist allerdings wenig überraschend, denn die Verwaltungspraxis ist noch im Aufbau und bietet den Herstellern noch keine klaren Leitlinien. Hilfreich sind jedoch die FAQ des UBA auf der Website DIVID, die immerhin schon erste detaillierte Handlungsmaximen enthalten. Für mehr Klarheit bräuchte es allerdings eine gefestigte und umfassende Rechtsprechung.

Die bisherige Praxis des UBA ist nicht immer nachvollziehbar

Auch die bisherige Praxis des UBA bei der Einordnung von Produkten und Verpackungen ist nicht immer nachvollziehbar und steht teilweise im Widerspruch zur Regelungsintention des Gesetzes sowie zu den vorgegebenen Leitplanken des europäischen Gesetzgebers. So stieß 2024 etwa die Entscheidung des UBA, Fruchtjoghurtbecher mit einer Abgabe zu belegen, bei Unternehmensverbänden auf scharfe Kritik: Hier hatte das UBA Joghurtbecher, die unbefüllt und ohne Deckel als industrielles Vorprodukt an Joghurthersteller geliefert wurden, mit einer Abgabe belegt. Auch Verpackungen mit 25g Fruchtaufstrich hat das UBA mittlerweile unter Protest der betroffenen Industrie als abgabepflichtig eingestuft. Schließlich sollen laut der Presseberichterstattung zudem offenbar auch 500g-Naturjoghurtbecher nach dem Willen des UBA unter das EWKFondsG fallen, wobei die entsprechende Verfügung der Bundesbehörde noch nicht veröffentlicht ist.

So sollten sich Hersteller jetzt verhalten

Aufgrund der Unsicherheiten ist es für Hersteller umso wichtiger, eine sorgfältige und einzelfallbezogene rechtliche Analyse durchzuführen. Unternehmen sollten angesichts der aktuellen Entwicklungen und Unsicherheiten abwägen, ob es ratsam ist, eine Einordnungsentscheidung einzuholen. Denn diese hätte verwaltungsrechtliche Bindungswirkung. Jedenfalls sollte vor der Nutzung dieses Instruments eine Risikoabwägung vollzogen werden. Fällt die Entscheidung des UBA für den betroffenen Hersteller nachteilig aus, kann er sie nur noch mit Rechtsbehelfen aus der Welt schaffen. Dies kann mit erheblichen Kosten verbunden sein.

Inverkehrbringer der Einwegkunststoffprodukte werden vermutlich abwägen, ob es sich angesichts der aufwändigen Meldepflichten und der Abgabe weiterhin rentiert, Kunststoff zu verwenden – insbesondere, wenn ohnehin nur ein geringer Plastikanteil enthalten ist.

 

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