Neue Gesetze und Verordnungen
Rechtssetzungsverfahren
Inhalte
Die weitere EnWG-Novelle wurde am 08.07.2022 vom Bundesrat gebilligt und soll nach Verkündung im Bundesgesetzblatt noch im Laufe des Julis 2022 in Kraft treten.
Wesentliche Inhalte der umfangreichen Novelle sind unter anderem Anpassungen im Bereich der Grund- und Ersatzversorgung (wir berichteten vgl. Wochenupdate KW 21), zum Marktaustritt von Lieferanten sowie Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) im Zusammenhang mit der Fernwärmeversorgung.
Marktaustritt von Lieferanten
Sofern ein Lieferant künftig die Belieferung von Endkunden einstellen möchte bzw. muss, ist dies den betroffenen Endkunden sowie den Netzbetreibern drei Monate vor dem geplanten Beendigungstermin anzuzeigen. Auch muss der Lieferant gegenüber der BNetzA darlegen, wie die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen bis zu der vorgesehenen Einstellung der Belieferung gewährleistet wird. Vor Ablauf des angezeigten Beendigungstermins darf die Belieferung nicht eingestellt werden, dies gilt nur dann nicht, wenn der Lieferant einen Insolvenzantrag stellt. Eine Änderung des § 95 EnWG billigt der BNetzA auch neue Sanktionsmöglichkeiten zu. Insoweit können neue Bußgelder gegen Lieferanten, aber auch gegen deren Geschäftsführer und Unternehmensleitungen erhoben werden. Je nach Verstoß können die Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern von bis zu EUR 300.000 bzw. bis zu EUR 1 Mio. geahndet werden.
Änderungen am GWB
Mit der oben genannten Novellierung des EnWG geht auch eine Anpassung des GWB einher. Hier wurde eine Anpassung für den Marktbereich der Fernwärme vorgenommen. Diese fällt nach der Novellierung in den Anwendungsbereich der besonderen Preiskontrolle gemäß § 29 S. 1 GWB. Dadurch wurden die ohnehin schon scharfen kartellrechtlichen Überprüfungsmöglichkeiten des Fernwärmebereichs noch ausgeweitet. Zwar handelt es sich bei § 29 GWB nur um eine Übergangsvorschrift, in der Gesetzesbegründung wird jedoch darauf hingewiesen, dass für die Fernwärmesparte eine dauerhafte gesetzliche Regelung entsprechend § 29 GWB geschaffen werden soll.
„Da Fernwärmenetze regional oder lokal begrenzt sind und für die angeschlossenen Kunden Alternativen entweder nur eingeschränkt oder (im Fall eines Anschluss- und Benutzungszwangs) nicht verfügbar sind, kommt den Fernwärmeversorgern meist regional eine Stellung mit Monopolcharakter zu. Dadurch besteht auf den Fernwärmemärkten ein hohes Missbrauchspotential. Das Bundeskartellamt sowie die Landeskartellbehörden haben sich mit Verweis auf die besonderen Charakteristika des Fernwärmesektors mehrfach dafür ausgesprochen, die Anwendbarkeit des § 29 GWB auf den Bereich der Fernwärmeversorgung zu erstrecken.“
„Da § 29 GWB jedoch eine befristete Übergangsnorm darstellt, dient die Ausweitung des § 29 GWB auf den Fernwärmebereich auch nur als Übergangsmaßnahme, um in der Zwischenzeit eine grundsätzliche Entscheidung hinsichtlich des künftigen Rechtsrahmens im Fernwärmesektors zu treffen. So ist infolge der strukturellen Eigenschaften des Sektors langfristig kein Wettbewerb erwartbar, was für eine grundsätzliche, dauerhafte Regelung spricht.“
Rechtssetzungsverfahren
Inhalte
Das Bundeskabinett hat am 13.07.2022 eine erste Verordnung auf Basis des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes beschlossen. Diese erlaubt es Kraftwerken, die mit Öl und Kohle betrieben werden und sich aktuell in der Netzreserve befinden, bis Ende des Winters 2022/23 am Strommarkt teilzunehmen, um die durch gedrosselte Gaslieferungen aus Russland bedrohte Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Die Verordnung betrifft Kraftwerke, die bereits in der Netzreserve vorgehalten und nicht mit Erdgas betrieben werden. Die installierte Kapazität beträgt insgesamt etwa 4,3 GW Steinkohleanlagen und 1,6 GW Mineralölanlagen. Hinzu kommen Kohlekraftwerke, für die in den Jahren 2022 und 2023 ein Verbot der Kohleverfeuerung gemäß KVBG-Ausschreibungen wirksam würde. 2022 betrifft dies 2,1 GW installierte Leistung, 2023 weitere 0,5 GW. Der Betrieb am Strommarkt erfolgt freiwillig. Chancen und Risiken liegen beim Betreiber.
Behördliche oder sonstige hoheitliche Tätigkeiten
Keine Neuerungen in der KW
Politische Entwicklungen
Beginn der Wartungsarbeiten an Nord Stream 1
Am Montag, dem 11.07.2022, begann die nunmehr bereits seit längerem angekündigte Wartung der Nord Stream 1 Pipeline. Planmäßig soll die Wartung bis zum 22.07.2022 andauern. Die in Kanada durchgeführte Wartung der Turbine soll nach ersten Angaben auch pünktlich abgeschlossen werden und die kanadische Regierung hat signalisiert, dass der Transport trotz bestehender Sanktionen möglich sein wird. Insofern stünde einer pünktlichen Wiederaufnahme des Lieferbetriebs theoretisch nichts im Wege.
Gleichwohl häufen sich die Sorgen vor einem möglichen kompletten Gasembargo der russischen Regierung gegenüber der EU.
Trotz der bereits in den letzten Wochen deutlich gesunkenen Gaslieferungen haben sich die Gasspeicher in Deutschland weiter in gutem Tempo befüllt. Dies kann durch mehrere Faktoren positiv beeinflusst worden sein, bspw. durch bereits erhöhte LNG-Lieferungen oder aufgrund des durch die Situation geänderten Verhaltens der Erdgaskunden. Würde sich der Füllstand im Schnitt der vergangenen Woche pro Tag um 0,3 Prozentpunkte fortsetzen, wären die Ziele des Gasspeichergesetzes zu erreichen. Allerdings kann aufgrund des (planmäßigen) Lieferstopps und eines sich anschließenden außerplanmäßigen, politischen Lieferstopps nicht abgeschätzt werden, inwiefern die Befüllung in den nächsten Wochen nachlassen wird.
Bundeswirtschaftsminister Habeck hofft jedenfalls nach dem Ende der Wartungsarbeiten auf eine Wiederaufnahme der Erdgaslieferungen aus Russland. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte zuletzt, dass es in den kommenden schweren Monaten für den Fall eines Gasembargos insbesondere auf europäische Solidarität ankomme. So gab es bereits Solidaritätsbekundungen der Bundesregierung gegenüber Tschechien. Es ist zu hoffen, dass sich auch andere europäische Staaten im Falle einer Gasknappheit im Winter an ähnlichen Solidaritätsmaßnahmen beteiligen würden.
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