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05.10.2022 | KPMG Law Insights

KPMG Law Wochenupdate zu den Entwicklungen auf dem Energiemarkt infolge des Ukraine-Kriegs (KW 40)

Neue Gesetze und Verordnungen

Gesetze

Zweites Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften

Der Bundestag hat am Freitag, 30. September 2022, den Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften“ gebilligt. Das Gesetz enthält eine Reihe von Maßnahmen zur Gewährleistung der Energiesicherheit in Deutschland. Dabei wurden das EnSiG novelliert („EnSiG 3.0“) sowie auch das EnWG, das EEG und das NABEG geändert. Die Änderungen des EnSiG zielen zu einem großen Teil auf eine kurzfristige Erhöhung der Stromerzeugung aus Biogas, Wind- sowie Solarenergie. Insoweit werden Abweichungen von bestimmten Restriktionen wie etwa Geräuschhöchstwerte und Schattenwurfmaßgaben für den Bau von Windparks erlaubt. Ebenfalls werden die Gebotsobergrenzen für Freiflächensolaranlagen von 20 MW auf 100 MW erhöht und die Rahmenbedingungen für LNG-Anlagen und für die Beschleunigung des Netzausbaus erleichtert. Zudem werden bessere Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher geschaffen. Das BauGB wird insofern geändert, dass es Biogasherstellern nun erlaubt ist eine nicht baulich veränderte Erhöhung ihrer Produktion vorzunehmen, ohne Aufstellung eines Bebauungsplans. Zudem werden Regelungen zur Absicherung von Flächenbeitragswerten nach dem WindBG getroffen.

Zusätzlich wird durch das beschlossene Gesetz u.a. der § 27 EnSiG aufgehoben. Diese Norm machte die Wirksamkeit eines Leistungsverweigerungsrechts des Energieversorgers im Rahmen eines Gasliefervertrages, welches mit ausgefallenen oder reduzierten Gasbeschaffungslieferungen begründet wurde, von der Zustimmung der BNetzA abhängig.

Ferner wird die geplante und im Wochenupdate KW 37 bereits thematisierte Änderung der §§ 40, 41 EnWG umgesetzt: Soweit der Gas- oder Strompreis im Rahmen eines Energieliefervertrages zwischen einem Energieversorger und einem Letztverbraucher weitergeleitete Kosten enthält, also solche, welche dem Lieferanten aufgrund der Gasspeicherumlage (bis zuletzt auch der Gasbeschaffungsumlage) entstanden sind, sollen diese künftig in den Rechnungen der Energielieferanten gegenüber den Letztverbrauchern ausgewiesen werden. Verändert sich die Höhe der Umlagen, so sind diese Änderungen wie Änderungen der Umsatzsteuer zu behandeln. Entsprechende Veränderungen der weitergeleiteten Kosten müssen weder angekündigt werden, noch berechtigen sie den Letztverbraucher zu einer außerordentlichen Kündigung.

Zudem wird § 35h EnWG nunmehr in den neuen Abs. 6 und 7 ein Entschädigungsanspruch der Gasspeicheranlagenbetreiber integriert. Entschädigungen werden für unbillige wirtschaftliche Härten, die die Anlagenbetreiber dadurch erleiden, dass ihnen die Genehmigung zur Außerbetriebnahme oder Stilllegung ihrer Anlage von der BNetzA versagt wurde, gewährt.

Bundestag beschließt „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“

Die in den vorangegangenen Wochenupdate bereits erläuterte Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen, welche ab dem 01.10.2022 bis zum 31.03.2024 gelten wird, hat der Bundestag nunmehr beschlossen.

Eingreifen der Pflicht zur Übermittlung der Vertragsanalyse nach § 50h EnWG zum 1. Oktober 2022

Jedoch verpflichtete § 50h EnWG die Gaslieferanten zum 01.10.2022 erstmals zur jährlichen Zurverfügungstellung einer Vertragsanalyse an den Letztverbraucher. Diese Analyse hat alle erforderlichen Informationen zu enthalten, damit Gaslieferanten und Letztverbraucher bewerten können, inwieweit auf die jeweils relevanten Gasgroßhandelspreise an der Börse reagiert werden kann und inwieweit das Potenzial besteht, sich über den Gaslieferanten oder direkt am Gasgroßhandelsmarkt zu beteiligen.

Der Anordnung in § 50h Abs. 2 EnWG, die dort genannten Inhalte in die dem Letztverbraucher zur Verfügung zu stellende Vertragsanalyse aufzunehmen, ist nach unserem Dafürhalten jedenfalls eine entsprechende Informationspflicht zu entnehmen. Ob darüber hinaus aufgrund dieser Norm auch eine Pflicht des Lieferanten zur Andienung besteht, er also dem Letztverbraucher den Abschluss entsprechender Vertragsänderungen rechtsverbindlich anbieten muss, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung unmittelbar. Sofern der RLM-Kunde jedoch nach möglichen Vertragsänderungen fragt, so sollte der Lieferant jedoch mindestens in Verhandlungen mit diesem über mögliche Anpassungen eintreten.

Verordnungen

Das EnSiG 3.0 wird ergänzt durch Rechtsverordnungen, die die Bundesregierung am 28. September bzgl. der befristeten Marktrückkehr von Kohlekraftwerken erlassen hat. Hierzu wurde der Zeitraum für die befristete Marktrückkehr von Steinkohlekraftwerken aus der Netzreserve in der Stromangebotsausweitungsverordnung (StaaÄV) verlängert bis zum 31. März 2024.

 

Behördliche oder sonstige hoheitliche Tätigkeiten

Lagebericht Gasversorgung (Stand 23.09.2022)

Der Situationsbericht der BNetzA zur Lage der Gasversorgung in Deutschland auf dem Stand vom 4. Oktober 2022 (13 Uhr) ergibt Folgendes:

Gegenwärtiger Sachstand

Laut Lagebericht der Bundesnetzagentur liegt der Gesamtspeicherstand in Deutschland bei 92,08 %. Der Füllstand des Speichers Rehden beträgt 78,47 %. Ob das Speicherziel von 95 % für den 1. November erreicht werden kann, bleibt angesichts der nunmehr jahreszeitbedingt steigenden Verbräuche abzuwarten.

Die jüngsten Sabotagen an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 haben laut BNetzA keine Auswirkungen auf die Gasversorgung, da zuletzt weder über Nord Stream 1 (seit Anfang September Lieferstopp durch Russland) noch über Nord Stream 2 (nie in Betrieb genommen) Gas geliefert wurde. Das Bundesinnenministerium sei als zuständiges Ressort für Fragen von Sicherheit und Sabotageschutz mit den deutschen Sicherheitsbehörden und mit den dänischen und schwedischen Partnern im engen Kontakt zur Aufklärung der Ereignisse.

Auswirkungen auf Deutschland

Die Großhandelspreise für Gas schwanken weiterhin stark und befinden sich auf sehr hohem Niveau. Unternehmen und Verbraucher müssen sich weiterhin auf stark steigende Gaspreise einstellen. Die Lage ist angespannt und eine weitere Verschlechterung der Versorgungssituation kann nicht ausgeschlossen werden. Bisher ist die Gasversorgung in Deutschland aber stabil und die Versorgungssicherheit kann derzeit auch weiter gewährleistet werden.

 

Politische Entwicklungen

Gaspreisbremse für Deutschland

Das Bundeskabinett hat am 29.09.2022 die Einführung eines Gaspreisdeckels beschlossen. Noch ist unklar, wie die Funktionsweise dieses Instruments aussehen soll. Sie soll Haushaltskunden wie auch (insbesondere kleinen und mittelständischen) Unternehmen zugutekommen.

Eine Preisobergrenze kann grundsätzlich bei jedem Glied bzw. jeder Vertriebsstufe in der Gaslieferkette eingreifen. Im Grundsatz muss demjenigen Verkäufer, welchem durch Begrenzung des durch ihn erzielbaren Preises die Möglichkeit zur adäquaten Deckung seiner hohen Beschaffungskosten genommen wird, ein staatlicher finanzieller Ausgleich gewährt werden. Zur Finanzierung des Gaspreisdeckels soll laut Bundesregierung ein schuldenfinanzierter „Abwehrschirm in Höhe von 200 Mrd. Euro gespannt werden“. Die Finanzierung soll über den in der Corona-Pandemie eingerichteten Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) sichergestellt werden. An der konkreten Ausgestaltung arbeite, so die Bundesregierung, derzeit eine Experten-Kommission.

Fest steht nach den Ankündigungen der Bundesregierung, dass der Gaspreisdeckel den Gaspreis nur begrenzen, nicht jedoch auf ein Vorkrisenniveau o.ä. senken wird. Auch dürfte ein Basiskontingent nicht den gesamten Gasverbrauch eines Letztverbrauchers ausfüllen. Demnach wird der Gaspreis zwar gedeckelt und hierdurch zunächst gesenkt werden. Gleichwohl wird er im Vergleich zum Niveau vor der Energiekrise weiterhin hoch sein. Zum einen dürfte eine darüberhinausgehende Preissenkung mit den angekündigten Maßnahmen wirtschafts- und finanzpolitisch nicht zu realisieren sein. Zum anderen soll, so die Bundesregierung und insbesondere BWM Habeck, der Anreiz zum Gassparen erhalten bleiben. Dass Erdgas weiterhin ein Knappheitsgut sei, dürfe durch die Preisdeckelung nicht verschleiert und Verbraucher hierdurch nicht zu einem zu hohen Verbrauch veranlasst werden.

Die Regelung einer Gaspreisbremse dürfte im Übrigen das EU-Beihilferecht berühren und hier Zulässigkeitsfragen aufwerfen. Hierzu sei angemerkt: Die EU-Kommission hatte bereits im Frühjahr in Spanien und Portugal erlassene Gesetze zur Energiepreisdeckelung genehmigt.

EU: Verordnung zu Notfallmaßnahmen gegen die Energiepreiskrise

Die Energieminister der EU-Mitgliedsstaaten haben sich am 30.09.2022 auf eine unionsrechtliche Regelung über eine Strompreisbremse geeinigt. Hierfür wurde die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verordnung zu Notfallmaßnahmen gegen die Energiepreiskrise vom EU-Energierat beschlossen und soll nun verabschiedet werden. Diese sieht Sondermaßnahmen zur Verringerung der Stromnachfrage vor, die dazu beitragen sollen, die Stromkosten für die (Letzt-)Verbraucher zu senken sowie für Maßnahmen zur Umverteilung der Überschusserlöse des Energiesektors an die Endkunden.

U.a. soll dafür der Großhandelspreis, den der Erzeuger für den auf Grundlage von Windkraft, Solarenergie, Geothermie, Wasserkraft, Biomasse, Abfall, Kernenergie, Braunkohle, Rohölprodukte und Torf produzierten Strom erzielen kann, auf höchstens 180 Euro/ MWh begrenzt werden. Nach Auffassung der EU-Kommission reiche dieser Betrag aus, um den betroffenen Erzeugern die Deckung ihrer Investitions- und Betriebskosten zu ermöglichen, ohne dass Investitionen in neue Kapazitäten zur Erreichung der Energiewende- und Klimaziele für 2030 und 2050 gefährdet seien.

Mitgliedsstaaten können jedoch auch festlegen, dass die Obergrenze nur für 90 % der Markteinnahmen gilt. Die o.g. Preisobergrenze soll unabhängig davon eingreifen, in welchem Marktzeitraum die Transaktion stattfindet und ob der Strom bilateral oder auf der Strombörse gehandelt wird.

Von der o.g. Obergrenze ausgenommen ist Strom aus Biomethan, Wasserkraft mit Speicher, Gas und Demonstrationsanlagen sowie auch Steinkohle.

Mit dieser Strompreisdeckelung soll zweierlei erreicht werden; zum einen soll der Strompreis von gasunabhängigem Strom gesenkt werden, um Letztverbraucher zu entlasten. Zum anderen soll die Entstehung von Zufallsgewinnen bei gasunabhängigen Stromerzeugern verhindert werden.

Die Erlösobergrenze soll ab dem 01.12.2022 eingreifen.

Zudem sollen über einen sog. Solidaritätsbeitrag im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Erdöl-, Erdgas-, (Stein-)Kohle- und Raffineriebereich, für welche die o.g. Erlösobergrenze für „inframarginale Erzeuger“ nicht gilt, erzielte Überschussgewinne abgeschöpft werden. Der Beitrag wird von den Mitgliedstaaten auf Gewinne im Jahr 2022 erhoben, die um mehr als 20 % über den durchschnittlichen Gewinnen der vorangegangenen drei Jahre liegen. Mit diesem befristeten Beitrag sollen Investitionsanreize für den grünen Wandel gewahrt bleiben. Die Einnahmen müssen an Energieverbraucher, insbesondere an schutzbedürftige Haushalte, stark betroffene Unternehmen und energieintensive Branchen weitergegeben werden.

Die in der geplanten EU-Verordnung vorgesehene Strompreisbremse verfolgt einen anderen Ansatz als die bisherigen Einlassungen der Bundesregierung zur deutschen Strompreisbremse. Demzufolge soll hierzulande den Letztverbrauchern der oben angesprochene vergünstigte „Basisverbrauch“ geliefert werden müssen, während die EU-Regelung auf dem Großhandelsmarkt ansetzt und hier, zwecks Verbindung mit der Zufallsgewinnabschöpfung nur den Handelspreis für gasunabhängigen Strom erfasst.

In welchem Verhältnis die geplanten nationalen Regelungen zu den nun beschlossenen EU-Regelungen stehen werden, bleibt abzuwarten.

Kassation der Gasbeschaffungsumlage

Scheitern des Regelungskonzepts

Zusammen mit der Einführung der Gaspreisbremse kündigte die Bundesregierung zudem an, den finanziellen Ausgleich für Gasimporteure nach § 2 GasPrAnpV und die diesen finanzierende Gasbeschaffungsumlage zu beseitigen. Die GasPrAnpV werde in Kürze durch die Bundesregierung als Verordnungsgeber aufgehoben. Inwieweit der § 26 EnSiG zudem (im förmlichen Gesetzgebungsverfahren) geändert werden wird, ist derzeit noch nicht klar. Allerdings entfaltet § 26 EnSiG nach Aufhebung der GasPrAnpV für sich genommen keinerlei Wirkung mehr, sodass hier zunächst keine Eile geboten sein dürfte: Die Norm stellt eine bloße Verordnungsermächtigung dar und regelt den umlagefinanzierten Ausgleich der Gasimporteure nicht selbst. Lediglich § 26 Abs. 1 S. 2 EnSiG enthält die Sperrung des § 24 EnSiG für die Geltungsdauer einer aufgrund des § 26 EnSiG erlassenen Rechtsverordnung. Mit Aufhebung der GasPrAnpV entfaltet der § 26 Abs. 1 S. 2 EnSiG jedoch mangels Tatbestandsmäßigkeit ebenfalls keine Wirkung mehr (näher dazu unten).

Das System des durch eine Gasbeschaffungslage finanzierten finanziellen Ausgleichs der Gasimporteure war vor dem Hintergrund erheblicher Mängel in rechtlicher und politischer Hinsicht und entsprechender Kritik von allen Seiten unhaltbar geworden. Im Hinblick auf die angekündigte Einführung des Gaspreisdeckels gab die Bundesregierung zudem an, die Gasbeschaffungsumlage werde nun nicht mehr benötigt. Die Senkung des Gaspreises für die Letztverbraucher sei wirtschaftspolitisch nun die vordringliche Aufgabe, wohingegen die den Gaspreis steigernde Gasbeschaffungsumlage insoweit nicht mehr zielführend sei. Die Gasimporteure sollen nun – anstatt über den finanziellen Ausgleich nach der GasPrAnpV vielmehr individuell gefördert werden, man wolle hier „maßgeschneiderte Lösungen“ finden.

Die Pflicht der Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) zur Leistung der Gasbeschaffungsumlage an den Marktgebietsverantwortlichen (MGV) nach § 3 Abs. 1 GasPrAnpV greift formalrechtlich seit dem 01.10.2022 ein. Das BMWK hatte jedoch schon vor dem Beschluss der Bundesregierung gegen die Gasbeschaffungsumlage festgelegt, dass die von den BKV an den MGV auf die Umlage zu leistenden Abschlagszahlungen auf Ende Oktober suspendiert seien. Dementsprechend sind für die Umlage noch keine Kosten der BKV angefallen. Bis Ende Oktober dürfe eine Regelung bzgl. der Aufhebung der Gasbeschaffungsumlage getroffen sein.

Schicksal der Preisanpassungsrechte nach § 24 EnSiG und § 24 Abs. 5-7 AVBFernwärmeV

Nach der gegenwärtigen Systematik der §§ 24 ff. EnSiG würde die Aufhebung der GasPrAnpV auch die Sperrung des § 24 EnSiG durch § 26 Abs. 1 S. 3 EnSiG beseitigen. Demnach würde gesetzessystematisch grundsätzlich das Preisanpassungsrecht nach § 24 EnSiG wieder aufleben. In Zusammenschau mit dem geplanten Gaspreisdeckel dürfte dieses Ergebnis u.E. jedoch nicht ohne Weiteres so Bestand haben. Denn insoweit könnten regulatorische Widersprüche entstehen: Der Gaspreisdeckel würde einer Weiterbelastung der gestiegenen Beschaffungskosten über den Gaspreis an die Gaslieferkunden entgegenwirken, § 24 EnSiG würde sie fördern.

Es erscheint daher naheliegend, dass der Gesetzgeber hier Anpassungen auch des § 24 EnSiG vornehmen wird. Wie diese aussehen werden, dürfte davon abhängen, wie der Gaspreisdeckel, insbesondere in der Höhe, konkret ausgestaltet wird. So ist nicht auszuschließen, dass das Preisanpassungsrecht eine Weitergabe von Mehrkosten grds. ermöglichen wird, jedoch unter Beachtung der Gaspreisobergrenze. Hier wird es auch darauf ankommen, an welcher Stelle in der Lieferkette die Gaspreisbremse ansetzen wird. Greift sie erst im Verhältnis des Gaslieferanten zum Letztverbraucher ein, so wäre im gesetzlichen Preisanpassungsrecht unmittelbar auf die Preisobergrenze Bezug zu nehmen. Wird an vorheriger Stelle in der Lieferkette der Vertriebspreis gedeckelt, sinken in Betracht kommenden Mehrkosten der Gaslieferanten, die für eine Preisanpassung gegenüber den Endkunden in Betracht kommen.

Die oben skizzierten Fragen betreffen gleichermaßen das akzessorisch zu § 24 EnSiG ausgestaltete Preisanpassungsrecht für gasbasierte Fernwärmeversorger nach § 24 Abs. 5-7 AVBFernwärmeV.

Rückzahlung bereits an Endkunden weitergeleiteter Kosten der Gasbeschaffungsumlage?

Virulent wird mit Aufhebung der Gasbeschaffungsumlage auch die Frage, wie Stadtwerke und sonstige Energieversorgungsunternehmen mit den Mehrerlösen umgehen sollen, die sie durch eine Weitergabe der Kosten der Gasbeschaffungsumlage aufgrund individueller, vertraglicher Preisanpassungsklauseln an ihre belieferten Letztverbraucher generiert haben.

Naheliegend ist im Ansatz, dass eine Rückzahlung der Gasumlagekosten an die Letztverbraucher erforderlich sein wird. Da die Gasbeschaffungsumlage als Mehrbelastungsregelung zulasten der Energieversorger entfällt, fehlt es regelmäßig auch an dem ein vertragliches Preisanpassungsrecht auslösenden Tatbestand. Zudem dürften den Versorgern aufgrund der suspendierten Abschlagszahlungspflicht der BKV (s.o.) den insoweit auch rein faktisch keine weiterzugebenden Kosten entstanden sein. Den Letztverbrauchern könnte daher ein Kondiktionsanspruch auf Rückzahlung der weitergeleiteten Mehrkosten aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 bzw. 2 BGB zustehen. Denn wenn ein etwaiges Preisanpassungsrecht im Liefervertrag nicht tatbestandsmäßig bzw. anwendbar ist, so kann es die Verknüpfung der Weiterbelastung zum Vergütungsanspruch aus dem Energieliefervertrag nicht herstellen und letztere kann nicht als Rechtsgrund für die Mehrzahlung fungieren.

Weiterbetrieb Kraftwerke

Die nordrhein-westfälischen Braunkohlekraftwerke Niederaußem E und Niederaußem F sowie Neurath C mit einer Leistung von je 300 MW sollen bereits in den kommenden Tagen in Betrieb gehen. Das teilte der Betreiber mit. Eine dafür notwendige Verordnung im Rahmen des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes war von der Bundesregierung erlassen worden. Ursprünglich war vorgesehen, dass die drei betroffenen Reservekraftwerksblöcke Ende September 2022 bzw. 2023 endgültig stillgelegt werden. Jetzt dürfen sie zunächst bis 30. Juni 2023 weiterbetrieben werden.

Das gilt auch für zwei 500-MW-Blöcke des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde in Brandenburg. Die Blöcke waren ebenfalls in Sicherheitsbereitschaft und erfüllen aktuelle Umweltstandards nicht mehr. Daher benötigte der Kraftwerksbetreiber vor dem Wiederanfahren eine Sondererlaubnis.

Bundeswirtschaftsminister Habeck teilte am 27. September 2022 mit, ein befristeter Weiterbetrieb der Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim werde „Stand heute für notwendig“ erachtet. Die formale Entscheidung über einen Weiterbetrieb solle Anfang Dezember getroffen werden. Das BMWK hat sich daher mit den Betreibern auf Eckpunkte eines möglichen Weiterbetrieb verständigt. Danach sollen die Betreiber „ab sofort alles Erforderliche in die Wege leiten, damit die Anlagen über den 31. Dezember 2022 hinaus bis längstens zum 15. April 2023 weiter im Markt betrieben werden können“. Dieses angedeutete Einlenken des bisher einen Weiterbetrieb möglichst ablehnenden Bundeswirtschaftsministers sei auch bedingt durch die Lage am französischen Strommarkt, welche sich erheblich schlechter entwickle als prognostiziert.

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