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Symbolbild zur WpIVergV: Banken-Hochhäuser
25.01.2024 | KPMG Law Insights

Die Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung ist in Kraft getreten

Am 12. Januar 2024 ist die erwartete Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WplVergV) in Kraft getreten. Die Verordnung schließt eine große vergütungsregulatorische Lücke, nachdem bereits am 12. Dezember 2023 die Wertpapierinstituts-Prüfungsberichtsverordnung (WpIPrüfbV) in Kraft getreten ist. Die WpIPrüfbV regelt unter anderem die Prüfungsanforderungen über Vergütungssysteme im Rahmen der Jahresabschlussprüfung.

Die Vorschriften des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) und der Investment Firm Regulation (Verordnung (EU) 2019/2033, kurz IFR) gelten für mittlere Wertpapierinstitute bereits seit dem 26. Juni 2021. Jedoch fehlten in Deutschland bisher detaillierte Vorgaben für die Vergütung der sogenannten Risk Taker, also die Mitarbeitenden, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Wertpapierinstituts oder der von ihr verwalteten Vermögenswerte auswirkt. Denn die Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) gilt nur noch für große Wertpapierinstitute. Kleine Wertpapierinstitute unterliegen lediglich den Anforderungen der MaComp. Die Lücke für mittlere Wertpapierinstitute wurde mit der Verkündung der WpIVergV nun geschlossen. Der Verordnungsgeber hat somit die europäischen Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/2034 (IFD) umgesetzt.

Das sind unsere Kernfragen zu der neuen Verordnung:

Für welche Institute gilt die Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung?

Die WpIVergV regelt die Vergütungssysteme der Risk Taker von mittleren Wertpapierinstituten. Darüber hinaus macht § 18 WpIVergV auch Vorgaben für übergeordnete Unternehmen einer Wertpapierinstitutsgruppe. Diese haben eine gruppenweite Vergütungsstrategie zur Umsetzung der vergütungsregulatorischen Vorgaben festzulegen. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem übergeordneten Unternehmen nicht um ein Wertpapierinstitut handelt.

Wer sind Risk Taker?

Wertpapierinstitute haben auf Grundlage einer Risikoanalyse eigenverantwortlich alle Risk Taker zu identifizieren. Bei der Risikoträgeranalyse sind alle Mitarbeitenden anhand von Kriterien zu überprüfen. Dabei ist der gesetzliche Begriff des „Mitarbeiters“ weit auszulegen. Nach der Verordnung erfasst der Begriff alle Mitarbeitenden, die Leistungen und Nebengeschäfte für das Wertpapierinstitut erbringen oder bei gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen unmittelbar an Dienstleistungen für das Wertpapierinstitut beteiligt sind (vgl. § 2 Abs. 8 WpIVergV). Maßgeblich für die Beurteilung der Eigenschaft als Risk Taker sind mindestens die (qualitativen und quantitativen) Kriterien der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2154. Soweit Besonderheiten im Risikoprofil bestehen, hat das Wertpapierinstitut zusätzliche Kriterien für die Analyse zu bestimmen.

Wie sind Verantwortlichkeiten geregelt?

Die Verantwortung für die Einhaltung der Vergütungsregulatorik ist zweigeteilt. Die Geschäftsleitung ist für die angemessene Ausgestaltung der Vergütungssysteme für Risk Taker, die selbst nicht zur Geschäftsleitung gehören, verantwortlich. Das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan ist grundsätzlich für die angemessene Ausgestaltung der Vergütungssysteme der Geschäftsleitung sowie die Überwachung der angemessenen Ausgestaltung der Vergütungssysteme zuständig. Die Grundsätze zu den Vergütungssystemen müssen in Organisationsrichtlinien dokumentiert (§ 13 WpIVergV) und die Risk Taker hierüber informiert werden (§ 15 WpIVergV). Die Organe sind ebenso für die Festsetzung der variablen Vergütung verantwortlich.

Was ist der Hauptunterschied der Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung zur Institutsvergütungs-Verordnung?

Die WpIVergV ist nur für die Vergütung der Risk Taker eines mittleren Wertpapierinstituts einschlägig, während die InstitutsVergV Grundsätze für die Vergütung aller Mitarbeitenden eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts aufstellt. Die Formulierung und der Inhalt der WpIVergV entsprechen aber zum großen Teil den Regelungen der InstitutsVergV. Für beide Verordnungen gilt: Die Vergütungssysteme bzw. die Vergütung sind geschlechtsneutral auszugestalten, dürfen keine negativen Anreize setzen, der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten nicht zuwiderlaufen und negative Erfolgsbeiträge nicht belohnen. Regelungen zu angemessenen Abfindungen finden sich ebenso wieder wie Regelungen zu Karenzentschädigungen und Halteprämien. Nennenswerte Regelungsunterschiede zur InstitutsVergV betreffen die Obergrenze zwischen fixer und variabler Vergütung. Das Wertpapierinstitut muss für das Verhältnis zwischen der variablen und der fixen Vergütung der Risk Taker angemessene Werte festlegen. Vorgeschriebene feste Maximalwerte, wie nach § 25a Abs. 5 KWG, gibt es für Wertpapierinstitute nicht.

Zur WpIVergV gibt es derzeit keine Auslegungshilfe. Aufgrund der Parallelen zur InstitutsVergV bieten die bestehende Auslegungshilfe zur InstitutsVergV und die derzeit noch in Konsultation befindlichen FAQs der BaFin zur InstitutsVergV aber eine gute Orientierungshilfe.

Welche besonderen Vorgaben zur variablen Vergütung bestehen?

Die besonderen Vorgaben zu der variablen Vergütung sind in § 8 WpIVergV geregelt. Bei der variablen Vergütung von Risk Takern ist unter anderem folgende Risikoadjustierung vorzunehmen:

  • Bestimmung der variablen Vergütung nach der Leistung
  • Bemessungszeitraum von mindestens einem Jahr
  • Auszahlung der variablen Vergütung zu mindestens 50 % in Instrumenten (mit einer Sperrfrist)
  • Zurückbehalt von mindestens 40 % bzw. 60 % der variablen Vergütung (Deferral)
  • mögliche Rückforderung oder Verminderung von variabler Vergütung durch Malus und Clawback

Trägt die WpIVergV dem Proportionalitätsgrundsatz Rechnung?

Die Vorgaben für variable Vergütungen folgen dem Proportionalitätsgrundsatz: Mittlere Wertpapierinstitute, deren bilanzielle und außerbilanzielle Vermögenswerte maximal 100 Millionen Euro betragen, sind gem. § 10 WpIVergV von den besonderen Ex-Post-Risikoadjustierungs-Regelungen zur variablen Vergütung ausgenommen. Bei Wertpapierinstituten mit Vermögenswerten zwischen 100 und 300 Millionen kommt es auf weitere Kriterien an, die in § 44 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 WpIG geregelt sind. Wertpapierinstitute mit Vermögenswerten über 300 Millionen Euro haben grundsätzlich alle Vergütungsanforderungen für die Risk Taker zu erfüllen. Die Vorschriften der Ex-Post-Risikoadjustierung (Deferral, Instrumente, Malus, Clawback) müssen jedoch auf den einzelnen Risikoträger nicht angewendet werden, wenn eine variable Vergütung den Betrag von 50.000 Euro nicht übersteigt und nicht mehr als ein Viertel der jährlichen Gesamtvergütung des betreffenden Risk Takers ausmacht. Anders als in der Konsultationsfassung vorgesehen, kann die BaFin in diesen Fällen die Geltung dieser besonderen Anforderung an die Vergütung für die Risk Taker nicht anordnen.

Wie muss die Kontrolle der Vergütungssysteme erfolgen?

Die Vergütungssysteme und die zugrunde gelegten Vergütungsparameter sind durch das Wertpapierinstitut im Rahmen einer zentralen und unabhängigen internen Prüfung mindestens einmal jährlich auf ihre Angemessenheit, insbesondere auch auf ihre Vereinbarkeit mit den Geschäfts- und Risikostrategien, zu überprüfen (§ 14 Abs. 1 WpIVergV). Den Gesamtbetrag der variablen Vergütungen müssen die Verantwortlichen in einem formalisierten, transparenten und nachvollziehbaren Prozess unter angemessener und ihrem Aufgabenbereich entsprechender Beteiligung der Kontrolleinheiten festsetzen (§ 11 WpIVergV).

Die Einhaltung der Risikoadjustierung ist durch angemessene Compliance-Maßnahmen sicherzustellen. Die Wertpapierinstitute dürfen die Risikoadjustierung der variablen Vergütung nicht durch Absicherungs- oder sonstige Gegenmaßnahmen einschränken oder aufheben (§ 12 Abs. 1 WpIVergV).

Besteht die Pflicht zur Einrichtung eines Risiko- und ein Vergütungskontrollausschusses?

Das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan eines Wertpapierinstituts hat aus seiner Mitte einen Risiko- und einen Vergütungskontrollausschuss einzurichten. Von der Einrichtung kann jedoch abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen des § 44 Abs. 3 S. 2 WpIG nicht vorliegen, also bestimmte Kennzahlen für bilanzielle und nichtbilanzielle Vermögenswerte nicht erreicht werden. Die BaFin hat hier die Befugnis, im Einzelfall die Einrichtung eines Risikoausschusses anzuordnen.

Welche Vergütungsthemen sind für die Abschlussprüfung relevant?

Bereits am 7. Dezember 2023 ist die WpIPrüfbV mit Wirkung zum 12. Dezember 2023 veröffentlicht worden und gilt damit für die Prüfung der Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2023. Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung wird gemäß § 14 WpIPrüfbV die Angemessenheit und die Transparenz der Vergütungssysteme sowie die Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung des Wertpapierinstituts beurteilt. Der Jahresabschluss geht auf folgende Themen ein:

  • Zuordnung der Vergütungsbestandteile zur fixen oder variablen Vergütung,
  • möglicher Widerspruch zwischen den Vergütungssystemen und der Vergütungsstrategie mit der Geschäfts- und Risikostrategie,
  • Erfüllung der Informationspflicht über die Ausgestaltung der Vergütungssysteme,
  • Grundsätze zu den Vergütungssystemen und deren (dokumentierte) Einhaltung sowie
  • schriftliche Inkenntnissetzung der Mitarbeitenden.

Bis wann ist die Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung umzusetzen?

Die Regelungen sind am 12. Januar 2024 in Kraft getreten. Erfreulicherweise hat der Verordnungsgeber in § 19 WpIVergV eine Übergangsvorschrift für einen erheblichen Teil der Vergütungsanforderungen vorgesehen. Spätestens bis zum Beginn des kommenden Geschäftsjahres sind aber alle Anforderungen umzusetzen.

Fazit

Auf den ersten Blick scheint die WpIVergV dem Regelungsinhalt der InstitutsVergV weitestgehend zu entsprechen. Auf den zweiten Blick fällt jedoch auf, dass einzelne Regularien spezifisch auf Wertpapierinstitute zugeschnitten sind und ein größerer Umsetzungsspielraum verbleibt. Jedes mittlere Wertpapierinstitut sollte die Vergütungsregeln prüfen und das Vergütungssystem gegebenenfalls anpassen.

 

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